Genre-übergreifendes Quintett mit ihren September-Neuheiten

Interessant, was der Monat September an neuen Silberlingen in die CD-Regale brachte. Lange erwartete Alben von großen Namen, aber auch Debütanten mit Erstlingswerken. Wir haben durch gehört und ein Quintett als kleine Auswahl zusammengestellt – mit Hörproben von Schandmaul (Titelfoto oben von Robert Eikelpoth), Andreas Kümmert und anderen.

Von Erk Bratke

meat-loaf-coverMeat Loaf / „Braver Than We Are“ (429 Records/Caroline/Universal): War ja klar, dass das neue Werk des Altmeisters chartet. Das neue Meat Loaf-Album „Braver Than We Are“, das nach etlichen Jahren wieder in Zusammenarbeit mit Jim Steinman entstand, schoss im United Kingdom sofort auf Platz 4 hoch und rangierte in Deutschland auf Platz 7.

Immer dann, wenn der Meat Loaf mit seinem kongenialen Partner Steinman gemeinsame Sache macht, kommt etwas Gutes bis Sensationelle dabei heraus. Genau so sehen es auch die Kritiker. Hier einige Pressestimmen von diversen Magazinen, die für sich sprechen dürften – Guitar meint kurz und prägnant: „Hitverdächtig.“ Slam schreibt: „„Braver Than We Are“ hat alles, was wir an Meat Loaf lieben – Rock’n’’Roll-Kracher, epische Nummern im Musical-Stil und herzzerreißende Balladen.“

Die Hamburger Morgenpost betont „…in Sachen Bombast, Pathos und Theatralik kaum zu überbieten“. Ähnlich sieht es die Aachener Zeitung: „Es wird wieder großes Kino geboten. Dramatik, Emotionen, opulente Arrangements.… Das Rezept bleibt am besten.“ Audio meint: „Fulminant, wenn auch schon mal gehört.“ Im Break Out ist das Album der Special Tip des Monats: „Ein starkes Lebenszeichen eines der besten Rockduos aller Zeiten.“ Und das Flensburg Journal bringt es auf den Punkt: „Ein Muss für Rockfans. Meat Loaf erneut in Höchstform!“ Mehr muss man nicht sagen.

Der Altmeister: Meat Loaf.
Der Altmeister: Meat Loaf.

bye-bye-coverByebye / „Eine dir unbekannte Band“ (Kopf an,Tür auf/Broken Silence): Jo, das ist sie – eine (noch) unbekannte Band. Somit ist der Albumtitel Programm. Und „bye bye“ dürfte in diesem Fall „auf wiedersehen“ bedeuten, denn das macht das Leipziger Duo dann wohl nur allzu gern. Dahinter steckt eine kuriose Geschichte.

Keine andere Band hat seine Zuhörer so direkt, so nah kennen gelernt wie Oliver Haas und Tim Ludwig. Seit 2013 spielten die Jungs in über 200 privaten Wohnungen, um ihr Publikum zu finden. Von der Studenten-WG bis zur Reihenhaussiedlung, vom Hausprojekt bis zur Edel-Villa. Damals steckte das Projekt in den Kinderschuhen und die Devise lautete: „Wenn das Publikum die Band nicht kennt, dann kommt die Band halt vorbei und stellt sich vor.“ Und das taten sie – in Wohnzimmern, Wohnküchen, Fluren, Garagen und Gärten. So fand man in 40 deutschen Städten seine Zuhörer.

Dass auch die nationale Song-Slam-Szene in byebye ihre Meister gefunden hat, fällt dabei kaum mehr ins Gewicht: Wo auch immer im Land Veranstalter zu einem dieser Kult-Battle rufen – byebye tritt an und gewinnt! Hamburg, Darmstadt, Dortmund, Berlin, Fortsetzung folgt.

Kurzum: Kunst- und Musiklehrer wollten Haas & Ludwig nach dem Studium nicht werden. Also erschien ihre CD auf dem eigens gegründeten Label „Kopf an, Tür auf“ von Sänger und Songschreiber Haas und landete durch den Independent-Vertriebspartner Broken Silence bundesweit in den Läden. Heute managen sie die Band, gestalten Plakate, Artwork und Merchandise, produzieren die Musik und nehmen im heimischen „Stubio“ die Alben auf. Sioe verstehen sich auf deutschprachigen Akustik-Pop – catchy und groovy. In ihren Texten besingen sie das Lebensgefühl ihrer Generation.

byebye waren bereits im Vorprogramm von Dota, Phrasenmäher, Alin Coen und Colin Hay zu hören. Zur deutschlandweiten „Jeder Hype geht vorbei“-Tour im Herbst 2016 hat das Duo neben dem neuen Album diesmal auch hochkarätige Mitmusiker an Schlagzeug, Bass und Keyboards im Gepäck. Live zu erleben beispielsweise in Hildesheim am 15. Oktober im „Litteranova“. Hörprobe: https://vimeo.com/178872960/c71be345da

jazzkantine-coverJazzkantine / „Old’s’Cool“ (Rap Nation Records/Indigo): „Es war ein großer Spaß, in den alten Plattenkisten rum zu stöbern – bei 1990 haben wir einen Cut gemacht. Herausgekommen ist Mix aus unseren Favourites, aber auch aus Songs, die harmonisch-rhythmisch reizvoll erschienen, um sie in ein neues Gewand zu stecken“, erklärt Bandleader Christian Eitner die Vorgehensweise zum neuen Album. Und so begab sich die Jazzkantine auf eine Zeitreise zu den Anfängen des HipHop in die 1980er Jahre. Die Labelpresse erklärt es wie folgt: „Interpretationen von Rap-Klassikern, teils nah an den Originalen, dann wieder mit neuen deutschen Texten besetzt.“ Es ist ein Spiel mit Beats und Scratches, eine Collage aus Sounds und Samples, eine Jam-Session im brodelnden Sud von Jazz, Funk und Rap. Freilich nicht jedermanns Sache, erfolgreich aber allemal.

13 Tracks mit einer Gesamtspieldauer von 52 Minuten. Anspieltipp: Na klar, der Sugarhill Gang-Klassiker „Rapper’s Delight“ (jetzt „Baba’s Delight“) darf nicht fehlen. Auch klar: Die Jazzkantine geht auf Tour. Gastspiele sind unter anderen in Braunschweig (14. Oktober/Brunsviga), in Herford (21. Oktober/Schiller) und Hamburg (24. Oktober/Schmidt’s Tivoli) vorgesehen. Hörprobe hier:

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schandmaul-coverSchandmaul / „Leuchtfeuer“ (Universal Music): Noch eine deutsche Band, wenngleich aus einer ganz anderen Ecke. Schandmaul sind in diesem Jahr volljährig geworden. Ihren 18. Geburtstag feiert das Münchner Sextett mit einem neuen Album. Ende Juli gab es bereits die neue Single „Zeit“ als kleinen Vorgeschmack. Ganz leicht verspätet liegt nun auch das komplette Album vor.

Zwei Jahre nach ihrem mit Gold dekorierten und über 100.000-mal verkauften Platz 2-Chartalbum „Unendlich“ sowie ausverkauften Tourneen setzen die glorreichen Sechs mit Hörnern, Posaunen, Trompeten und mehr als einem ganzen Streichorchester nach. Voller mitreißendem Übermut und wilder Entschlossenheit heißt es im Titelstück: „Steh auf, nimm das Schwert, kämpfe, wofür es sich zu kämpfen lohnt.“ Inhaltlich geht es dabei um Johanna von Orleans, die erst 17 war, als sie die Truppen des Dauphin zum Sieg gegen England und Burgund führte. Die Geschichte lehrt: Man muss nicht volljährig sein, um Großes zu vollbringen. Schandmaul schufen eine gewaltige Hymne und Frontmann Thomas Lindner spricht von „unserem bombastischsten Song aller Zeiten“. Es heißt, die Band habe ein Heer von über 100 Instrumenten im Eröffnungsstück ihres neunten Studioalbums verpackt.

Insgesamt sind die Spielmänner und -frauen Stück für Stück gewachsen – mit erfolgreich. Man könnte gar von einem wahren Folkrock-Hype sprechen. Man denke nur an Bands wie Mumford & Sons und den modernen Fantasy-Kult um „Game Of Thrones“. Schandmaul waren vorher da und begeisterten auf unzähligen Konzerten mit bis zu 10.000 Gästen. Jüngst beeindruckten sie auch als Gaststars beim großen Finale der Unheilig-Abschiedstournee im Rhein-Energie-Stadion in Köln. Im Herbst spielen sie auf einer kleineren Bühne vor unserer Haustür auf: am 27. Oktober im Capitol am Schwarzen Bären. Es ist der erste Deutschland-Auftritt der „Leuchtfeuer“-Tournee, die Schandmaul auch nach Bremen (im Pier 2 am 25. November) und Bielefeld (im Ringlockschuppen am 3. Dezember) führt. Hier gibt es zwei Hörproben:

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andreas-kuemmert-coverAndreas Kümmert / „Recovery Case“ (Polydor/Island/Universal Music): Abschließend noch ein deutscher Künstler, der allerdings die englische Sprache für sein Liedgut favorisiert. Nette Geschichte der Labelpresse: „Das Cover zeigt eine Dose in Herzform. Nicht neu, offensichtlich schon lange im Gebrauch. Mit etlichen Ecken und Sprüngen, die Schäden im Lack sind nicht zu übersehen. Aber dadurch kriegt sie etwas Persönliches. Was drinnen war, ist offenbar lange und sorgsam behütet worden. Es war dem Besitzer wohl sehr wichtig. Nun wurde die Dose einen kleinen Spalt geöffnet, jemand lässt uns in sein Innerstes blicken.“

Stimmgewaltig: Andreas Kümmert. Foto: Ben Wolf
Stimmgewaltig: Andreas Kümmert. Foto: Ben Wolf

Andreas Kümmert polarisiert. Millionen Menschen ist er als der Aussteiger beim Eurovision Song Contest in Erinnerung. Der Mann, der den deutschen Ausscheid überlegen gewann und anschließend das Ticket zum Finale weitergab. Für viele unverständlich. Andere wissen wiederum um seine geniale Stimme seit seinem Sieg in der TV-Show „Voice Of Germany“. Beides spielt keine große Rolle mehr.

Eins ist Andreas Kümmert ganz sicherlich: authentisch! Und er kann singen – aus tiefster Seele. Eigentlich ist er ein Blue Eyed Soulman, in dem reichlich Popappeal steckt. Europäischer R&B, Rock mit Herz von einem ehrlichen Kumpeltyp. Für „Recovery Case“ nahm sich Kümmert Zeit. Gut so, denn die neuen zwölf Songs sind Klasse. Und die stilistische Bandbreite kann sich sehen lassen.

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