Hannover. Politikerschelte, strukturelle Veränderungen, hochrangige Ehrungen, eine Jubiläumsvorschau, ein tränenreicher Abschied und die Einlösung eines Versprechens – der 23. Ordentliche Sporttag des Regionssportbundes (RSB) Hannover bot den 243 Delegierten aus 184 Vereinen jede Menge Emotionen unterschiedlichster Art und Weise. Im Mittelpunkt stand zweifellos der „Stabwechsel“ im Amt des Vorsitzenden: Meldau für Brandt.
Von Erk Bratke
Sitzungssaal im Haus der Region an Hannovers Hildesheimer Straße: Ein letztes Mal tritt Joachim Brandt zur Begrüßung ans Rednerpult. In seiner ihm eigenen Art mahnt er zur Pünktlichkeit: „Wir sind bereits drei Minuten zu spät, was den ursprünglichen Beginn angeht.“ Brandt steht nicht nur beim 23. RSB-Sporttag im Blickpunkt. Noch am Abend zuvor, beim Jahresempfang des niedersächsischen Sports der Landesregierung und des Landessportbundes (LSB), hatte ihm Ministerpräsident Stephan Weil die Niedersächsische Sportmedaille überreicht. „Verdient“, meinen diejenigen, die den scheidenden RSB-Vorsitzenden kennen. Ein Vollblut-Ehrenamtler, der dem regionalen Zusammenschluss von rund 670 Sportvereinen mit fast 178.000 Mitgliedern vorstand.
16 Jahre lang war Brandt – neben anderen Ehrenämtern – im Vorstand des Regionssportbundes tätig, davon allein acht Jahre als Vorsitzender. Jetzt soll Schluss ein – drei Tage vor seinem 70. Geburtstag. Die Erklärung für seinen Rückzug gibt der Mann aus dem Schützenwesen selbst – und sie ist denkbar einfach: „Ich habe meiner Frau versprochen, dass ich mit 70 kein Vorstandsamt mehr habe.“ Versprochen ist versprochen!
Zurück zum Sitzungsbeginn. Ein letztes Mal nutzt Joachim Brandt die Kraft seines Amtes und beginnt mit einer deftigen Schelte in Richtung Politik. „Alles, was wir vor der Wahl zur Bedeutung des Sports gehört haben, waren Lippenbekenntnisse.“ Personell, materiell und finanziell seien die Vereine an ihre Grenzen gelangt. Die Wahlversprechen seien nicht mehr als heiße Luft. Brandt fordert zum generellen Umdenken auf. Er appelliert an stärkeres Einsetzen für den Sport. Fast schon im eigenen Interesse der Politik, denn „Glaubwürdigkeit entsteht nicht durch Worte, sondern durch Taten“, betont Brandt.
Was daraufhin folgt, sind Doppelpässe oder auch Steilvorlagen, die Jogis Jungs derzeit so gar nicht hinbekommen. Sehr wohl aber die Gastredner. Schnellstmöglich wechselt der „schwarze Peter“ von einer in die nächste Hand. Als Hausherr antwortet Regionspräsident Hauke Jagau als Erster. Er könne die Kritik nachvollziehen, sehe aber die „Schuld“ nicht ausschließlich bei der Politik. „Wir haben ein Problem mit der Verrechtlichung.“
Ein Steilpass für Dr. Hendrik Hoppenstedt. „Machen Sie Vorschläge zur Bürokratie-Erleichterung“, ruft der Staatsminister bei der Bundeskanzlerin den Vereinsdelegierte zu. Die stellen sich indes die Frage, wann und wie sie die Arbeit in Sachen „Verwaltungsvereinfachung“ in ihrer Zeit im Ehrenamt noch unterbringen können.
In die Offensive gehen anschließend auch Vera Wucherpfennig als Referatsleiterin Sport im Innenminsterium („Niedersachsen hat das sportfreundlischte Gesetz aller Bundesländer“) und LSB-Präsident Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Umbach („Erhöhte Förderung vom Land für den Sportstättenbau“). Brandts druckvolle Anfangsoffensive hatte für spannende Wortbeiträge gesorgt – besser als die üblichen Grußworte bei derartgien Veranstaltungen. Gleichwohl loben alle Redner den RSB für seine „hochgradig sinnvolle Arbeit – vor allem für die Zukunft“ (so Jagau).
„Schon mancher wurde Vorstand, weil er nicht wusste, was ihm bevorstand.“ Mit einem Reim steigt der RSB-Chef in die Ehrungen und Verabschiedungen des Tages ein. Bei seinem eigenen Abschied kann er die Tränen kaum unterdrücken. Damit es auch die Vereinsdelegierten mitkriegen, überreicht ihm Vera Wucherpfennig nochmals die Niedersächsische Sportmedaille. Brandt: „So ist das – wenn man lange dabei ist, kann man so was nicht verhindern.“
Einstieg in den Parlamentarischen Teil des 23. Sporttags: Brandt gibt ein letztes Mal seinen Vorstandsbericht; Hilke Haeuser lässt den Bericht der Schatzmeisterin folgen. Es folgt die eisntimmige Entlastung des Vorstands. Gleiches gilt auch für die Haushaltspläne der Jahre 2019 und 2020 – „auch wenn es immer ein bisschen wie Kaffeesatzlesen ist“, sagt Schatzmeisterin Haeuser mit einem Augenzwinkern. Klar, das kennen die Vereinsvorstände auch aus ihrer eigenen Arbeit.
Langwierig und durchdacht in der Vorbereitung – so könnte die Veränderung der Vorstandsstruktur inklusive einer Neufassung der Satzung umschrieben werden. Mit den getätigten Beschlüssen scheint der RSB „fit für die Zukunft“ aufgestellt zu sein. Die einhergehende Verschlankung des ehrenamtlichen Entscheidungsgremiums ist in Zeiten immer stärker werdenden Bürokratie zweifellos ein gutes Zeichen – auch für die Vereine. Nach einer Vorstellung der neuen Vorstandsstruktur wird zunächst die Neufassung der Satzung einstimmig beschlossen, ehe das zuvor gewählte Tagespräsidum die Neubesetzung der Vorstandsämter vornehmen lässt.
Die Wahlen erfolgen allesamt einstimmig und ergeben folgendes Bild: Vorsitzender (Sportpolitk) Ulf Meldau vom SV Lehrte 06, Vorstand-Vereinsentwicklung Dagamr Ernst vom VfB Pattensen, Vorstand Finanzen und Verwaltung Hilke Haeuser vom RuF Berghof, Vorstand-Sportentwicklung Katharina Lika vom TSV Groß Munzel, Vorstand-Öffentlichkeitsarbeit Carsten Elges vom Schützenverein Ilten und Vorstand-Sportringe Michaela Henjes vom Schützenverein Langenforth.
Die ersten Amtshandlungen des neuen RSB-Vorsitzenden sind erfreuliche. Zunächst gratuliert Ulf Meldau dem langjährigen Sportjugend-Vorsitzenden Dirk Musolf (siehe „Zum Thema“), der sich nach seinem Ausscheiden nunmehr Ehrenvorstandsmitglied nennen darf. Wenig später gibt es abermals stehende Ovationen für Joachim Brandt, den die Versammlungsteilnehmer zum Ehrenvorsitzenden ernennen. Mit Antritts- und Abschlussrede beschließt Meldau den zweifellos zukunfträchtigen Sporttag des Regionssportbundes Hannover.
pdf – Abschlussrede im Wortlaut
Zum Thema
Trends, Veränderungen, Zukunftsgestaltung – das dokumentierte auch der wie üblich vorab vollzogene 23. Jugendsporttag der Sportjugend im Regionssportbund Hannover. Die Delegierten hatten bei der diesjährigen Versammlung über einiges abzustimmen.
So wurde neben Veränderungen in der Sportjugendordnung auch ein neues Vorstandsteam ins Amt gewählt. Dirk Musolff (SV Fuhrberg) übergibt nach 27 Jahren im Amt an seine Nachfolgerin Diana Ringwelsky (SC Langenhagen). Der Jugendsporttag war somit geprägt von Abstimmungen und Neuwahlen.
Als Gäste waren der Vorsitzende der Sportjugend Niedersachsen, Thomas Dyszack, sowie Regionsjugendpfleger Matthias Nack geladen. Beide wurden zu Beginn der Veranstaltung um ein Grußwort gebeten. In seiner Ansprache betonte Nack den wichtigen Beitrag der Jugendarbeit zu einer demokratischen Gesellschaft, da der Sport Heranwachsenden die Möglichkeit biete, soziale Kompetenzen zu entwickeln und somit einen Teil zur Persönlichkeitsentwicklung beizutragen, was schließlich von großer Bedeutung für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft sei. Dyszack sprach in seinem Grußwort die zahlreichen Ziele der Kinder- und Jugendarbeit an, wobei ein besonderes Augenmerk in der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) liege. So erfahre der Einzelne durch BNE, dass sein Handeln Konsequenzen für sich selbst und andere hat.
Im Anschluss wurde den Delegierten durch die RSB-Geschäftsführerin Anna-Janina Niebuhr und dem RSB-Vorsitzenden Ulf Meldau das RSB-FSJ-Projekt vorgestellt, bei dem Vereine in der Realisierung eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) unterstützt werden. Insbesondere Vereine, die alleine kein FSJler beschäftigen können, haben die Möglichkeit mit anderen Vereinen zu kooperieren und vom RSB unterstützt zu werden. Zudem stellte Carsten Elges vom SV Ilten die App „YouSport“ vor. Eine kostenlose App, mit deren Hilfe Vereine ihre Sportarten ins Netz bringen und dafür werben können. Nach dem Bericht des Vorstandes wurde die neue Struktur des RSB und seiner Sportjugend vorgestellt. Einstimmig wurde von der Versammlung der Entschluss gefasst, die neue Jugendordnung zu verabschieden. Diese tritt nun durch Bestätigung des 23.Sporttags zum 16. Juni 2018 in Kraft.
Im Rahmen des Jugendsporttags wurde Dirk Musolff von Thomas Dyszack geehrt, wobei ihm vor allem für das langjährige Engagement im Rahmen der „go sports Infotagung“ gedankt wurde. Auch der stellvertretende Vorstand der Sportjugend, Jan Wormuth, wurde für sein Engagement von der Sportjugend Niedersachsen und vom RSB geehrt.
Der neue Jugendvorstand im RSB setzt sich wie folgt zusammen: Zur Vorsitzenden wurde Diana Ringwelsky vom SC Langenhagen gewählt. Luca Mätschke vom SV Lindwedel-Hope, Jan Schinke von der SG Misburg und SpVg Laatzen sowie Jannika Leonie Balschun vom TuS Vahrenwald und Ulrich Benzler vom MTV Engelbostel-Schulenburg besetzen die übrigen Positioen im Sportjugend-Vorstand. Mehr Infos zum Jugendsporttag, den vorgestellten RSB-Projekten und Impressionen unter: www.rsbhannover.de/de/sportjugend/termine-der-sportjugend/nachbericht-jugendsporttag-2018.