Halbfinale: Germanias Traum rückt näher

Egestorf. Viermal ging’s im Laufschritt, wenn nicht sogar im Sprint, in Richtung eines Mannes hinter der Bande. Jubeltrauben und dicke Umarmungen. Peinlich? Nee, auf keinen Fall. Es sah so aus, als wenn seine Jungs die vier Buden ihm widmen wollten – dem verletzten Mitspieler, der eigentlich selbst auf dem Feld hätte stehen sollen: Yannick Oelmann.

Von Erk Bratke

Foto-1---Yannick-Oelmann
Verletzt und trotzdem Daumen hoch: Yannick Oelmann.

Trotz seiner erst 23 Jahre gehört Oelmann zu denjenigen, die am längsten für den 1. FC Germania Egestorf/Langreder an der Ammerke aktiv sind. Im Viertelfinale des hochrangigen Niedersachsenpokals fehlt er: Kreuzbandriss, passiert im jüngsten Oberliga-Punktspiel beim FC Eintracht Northeim (3:0). Er kommt mit Gehhilfen. Mit einer Schiene um das verletzte rechte Knie nimmt er unmittelbar neben der Reservebank Platz; seine Betreuer haben extra einen Stuhl parat gestellt. Auf diesem hält es ihn ob des grandiosen Auftritts seines Teams jedoch nicht lange.

4:1 für die Gastgeber heißt es am Ende der Begegnung im NFV-Pokal. Der Gegner? Keineswegs Laufkundschaft, sondern der SV Meppen, immerhin ehemaliger Zweitligist und aktuell Fünfter der Regionalliga-Nord. Vor rund 600 Zuschauern gelingt Oelmanns Mitspielern der bislang größte Erfolg der Vereinsgeschichte – und dies auch noch absolut verdient. Wahnsinn!

Laufstark: Joshua Siegert (rechts) leistete in der Offensive enorme Störarbeit.
Laufstark: Joshua Siegert (rechts) leistete in der Offensive enorme Störarbeit.

Das Spiel: Die höherklassigen Meppener übernehmen von Beginn die Initiative, bleiben aber weitgehend ungefährlich, weil Germania extrem gut gegen Gegner und Ball arbeitet. Mehr noch, denn die viel zitierten Nadelstiche der Elf von Trainer Jan Zimmermann deuten bereits frühzeitig an: Hier geht was. In der 25. Minute ein erster Jubelschrei, als Marvin Stieler nach einem Ballgewinn im Mittelfeld einfach mal aus 20 Metern abzieht und per Flachschuss zum 1:0 trifft. Das 2:0 folgt folgt nur vier Minuten später. Jannik Oltrogge drückt das Leder nach einer Flanke von Torben Engelking und Kopfballverlängerung von Sebastian Baar über die Linie. Die Gäste sind geschockt und kicken weitgehend einfallslos. Pause.

Foto-3---Marco-Schikora
Bärenstark: Marco Schikora hielt hinten links dicht und holte obendrein einen Elfmeter heraus.

Nach Wiederbeginn ein kaum verändertes Bild. Als der bärenstarke Marco Schikora über links in den Strafraum eindringt, zur Körpertäuschung ansetzt und kurz darauf zu Fall gebracht wird, heißt es Elfmeter. Den Strafstoß verwandelt Sturmspitze Christoph Beismann sicher zum 3:0 (54.). Meppen wehrt sich; die Partie wird nickliger. Giftige, aber zumeist faire Zweikämpfe sind die Folge. Einen Freistoß verwertet Meppens Patrick Posipal – tagsüber war der ehemalige Havelser noch im Fuchsbachtal bei seiner Trainerlizenzausbildung beobachtet worden – zum 1:3 (59.). Kurzzeitig brennt es im Strafraum der Hausherren (zweimal müssen FC-Verteidiger auf der Linie retten), doch Germania übersteht die Drangphase der Emsländer. Und die Gäste patzen weiter. SVM-Kepper Lars-Oliver Huxsohl verursacht einen unnötigen Eckball, den der eingewechselte Hendrik Weydandt – umgeben, aber dennoch allein gelassen von vier Meppenern – zum 4:1 (87.) einköpft. Die Sensation ist perfekt.

Verdienter Beifall für sein Team: Germanen-Coach Jan Zimmermann.
Verdienter Beifall für sein Team: Germanen-Coach Jan Zimmermann.

Die Stimme von Stadionsprecher Manfred Finger überschlägt sich. Wieder ist eine Spielertraube bei Yannick Oelmann. Dann ist Schluss, grenzenloser Jubel. Trainer Zimmermann spricht von einem „auch in der Höhe verdienten Sieg“. Germania hat einen Lauf. Sechs Oberliga-Siege in Serie und jetzt der Einzug ins Halbfinale des Niedersachsenpokals. Festzuhalten bleibt auch, dass die „Zimbo-Elf“ mittlerweile eine ganz andere Art von Fußball spielt. Das eher einfallslose „Hoch-und-Weit auf Hubschrauber Schierholz“ ist Schnee von gestern. Die jungen Wilden geben mittlerweile den Ton an und zeigen athletischen, modernen, schnellen Umschaltfußball. Grandios!

„Natürlich fangen einige jetzt an zu träumen“, hatte Jan Zimmermann im Vorfeld des Viertelfinales gesagt. Können sie auch, denn ein großer Traum rückt näher. Der Sieger aus der Partie VfV Borussia 06 Hildesheim/VfL Osnabrück (am 21. Oktober), die SpVgg Drochtersen/Assel und der VfB Oldenburg (allesamt höherklassig) heißen die möglichen Kontrahenten. Sollten sich die Germanen auch im Halbfinale des NFV-Pokals durchsetzen und damit ins Finale einziehen, dann würden sie in der Saison 2016/17 im DFB-Pokal antreten.

Tritt das Unverhoffte ein, dann dürfte sicherlich auch Yannick Oelmann wieder auf dem Feld stehen. Ein langer Weg, vor allem für Oelmann. Der wird am 16. Oktober am Kreuzband operiert. Sein Trainer rechnet mit einem Ausfall bis mindestens Mitte März. Bis dahin bleibt nur zu sagen: Gute Besserung!

 

Foto-5---die-Faust-von-Markus-Straten-Wolf
Geklärt: FC-Keeper Markus Straten-Wolf (verdeckt) war der gewohnt sichere Rückhalt – hier klärt er in einer Spielertraube mit der Faust. Fotos: Bratke

 

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