Routinier Jens Oelmann hängt seine Schuhe an den Nagel

Gehrden. Wenn ein leidenschaftlicher Sportler seine Schuhe an den berühmten Nagel hängt, dann tut er dies meist mit einem lachenden und einem weinenden Auge – so auch Jens Oelmann. Unser Hausbesuch führt nach Gehrden, denn dort ist „Oeli“ beheimatet. Der 50-jährige Routinier muss seine jahrzehntelange Fußballerlaufbahn aus gesundheitlichen Gründen beenden. Das Deister Journal war beim „Nagelhämmern“ dabei.

Von Erk Bratke

Ortstermin in der Burgbergstadt, ganz in der Nähe der Bezirkssportanlage des SV Gehrden, die in Oelmanns Jugendjahren durchaus eine Rolle spielte. Natürlich hat Oeli zum Hausbesuch seine gesamte Familie zusammengetrommelt. Denn neben seiner Begeisterung für den Sport – in erster Linie Fußball und Tennis – ist er vor allem ein Familienmensch. Großes Hallo im schmucken Reihenhaus, wo zur Begrüßung neben dem Protagonisten auch seine Ehefrau Andrea (49), Sohn Yannick (23) und Tochter Marie (21) anwesend sind.

Der Familienmensch

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Der Familienmensch: Jens Oelmann mit Ehefrau Andrea, Tochter Marie und Sohn Yannick.

Jens Oelmann nennt sich selbst „sportverrückt“. Dass er diese Begeisterung ausleben konnte, hängt zweifellos mit seiner Familie zusammen. „Der Aufwand, den ich auf vielen Feldern betrieben habe, geht natürlich nur, wenn es in der Beziehung klappt“, sagt er. Und die funktioniert nun schon seit 32 Jahren mit Andrea; gemeinsam feierten die Oelmanns bereits silberne Hochzeit.

Gut, dass die Angetraute ähnlich tickt. Auch die Gattin hat eine sportliche Laufbahn hinter sich. Immerhin spielte sie in Bestzeiten in der Handball-Oberliga. TuS Ricklingen und zum Ende die HSG Badenstedt – das waren ihre Vereine. Sie kennt also die Notwendigkeiten des Mannschaftssports, was zweifellos gut fürs „Selbstverständnis eines Sportwochenendes“ ist.

So ist natürlich auch der Nachwuchs „sportlich beleckt“. Sohn Yannick trat frühzeitig in die Fußstapfen des Vaters. Über die Jugend beim SV Gehrden und Basche United kam der 23-Jährige zum 1. FC Germania Egestorf/Langreder, wo er als Innenverteidiger fester Bestandteil des aktuellen Oberligakaders ist. „Fußballverrückt“ – gemeinsam mit dem Vater geht’s schon mal nach London, um ein Derby mit dem FC Arsenal (oder so) zu beobachten. Das sei aber nur am Rande erwähnt.

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Sportverrückt: Die „Oelis“ mit Fußball, Handball und Tennis.

Töchterchen Marie hatte sich zunächst dem Volleyball (beim SV Gehrden) verschrieben; später kam Tennis dazu. Auch hier spielte Vaters Interesse für Schläger und Filzball eine Rolle. Beim TV Rot-Weiß Ronnenberg spielte sich die 21-Jährige bis in die Damen-Verbandsliga hoch.

Das Sportwochenende der Oelmanns war stets voll gepackt. „Es gab Samstage und Sonntage, da haben wir uns fast nie gesehen“, erinnert sich Oeli. Die gegenseitige Unterstützung sei dabei eine Selbstverständlichkeit. „Nur so hält eine Beziehung. Familie ist für mich Nähe, Halt und das Interesse füreinander“, bekräftigt er.

Dabei waren die Familienurlaube stets heilig. „Nicht nur gemeinsam, sondern auch mal ohne die Kids. Das konnten wir glücklicherweise immer mal wieder organisieren. Oma und Opa haben’s möglich gemacht“, verdeutlicht Jens. Reiseziele waren stets offen, anfangs Campingurlaube und später das gemeinsame Interesse fürs Skifahren.

Der Fußballer

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In Aktion: Oeli in der Defensive gegen DFB-Star Uwe Bein (hier im Zweikampf mit Dirk Schneider).

Als sechsjähriger Knirps ging’s bei den Minis des SV Gehrden mit der Jagd nach dem Lederball los. Bereits mit 17 Jahren kickte Oeli in der I. Herren des SVG, fiel auf und wechselte mit 18 zum SV Arminia Hannover. Kaschi Mühlhausen hatte ihn verpflichtet, doch bei Ankunft stand bereits ein neuer Trainer da. Zum Trainingsauftakt sollten eigentlich auch ein paar Fußballschuhe parat stehen – „war aber nicht so, und so absolvierte ich die erste Einheit in Tennisschuhen. Klar, dass meine Karriere im Oberligakader damit schnell beendet war“, scherzt Oeli rückblickend. Der „Junge vom Land“ wurde ausgemustert und spielte fortan in Arminias Reserve in der Bezirksoberliga.

Von Hannovers „Blauen“ ging’s zu Germania Grasdorf, wo Jens Oelmann auf Dieter Schrader als Trainer stieß. Ein wohl glücklicher Umstand, denn später führte der Weg gemeinsam zum TSV Barsinghausen. 1988 schlug Oeli im Barsinghäuser Waldstadion auf – und wurde dort zu einem Inbegriff von Leistungsfähigkeit, Dauerbrenner und Vereinstreue. Nur ein Jahr später gelang dem TSV B mit Oelmann (und Schrader) der Aufstieg von der Bezirksliga in die damalige Bezirksoberliga (heute Landesliga). Ein erstes und frühes Highlight.

Im Interview: Jens Oelmann (links – mit Teamkollegen Erik Menzel) im Blickpunkt des WDR.
Im Interview: Jens Oelmann (links – mit Teamkollegen Erik Menzel) im Blickpunkt des WDR.

Teamspieler in der I. Herren, II. Herren, Altherren und kurzzeitige Einsätze in der Ü40 – man möchte meinen, Oeli war bereits der erfolgreiche „Sechser“, als es ihn eigentlich noch gar nicht gab. Es wäre müßig, an dieser Stelle alle errungenen Titel aus fast 25 Jahren aufzuzählen. Dennoch gibt es drei Höhepunkte, die Erwähnung finden müssen.

Das sportliche Highlight schlechthin erlebte Oeli im Jahr 1991. Nach dem Gewinn des WM-Titels in Rom gastierte der amtierende Weltmeister im Barsinghäuser Fuchsbachtal. „Bertis Buben“, wie die Deutsche Nationalelf damals oftmals genannt wurde, war sogar bereit, ein Freundschaftsspiel gegen den TSV Barsinghausen zu absolvieren. Ein Riesen-Hype im (natürlich) ausverkauften August-Wenzel-Stadion. „Die Nationalmannschaft trat damals tatsächlich mit allen Stars an. Ein Ding, das heutzutage unmöglich wäre“, weiß Oelmann.

Oeli war dabei – als Gegenspieler von Kalle Riedle. „Ich glaub‘, der sprang ungefähr einen halben Meter höher als ich“, muss Jens heute noch lachen. Barsinghausen schlug sich wacker, erzielte sogar ein Tor gegen Bodo Illgner. Doch für Oeli hatte die Partie mit einem Mittelhandbruch auch negative Folgen: „Die anstehenden Tennispunktspiele musste ich natürlich abhaken.“

Nach der erfolgreichen Zeit im A-Team folgte eine unglaublich lange Ära in der TSV-Reserve, wo er als Routinier nicht wegzudenken war. Mit 48 Jahren spielte Oeli noch in der Kreisliga – ein Novum. In dieser Zeit sorgte er für einen weiteren Höhepunkt, der in der Kategorie „Fair Play“ einzuordnen ist. Gegen Ende der Nullerjahre – der TSV B II spielte gegen Gehrden II – entschied sich Jens Oelmann für eine Geste, die ihm 2008 die Fair Play-Auszeichnung des Fußballkreises Hannover-Land einbrachte. Nach einer Torwartverletzung hatte der Schiedsrichter nicht abgepfiffen, dafür aber das folgende Handspiel eines Gehrdener Feldspielers mit Elfmeter geahndet. Oeli schnappte sich nach der Unterbrechung kurzerhand den Ball und schoss SVG-Keeper Björn Winter den Elfer lasch in die Arme. Fair Play in Vollendung!

Ein drittes Highlight: Dass der TSV Barsinghausen im Jahre 2006 seinen Kunstrasenplatz einweihen konnte, ist durchaus auch ein Verdienst von Jens Oelmann, der mittlerweile auch im Ehrenamt angekommen war. Oeli, seit jeher ein Gegner der roten Asche und Verfechter der neuartigen „Plastikwiesen“, trat als Pionier beim Bau des Kunstrasenspielfeldes auf – „weil der Ball so schön rund läuft“. Generationen von nachfolgenden TSV-Spielern können es ihm danken; der Verein tat dies seinerzeit mit einer Auszeichnung.

2012 war Schluss mit dem Leistungsfußball. Der Routinier wechselte zur Altherren der SG Kirchdorf/Barsinghausen, wo es ebenfalls noch einige Stadtmeistertitel zu feiern gab. Oeli betrieb weiterhin viel Aufwand für die Kickerei. „Doch wenn ich schon regelmäßig von Gehrden nach Basche zum Training fahre, dort aber nicht genügend getan wird, dann muss ich mich umorientieren.“ Gesagt, getan. Im Sommer des vergangenen Jahres wechselte er zum Nachbarn nach Egestorf, um dort mit „Germanias Altinternationalen“ (Zitat Oelmann) noch mal gepflegten Fußball spielen zu können.

Doch dann kam das Aus. Die Spätfolgen eines Kreuzbandrisses (1999) machten sich bemerkbar. Diagnose: Schwerwiegende Arthrose im Innenmeniskus, ein ständig dickes, entzündetes und schmerzendes Knie. „Das war’s mit Fußball“, meinte nicht nur der Arzt.

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Absolutes Highlight: Jens Oelmann (unten Dritter von rechts) mit dem TSV Barsinghausen gegen den Weltmeister von 1990.

Der Tennisspieler

Die „Boker“ hängen nun also am Nagel, der Tennisschläger noch nicht – „auch wenn meine letzten Turniere eigentlich schuld an der Misere sind“, weiß Oeli. Sportinteressierte Leser wissen, dass Jens Oelmann auch im Tennis eine große Nummer ist. Immerhin ist er amtierender Nord- und Ostdeutscher Meister der Herren 50.

Die ersten Aufschläge folgten freilich schon viel früher. Mit etwa zwölf Jahren ging’s los. Tennis spielte er in all den Jahren parallel zum Fußball. „Oft spielte ich vor dem Fußball noch Tennispunktspiele und der Trainer wusste von allem nichts“, schmunzelt Oeli. Beim TV Rot-Weiß Ronnenberg spielte er in der I. Herren bis zur Landesliga, in der Altersklasse bis zur Regionalliga.

„Die jüngsten Meisterschaften haben mich das Knie gekostet“, sagt Jens selbst. Allzu zahlreiche Turnierspiele und -runden auf viel zu stumpfen Plätzen seien die Ursache gewesen. „Drei Tage später trat ich zum Fußball an, Knie dick, das war’s“, resümiert Oeli. Ob’s noch mal wieder ans Netz gehen kann, bleibt abzuwarten.

Das Ehrenamt

Jens Oelmann hat nie geraucht und nie Alkohol getrunken. Kurios, weiß man doch gerade im Fußballsport Feste zu feiern, wie sie fallen. Oeli dient also als Vorbild, und dies zweifellos auch im Bereich des ehrenamtlichen Engagements.

Dass das Projekt „Kunstrasen beim TSV Barsinghausen“ ohne sein Zutun wohl nicht auf den Weg gebracht worden wäre, ist bereits erwähnt. In seiner zweiten sportlichen Liebe, dem Tennis, trat Oeli noch intensiver in Erscheinung. Beim TV RW Ronnenberg bekleidete er bis 2012 unterschiedliche Ämter im Vorstand – rund 20 Jahre lang als Jugendwart und als 2. Vorsitzender. Eine lange Zeit für jemanden, der sich stets auch Ziele im aktiven Sport gesetzt hat.

Warum ist Jens Oelmann eigentlich nie ins Jugendtraineramt eingestiegen? Die Frage beantwortet sich von selbst: Training und Pflichtspiele in zweierlei Sportarten hätten den zeitlichen Rahmen für das Kümmern um ein Nachwuchsteam wohl gänzlich gesprengt.

Anzeige Jens OelmannDas Sponsoring

Wer die Jugend nicht direkt am Spielfeldrand fördern kann, der tut dies möglicherweise im materiellen Bereich. Oeli war auch hier stets zur Stelle, wenn jemand um Unterstützung „bettelte“. Nicht nur aus seiner Erinnerung fallen einem dazu etliche Anekdoten ein.

Ein Beispiel? Es war mal wieder Trainingsauftakt für eine neue Fußballsaison und dem Verein oder der Mannschaft stand in Oelis Augen abermals kein würdiges Spielgerät zur Verfügung. Kurzerhand besorgte Oeli einen Sack voll neuer Bälle. Insider wissen zudem, dass er in späteren Zeiten seine „eigene Kugel“ immer dabei hatte – und wehe, es vergriff sich jemand beim Torschusstraining an Oelis Ball (ein Scherz). Und fehlte es mal wieder an ausreichend Stutzen oder die Hosen waren allzu zerschlissen, dann sorgte Oeli unbürokratisch für Abhilfe.

Erst kürzlich bediente er abermals die Fußballjugend von Basche United. So unterstützte er den Ankauf von 200 T-Shirts in der Vereinsfarbe Blau und dem dazu gehörigen Wappen, damit der Nachwuchs von der D- bis zur A-Jugend kostengünstig und einheitlich auftreten kann. Dass dabei sein Arbeitgeber werbetechnisch in Erscheinung tritt, versteht sich im heutigen Sportsponsoring von selbst. Womit wir anlässlich unseres Hausbesuches bei der beruflichen Seite des Protagonisten angelangt sind, und auch dies nicht ohne Grund: Jens Oelmann ist als Makler für die Mecklenburgische Versicherung tätig. In diesem Jahr feiert er sein 25-jähriges Jubiläum als Generalagentur – wenn man so will auch in diesem Punkt eine Art von Vereinstreue.

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Neue Shirts: Jens Oelmann (ganz rechts) als Sponsor der Nachwuchskicker von Basche United.

 Die sportliche Zukunft

Wir kommen zum Ende des Hausbesuchs. Ein Foto noch – Hammer, Nagel, Boker und ab dafür. Der Fußball hat sich für Jens Oelmann unwiderruflich erledigt. Seine Hoffnung: Wenn das Knie wieder zur Ruhe gekommen ist, geht hoffentlich noch ein wenig Tennis auf guten Aschenplätzen – „dort, wo es ist nicht stumpf ist und man eben rutschen kann“, verdeutlicht Oeli.

Ansonsten wäre da noch Wandern und Radfahren, vielleicht auch Skiwandern. Alles auch im Interesse der Familie. Abschließend fällt noch ein plakatives Motto auf, das im Büro des Versicherungsmaklers hängt: „Erst die Freizeit, dann das Vergnügen!“ Prächtig, wenn es so laufen würde.

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Fußball hat sich erledigt: Oeli hängt seine Schuhe an den berühmten Nagel. Fotos: Bratke

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