Egestorf/Lille. Pünktlich wollten sie sein. Pünktlich ankommen, fristgerecht zur Eröffnung der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich. Fünf Egestorfer Jungs, besser gesagt gestandene Mannsbilder, wählten deshalb schon den 8. Juni zur Abfahrt – zwei Tage vor dem offiziellen EM-Beginn. Erfolge wollen gut vorbereitet sein. Das weiß nicht nur Jogi Löw…
Von Erk Bratke
Nennen wir unsere Protagonisten doch einfach mal Jens, Dicker, Todda, Micha und Burkhard (nein, die Namen sind nicht von der Redaktion geändert). Das Quintett trifft sich ansonsten regelmäßig zum Karten kloppen. Die Abende laufen ebenso ohne die besseren Hälften wie die jetzige Tour ins EM-Land. Klar, alle fünf sind Fußballfans, sonst hätte diese Reise ja wohl auch wenig Sinn gemacht.
Ortstermin im Egestorfer Hirtenweg, Mittwochnachmittag gegen 16.30 Uhr. Das gecharterte Wohnmobil steht bereit. Wow, ’ne feine Kutsche, die nun noch beladen werden will. Einige packen kräftig an, andere eher weniger – aber das ist bekannt. Beim Blick ins geräumige Gefährt fällt auf: Die Jungs scheinen an alles gedacht zu haben. Proviant? Ja, reichlich. Auf französische Froschschenkel will man sich wohl eher nicht einlassen. „Okay, ich mach die erste Rutsche – bis Venlo“, sagt Jens. Gesagt, getan. Noch kurz das Abschiedsbussi an die versammelte Lieb- und Verwandtschaft und dann ab dafür…
Mehr als zwei Wochen bleiben die fünf Egestorfer in Frankreich. Sie haben Tickets für drei EM-Begegnungen sicher in der Tasche. Vielleicht kommen noch weitere Partien hinzu. Tagebuch schreiben? Nee, wohl kaum. Bloggen? Auch nicht. „Aber ab und an Situationsberichte abgeben, das ist doch ’ne nette Idee. Das werden wir wohl schaffen“, sagt Micha ein paar Tage vor der Abfahrt im Gespräch mit dem DEISTER JOURNAL. Jo, so machen wir’s!
Die erste Nachricht kommt an: „Moin Basche. Wir sind gut angekommen. Die Stimmung ist riesig. Weiteres folgt“, heißt es kurz. Eher holprig sei es los gegangen. Erster Stopp schon beim Discounter in Egestorf. „Burkhard und Jens hatten schon nach kurzer Zeit, brauchten noch was Kleines für die Fahrt. Ein Sandwich musste her.“ Die Fahrt geht über Nienstedt nach Lauenau zur A2. Nach dem Hunger kommt der Durst. Ein Grundnahrungsmittel trägt den Anfangsbuchstaben „K“ und hat auch einen „Bach“ im Namen.
Jens als Fahrer liebt die Fahrt auf der linken Spur. Nun gut, schmale 115 Stundenkolimeter ist sonst eher nicht so sein Ding. Gegen 21 Uhr steuert das Wohnmobil den ersten Schlafplatz in Venlo an. Als kleinen Snack gibt es zur Nacht für alle ein Bier und Jägerschnitzel mit Pommes. „Gegen 23 Uhr kehrt dann endlich Ruhe im Wohnmobil ein“, schreibt Micha.
Der nächste Tag (Donnerstag) beginnt mit einem herrlichen Sonnenaufgang und Frühstück unter freiem Himmel. „Jens diskutiert mit einigen Truckern, die wir kennengelernt haben, die Fahrtroute. Es geht über Brüssel nach Lille. Ein Vorzug der EU – die Egestorfer merken nicht einmal die Grenzübergänge von Deutschland, Holland, Belgien und Frankreich. Keine Grenzkontrollen. An Tag 2 dauert die Fahrt etwas länger: Micha fährt – ist aber sicherer und Benzin sparender. Außerdem müssen die Mitstreiter nach Getränkegenuss doch häufiger mal eine WC-Pause einlegen.
Dann endlich die Ankunft auf dem Campingplatz in Eperlecques Gandspette Campsite. „Sehr schöner, ruhiger Platz mit freundlichen Menschen“, heißt es im O-Ton. Kontakte werden auch gleich geknüpft. Schweizer, Engländer, Iren, Waliser und die Franzosen. Das Fahrzeug wird geschmückt. Trikots werden jetzt täglich getragen.
Zur EM-Eröffnung erfolgt ein Trikotwechsel – alle Mann schlüpfen ins Blaue. Aus Respekt vor den Gastgebern heißt es für die fünf EM-Fahrer vom Deister „Allez, les bleus“. Micha schreibt noch: „Es gibt eine Party mit allen Nationen“. Ergebnis offen.
Der Ball rollt. Frankreich gewinnt das Eröffnungsspiel in letzter Minute mit 2:1. Die Egestorfer feiern den glücklichen Triumph der „Équipe tricolore“ in Lille. Dort bleiben sie vorerst auch noch, denn sie haben Tickets für Deutschlands erstes Gruppenspiel gegen die Ukraine. Micha: „Wie gesagt, weitere Berichte folgen…“