Atemberaubend und schön – passend zum Sommer

Eigentlich ist es einem negativen Umstand zu verdanken, dass wir überhaupt noch in den Genuss eines Albums von Jack Savoretti kommen. Vor gut vier Jahren hatte der Singer-Songwriter dem Musikgeschäft schon den Rücken gekehrt. Nase voll von den Querelen des Business, die Ersparnisse völlig aufgebraucht, doch dann sprudelte es. Heraus kam ein atemberaubend-schönes Werk.

Von Erk Bratke

JackSavoretti_CoverJack Savoretti / „Written In Scars“ (BMG Rights Management / Rough Trade): Seinen Lebensunterhalt als Künstler zu verdienen, das kam für Savoretti lange Zeit nicht mehr in Frage. Er kehrte der Musik den Rücken. All seine Ersparnisse hatte er für einen Rechtsstreit mit einem ehemaligen Manager geopfert, wodurch die Veröffentlichung seines zweiten Albums auf Eis lag. Jack war 26 Jahre alt, frisch verheiratet und das erste Kind unterwegs.

Dann passierte etwas, was den Sänger selbst überraschte. „Sobald ich diese Scheiß drauf-Einstellung hatte, konnte ich nicht mehr aufhören zu schreiben“, resümierte Savoretti. Er schrieb aus Wut, was sich im Nachhinein wohl eher als Hilferuf herausstellte. Nach dem Debüt „Between The Minds“ (2007) und dem Nachfolger „Before The Storm“ (2011) sagt Jack über sein drittes Album: „Es ist meine beste und persönlichste Musik, weil ich endlich gelernt habe, das auszudrücken, was sich in meinem Kopf abspielt.“

Beim Komponieren wurden dem Sänger erstmals die musikalischen Einflüsse seiner Familie bewusst. „Meine Mutter hörte die Eagles, Crosby, Stills & Nash und alles von Motown, als ich noch klein war. Mein Vater hingegen spielte hauptsächlich italienische Musik aus den 60er und 70er Jahren. Bei meinen früheren Alben hatte ich das noch erfolgreich verdrängt, bei diesem kommt es erstmals zum Vorschein.“ Recht hat er – alles hörbar.

Die meisten Stücke schrieb er gemeinsam mit Adeles Bassisten Sam Dixon und Matt Benbrook, der bereits für Paolo Nutini, Jake Bugg und Faithless gearbeitet hat. Auch seine Herangehensweise an das Songwriting änderte er. Bislang hatte er die Musik um fertige Texte herum komponiert, jetzt konzentrierte er sich zunächst auf den Sound. „Der Herzschlag des Albums ist Rhythmus“, betont Savoretti, „alles dreht sich um Groove, Schlagzeug und Bass.“ Mag so sein, ist aber dennoch um einen wesentlichen Punkt „untertrieben“ – und der ist seine markante, warme, rauchige, soulgetränkte Stimme.

Textlich handelt „Written In Scars“ weitgehend von den Kämpfen und Herausforderungen des täglichen Lebens und wie man sie erfolgreich bewältigt. Der Titel des Albums ist daher nicht zufällig gewählt. „Einige dieser Kämpfe sind persönlicher Natur“, erklärt der 31-jährige. „Doch viele handeln auch von jenen, die sich überall auf der Welt in genau diesem Moment ereignen.“ Es geht ihm darum, sie mit erhobenem Haupt und ausgestreckten Fäusten hinter sich zu lassen.

Seit Mitte April gab die erste Single „Home“ einen Vorgeschmack auf das, was da noch kommt. Jetzt liegt das ganze Album vor. Ist es im Player erst ein-, zwei- oder dreimal im Player rotiert, wird man sich dem Ohrwurmcharakter kaum noch entziehen können. Elf Tracks, rund 38 Minuten Spieldauer und kein Ausfall. Eigentlich sind die Tracks prädestiniert fürs Formatradio unserer Zeit – springen die DJs auf, könnte „Written In Scars“ durchaus zu einer Top-CD des Jahres werden.

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