Der „einmalige Tag für den Barsinghäuser Fußball“ ist komplett ausverkauft

Egestorf. „Natürlich“, antwortet „Zimbo“ auf die Frage, ob eine Sensation denn möglich sei. Der Trainer des 1. FC Germania Egestorf/Langreder blickt dem historischen Auftritt des heimischen Regionalligisten selbstbewusst, gleichwohl völlig entspannt entgegen. Zweifellos ist es ein Riesending, dass sein Verein einerseits in der 1. Runde des DFB-Pokals vertreten sei und andererseits dabei auf einen Bundesligisten trifft. „Ein einmaliger Tag für den Barsinghäuser Fußball“, der da am kommenden Sonntag über die Bühne geht.

Von Erk Bratke

Moderation: Germanias Pressesprecher Manfred Finger.
Moderation: Germanias Pressesprecher Manfred Finger.

Ortstermin am späten Dienstagnachmittag in der Egestorfer Filiale der Stadtsparkasse Barsinghausen. Dorthin laden SSK und Germania seit geraumer Zeit jeweils vor Heimspielen an der Ammerke ein. Stopp! Diesmal wird freilich nicht an der gewohnten Heimspielstätte gekickt. Wegen des größeren Zuschauerkontingents wechseln die Germanen ins August-Wenzel-Stadion des Niedersächsischen Fußball-Verbandes (NFV) nach Barsinghausen in die Kirchdorfer Straße. Dort werden am Sonntag, 21. August, runde 2500 Zuschauer erwartet. Gegner in der Erstrundenpartie ist bekanntermaßen die TSG 1899 Hoffenheim; Anpfiff ist um 15.30 Uhr.

Manfred Finger, Germanias Pressesprecher, eröffnet die „offizielle und einzige Pressekonferenz“ (PK) mit einer Medienschelte. Diejenigen, die heute nicht vertreten sind, würden keine weiteren Informationen beziehungsweise O-Töne erhalten. Medien sollten schließlich wissen, worum es geht. Eben: „Es ist ein einmaliger Tag in der Barsinghäuser Fußballgeschichte“, betont Finger. Stimmt, denn noch nie ist ein Team aus der Deisterstadt im DFB-Pokal an- und aufgetreten.

Gut vorbereitet: FC-Trainer Jan „Zimbo“ Zimmermann.
Gut vorbereitet: FC-Trainer Jan „Zimbo“ Zimmermann.

Ob des historischen Werts der Begegnung kriegt Finger schnell die Kurve, ehe er sich allzu sehr in Rage redet. Seine erste Frage lautet demnach: „Bleibt dieser Tag einmalig oder ist eine Sensation möglich?“ Tja, was soll Trainer Zimmermann darauf schon antworten? „Natürlich“, sagt „Zimbo“ kurz, trocken und mit einem Augenzwinkern. „Warum“, fragt Finger retour. Was folgt sind die üblichen und nur allzu verständlichen Floskeln, die jeder Trainer eines krassen Außenseiters an den Tag legt. Der Pokal habe seine eigenen Gesetze und man wäre nicht der erste Underdog, der solch eine faustdicke Überraschung schaffen würde. „Fakt ist, wenn Hoffenheim es zulässt, dann werden wir da sein“, spielt Zimmermann auf einen ganz schlechten Tag des Bundesligisten und zugleich eine bärenstarke Leistung seines eigenen Teams an.

Welche Rezepte könnte es denn geben, um die Kraichgauer in die Knie zu zwingen? Eine Frage an Marek Waldschmidt, den zweiten Protagonisten der PK. Germanias sympathischer Abwehrrecke gibt sich bescheiden, aber ebenso selbstbewusst wie sein Trainer: „Je länger bei uns die Null steht, umso wahrscheinlicher wird eine Sensation. Wir treten jedenfalls an, um zu gewinnen. Auch wenn wir wissen, dass unsere Chancen minimal sind.“ Alle Achtung!

Zweifellos gebe es kein Patentrezept, wie man dem Bundesligisten beikommen könnte. „Die TSG hat eine wahnsinnige Qualität in der Breite. Da macht es keinen Sinn, sich auf Spieler x oder y einzurichten“, bekräftigt der Germanen Coach. Klar habe er den Gegner studiert – per Videoanalyse und nicht live bei einem Testspiel, denn dafür reiche das Reisebudget des 1. FC nicht aus. So viel zur Vorbereitung auf den Kontrahenten, der berechtigterweise von Zimmermann hoch gelobt wird.

Besonders in der Offensive verfügen die Kraichgauer über eine prächtige Ansammlung bekannter Namen. Kramaric, Uth, Terrazzino, Schmid, Zuber, Ochs, Vargas, Elyounoussi oder die Neuzugänge Sandro Wagner und Lukas Rupp sind nur einige Hochkaräter aus den TSG-Reihen. Allerdings war Trainer-Senkrechtstarter Julian Nagelsmann in den bisherigen Testspielen speziell mit seiner Offensive nicht zufrieden – zumindest was die Torausbeute anbelangt. Da fehlte es an Effektivität, hieß es. Immerhin: Gegen Chievo gelang ein 2:0-Erfolg, der deutlich höher hätte ausfallen müssen. Es folgte trotz zahlreicher guter Chancen ein 1:1 gegen Atletico Bilbao, dem sich wiederum ein 7:0 gegen PAS Ioannina anschloss. Doch der Erfolg gegen den griechischen Erstligisten sollte man nicht überbewerten. „Zweitliganiveau“, schrieb der „kicker“ dazu. Nun ja, schwer genug für Germania…

Abwehrspezialist: Marek Waldschmidt freut sich auf Kontrahent Sandro Wagner.
Abwehrspezialist: Marek Waldschmidt freut sich auf Kontrahent Sandro Wagner.

Aufgrund der (noch) fehlenden Effektivität ließ 1899-Coach Nagelsmann am Tag der Egestorfer Pressekonferenz den Abschluss üben. Training für alle im Zeichen des Torschusses. Den werden die Egestorfer unter der Woche sicherlich auch noch trainieren. „Wir haben jedenfalls enormen Bock auf Fußball“, betont Marek Waldschmidt. Insgeheim freue sich der Defensivspeziallist auf ein Wiedersehen mit Sandro Wagner. Auf den TSG-Neuzugang war Waldschmidt schon einmal bei einem Germanen-Testspiel gegen die U21-Nationalmannschaft getroffen. Dabei habe Wagner einen Treffer erzielt, was ihm freilich diesmal nicht gelingen soll. Es waren wohl nicht die einzigen unguten Erinnerungen an Wagner. „Sagen wir mal so – er hat sich bei Eckbällen nicht ganz so fair verhalten“, lässt Waldschmidt durchblicken.

Zweifellos besteht im Dunstkreis der Germanen riesige Vorfreude auf die Partie im Wenzel-Stadion – toll für den Verein, für die Fans, für das Team und letztlich für alle beteiligten Spieler selbst. Apropos: Hendrik Weydandt, Jannik Oltrogge, Jan Baßler und Alexander Hessel können verletzungsbedingt definitiv nicht dabei sein. Fraglich sind noch die Einsätze der angeschlagenen Offensivkräfte Christoph Beismann und Torben Engelking. Auch Joshua Siegert könnte nach überstandener Grippe noch ein paar Körner zulegen – gut, dass der FC-Kader vor der Hoffenheim-Partie diesmal keine „Englische Woche“ zu absolvieren hatte. Der bisherige, eher mäßige Saisonverlauf sei für Waldschmidt „schwierig, weil sehr unterschiedlich“ einzuschätzen. Der spiele aber auch für das DFB-Pokalspiel am Sonntag keine große Rolle.

Nicht selten sind Fußballer abergläubisch – Waldschmidt nicht. Ob die Spieler wieder einen Friseurtermin anberaumen würden, fragt Pressesprecher Finger. Vor dem NFV-Pokal-Coup gegen den VfL Osnabrück sei dies ein gutes Omen gewesen. „Keine Ahnung“, gibt sich Waldschmidt gelassen. Und auch die Wahl der Trikotfarbe für Sonntag sei nicht zu beeinflussen gewesen. Germania spielt gegen Hoffenheim in Rot, nicht wie gewohnt in Schwarz.

Gemeinsam mit Trainer und Spieler blickt Finger auch noch mal auf die Auslosung zurück. Insgesamt sei die TSG Hoffenheim ein gutes Los gewesen, meint Zimmermann. Für die Traumlose und dem dazu gehörigen Wechsel in die HDI-Arena nach Hannover wären seiner Meinung eh nur vier bis sechs Gegner in Frage gekommen. „Viele andere Erst- und Zweitligisten hätten wir auch im August-Wenzel-Stadion nicht begrüßen können – Stichwort Risikofans“, mutmaßt der FC-Coach.

Gut für Germania, aber schlecht für die Fans, die beim Ticketvorverkauf zu langsam waren: Das DFB-Pokalspiel gegen die Kraichgauer ist fünf Tage vor der Austragung ausverkauft. Denjenigen, die keine Eintrittskarten ergattern konnten, legte der Pressesprecher den TV-Sender Sky ans Herz. „Dort werden alle DFB-Pokalspiele übertragen – also auch unseres“, so Finger. „Restlos ausverkauft“, hatte Andreas Nikolai bereits im Vorfeld gemeldet. Germanias Vizepräsident ist für die Finanzen zuständig. Er erwartet auch keine Rückläufer mehr aus Hoffenheim; nach DFB-Auflagen mussten 400 der insgesamt 2500 Tickets ins Kraichgau geschickt werden. Eine Tageskasse wird es somit am Sonntag nicht geben – sehr wohl aber einen einmaligen Tag in Barsinghausens Fußballgeschichte.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein