96-Profi Teichgräber: Kerngesund und topfit – aber ohne Einsatz

Kirchdorf. Wo trifft man einen Profifußballer am ehesten an? Richtig, beim Training auf dem Sportplatz. Aus Barsinghausen kommt so einer, genauer gesagt aus Hohenbostel: Niklas Teichgräber (19). Da es in letzter Zeit eher still um den ehemaligen Junioren-Nationalspieler und sein Engagement bei Hannover 96 geworden ist, haben wir uns um ein Treffen bemüht…

Von Erk Bratke

Der „Hausbesuch“ führt dabei keineswegs auf die Trainingsanlage der „Roten“ nach Hannover. Auch nicht in die elterliche Wohnung im Bördedorf. „Nö, da trifft man mich heute nicht, weil ich nach dem Training bei meiner Freundin bin“, verrät Niklas. Allerdings gibt es einen anderen Termin, der „ganz um die Ecke“ auf der Sportanlage des TSV Kirchdorf stattfindet. Dort leitet der 19-jährige Jungprofi eine Trainingseinheit der D-Junioren von Basche United – doch dazu später mehr.

Zunächst wollen wir wissen: Wie läuft’s bei Hannover 96? „Ich bin kerngesund und eigentlich topfit“, antwortet „Niki“, wie er von Freunden und Bekannten gerufen wird.. Der junge Teichgräber befindet sich in seinem zweiten Profijahr bei den „Roten“. Sechsmal die Woche schwitzt er auf dem Trainingsplatz, mindestens – an fünf Tagen wird trainiert, manchmal eben doppelt, dazu kommt noch das Punktspiel am Wochenende. Tja, aber spielen, das tat Niklas zuletzt eher weniger. In den Spielberichten fehlte sein Name, obwohl er in der Regel im Kader der U23 stand. Zuletzt beim Remis gegen Regionalliga-Spitzenreiter VfB Oldenburg (1:1) aber nicht mal das.

Woran liegt es? „Keine Ahnung“, sagt Niklas nach einiger Überlegung und gibt zu, dass die Situation momentan „sehr unbefriedigend“ sei. Wir blicken gemeinsam zurück…

Die Uhr tickt: Für Jungprofi Niklas Teichgräber (hier mit seinem ehemaligen Schulkameraden Dennis Wischhusen) gab es zuletzt keine Einsatzzeiten bei Hannover 96 II.
Die Uhr tickt: Für Jungprofi Niklas Teichgräber (hier mit seinem ehemaligen Schulkameraden Dennis Wischhusen) gab es zuletzt keine Einsatzzeiten bei Hannover 96 II.

An der Heerstraße beim VSV Hohenbostel begann die Karriere von Niklas Teichgräber. Als D-Junior wechselte er zu Hannover 96, machte als ehrgeiziger Linksfuß auf sich aufmerksam und wurde über NFV-Sichtungsmaßnahmen in die Juniorenteams des DFB berufen. Alles Geschichte und von Insidern schon hundertfach gehört. Klar gab es hin und wieder Verletzungen, die ihn außer Gefecht setzten, doch das sei für Sportler – gerade auf solch hoher Ebene – völlig normal.

Im Sommer 2014 passierte das bislang größte Unglück in Sachen Sportverletzungen – ausgerechnet in seinem letzten Jugendjahr. Im Halbfinale um die Deutsche A-Jugend-Meisterschaft riss das Kreuzband. Dennoch erhielt Teichgräber einen Profivertrag bei Hannover 96. Dass das bei einem verletzten Spieler geschieht, ist beachtlich und alles andere als gewöhnlich. Eine faire Geste, die auch Hoffnung gemacht habe, befindet auch Niklas. Und er kämpfte sich zurück.

Für laufende Saison bestritt der Jungprofi die komplette Vorbereitung bei den Erstliga-Kollegen. Dann wurde aussortiert. Trainer Michael Frontzeck führte Gespräche und beorderte Teichgräber in die zweite Mannschaft von 96. Das gleiche Schicksal ereilte übrigens auch Tim Dierßen, Teamkollege und ständiger Mitspieler aus früheren Einsätzen in der Juniorennationalelf. Ein kurzer Blick ins Internet unter transfermarkt.de gibt Aufschluss über den aktuellen Marktwert der beiden Youngster: Für Dierßen werden 250.000 Euro und für Teichgräber 100.000 Euro aufgerufen. Alle Achtung!

Doch das nur am Rande – zurück zum Saisonbeginn 2015/2016: In der U23 (Regionalliga) stand Teichgräber unter Trainer Michael Krüger (61) in den ersten beiden Saisonspielen in der Startelf. Danach war er raus und kam nur noch auf gelegentliche Einwechselungen. Zuletzt gab es keine Einsatzminuten mehr. Niklas Teichgräber empfindet seine gezeigten Leistungen als in Ordnung. „Das sagte auch mein Umfeld, zum Beispiel mein Berater. Doch der Trainer beurteilt meine Leistung anders. Er erwartet mehr“, erklärt Niklas.

Was bleibt, ist Training, Training und nochmal Training – obendrein aber auch der Blick in Richtung eines zweiten beruflichen Standbeins fernab des Fußballs. Aktuell steckt Niklas in einem Vorbereitungskurs für ein Fernstudium. Im März 2016 will er mit dem Fachgebiet Sportmanagement beginnen.

Bekanntes Spielchen: Zum Aufwärmen spielen Fußballer auch schon mal Handball – dann zählen nur Kopfballtore.
Bekanntes Spielchen: Zum Aufwärmen spielen Fußballer auch schon mal Handball – dann zählen nur Kopfballtore.

Zurück auf die Kirchdorfer Sportanlage: Das Flutlicht ist eingeschaltet und da steht er, in einer leuchtend grünen Trainingsjacke mit dem schwarzen 96-Emblem. Um ihn herum der Kader der I. D-Jugend von Basche United. Die kleinen Nachwuchskicker sind mucksmäuschenstill und lauschen der Ansage ihres – sagen wir mal – Vorbildes. Man merkt Niklas Teichgräber seine Bodenständigkeit an. Er weiß, wo er herkommt und vergisst alte Seilschaften nicht. Dazu gehören auch Kumpels aus gemeinsamen Schulzeiten am Barsinghäuser Hannah-Arendt-Gymnasium, wie beispielsweise Alexander Wissel und Dennis Wischhusen.

Die beiden Genannten bilden das Trainerteam von Uniteds DI. Und weil ihre Jungs eine bislang erfolgreiche Saison gespielt haben, planten Wissel und Wischhusen die Trainingseinheit mit Teichgräber. „Quasi als kleine Belohnung“, erklärt Dennis Wischhusen, der gemeinsam mit Kollege Wissel im Landesligakader des TSV Barsinghausen aktiv ist. Ganz früher war das Trio Mit- und Gegenspieler auf dem Fußballfeld.

Duell im Liegestütz: Der Nachwuchs beim Kräftigungs- und Koordinationstraining.
Duell im Liegestütz: Der Nachwuchs beim Kräftigungs- und Koordinationstraining.

„Niki“ hat seinen Spaß mit den Nachwuchskickern – und sie mit ihm. Nicht alle vorgegeben Übungen klappen auf Anhieb. Kein Wunder, denn es gibt einige Neuheiten, die Teichgräber aus der Profischule mitgebracht hat. Viele Spiele, in der Gruppe oder auch zu zweit. Die Minis merken dabei gar nicht, dass sie – so ganz nebenbei – die ansonsten eher unbeliebten Koordinations- und Kräftigungsübungen machen. Natürlich kommt der Ball nicht zu kurz. Zwischendurch wird noch kurz ein Erinnerungsfoto geschossen.

Wie war’s? „Super! Hat mega Spaß gemacht. Die kleinen Talente haben toll mitgezogen“, urteilt Niklas. Er könne sich vorstellen, irgendwann selbst mal in das Geschäft „Jugendtrainer“ einzusteigen. Im Moment dürfte verständlicherweise die Zeit dazu fehlen. Denn wie gesagt: Training, Training und nochmal Training – damit der Name Teichgräber künftig wieder häufiger in den Mannschaftsaufstellungen von Hannover 96 zu finden ist.

Landesliga trifft Profifußball: Alte Kontakte lässt Niklas Teichgräber nicht abreißen. Seine früheren HAG-Mitschüler Alexander Wissel (links) und Dennis Wischhusen (rechts) holten den 96-Profi zum United-Training nach Kirchdorf. Fotos: Bratke
Landesliga trifft Profifußball: Alte Kontakte lässt Niklas Teichgräber nicht abreißen. Seine früheren HAG-Mitschüler Alexander Wissel (links) und Dennis Wischhusen (rechts) holten den 96-Profi zum United-Training nach Kirchdorf. Fotos: Bratke

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