Niedersachsen / Berlin. Die für den Deutschen Arbeitsschutzpreis 2019 nominierten Betriebe und Engagements stehen fest. Vertreterinnen und Vertreter der drei Ausrichter Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) und Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) haben die Rekordanzahl von 231 Einreichungen gesichtet und bewertet. Dabei wurden jeweils drei herausragende Lösungen rund um Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in den fünf Preiskategorien „Strategisch, Betrieblich, Persönlich, Kulturell und Newcomer“ ermittelt.
Der Deutsche Arbeitsschutzpreis zeichnet in Deutschland ansässige Unternehmen aller Größen und Branchen sowie Einzelpersonen aus, die sich in besonderem Maße für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit engagieren. Der Preis zeigt Wege auf, vorausschauend und effektiv mit den Herausforderungen rund um Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit umzugehen. Im Mittelpunkt steht die Botschaft, dass sich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz mit System auszahlen: sie schützen die Beschäftigten und sichern so die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.
Preisverleihung am 15. November 2019
Eine unabhängige Expertenjury, der Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Verbänden und Wissenschaft angehören, bewertet die Nominierten und kürt einen Gewinner pro Preiskategorie. Der Deutsche Arbeitsschutzpreis 2019 wird anschließend am 5. November 2019 im Rahmen einer feierlichen Preisverleihungszeremonie auf der Fachmesse A+A in Düsseldorf öffentlich überreicht. Insgesamt gibt es Preisgelder im Wert von 50.000 Euro zu gewinnen.
Der Deutsche Arbeitsschutzpreis ist Teil der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA). In der GDA führen das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) ihre Aktivitäten rund um den betrieblichen Arbeitsschutz zusammen. Sie richten gemeinsam den Deutschen Arbeitsschutzpreis aus.
Offizieller Medienpartner des Deutschen Arbeitsschutzpreises ist die Messe Düsseldorf. Als langjähriger Veranstalter der A+A unterstützt die Messe Düsseldorf im Bereich der Preis- und Veranstaltungskommunikation die Zielsetzungen der Ausrichter rund um das Thema Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Außerdem ist die Messe Düsseldorf Stifterin des erstmalig vergebenen Preises in der Kategorie „Newcomer“.
In der Kategorie „Strategisch“ werden Managementlösungen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit mit weitreichenden Folgen für Betrieb und Belegschaft ausgezeichnet. Es sind nominiert:
Bauunternehmung August Mainka GmbH & Co.
Unter dem Motto „Wir bauen sicher – oder gar nicht.“ pflegt die Bauunternehmung August Mainka GmbH & Co in Lingen (Ems) eine Sicherheitskultur, die durchgängig im gesamten Unternehmen gilt. Aufwändige Qualifizierungen, Unterweisungen und Anmeldeprozeduren sind für die Mitarbeiter selbstverständliche Routine. Der Erfolg: Seit Jahren liegen die Unfallquoten bei einem Bruchteil des Branchendurchschnitts. Die zugleich hohe Anzahl an Meldungen von Beinaheunfällen und unsicheren Handlungen verweist auf eine gelebte Fehler- und Meldekultur.
Rosenhagen GmbH
Im Metallbauunternehmen Rosenhagen GmbH in Burgwedel wird Präventionskultur systematisch gefördert. Ein Schlüsselelement dabei ist die Etablierung einer offenen Kommunikation unter Beteiligung aller Mitarbeiter. Die Einführung eines täglichen Morgenkreises stieß Anfangs auch auf Unverständnis, inzwischen wird der Wert offener Kommunikation über Erfolge wie Probleme jedoch sehr geschätzt. Eine positive Fehlerkultur sowie der Austausch zu sicherheits- und gesundheitsrelevanten Themen führte zur Umsetzung konkreter Verbesserungen wie z.B. ein neues Bestellsystem, ergonomische Optimierung am Arbeitsplatz und eine Firmen-App.
Weidmüller Interface GmbH & Co. KG
Die Weidmüller Interface GmbH & Co. KG in Detmold stellt elektrische Verbindungstechnik her. Zur weiteren Reduktion von Arbeitsunfällen setzte das Unternehmen bei der individuellen Einstellung der Mitarbeiter und einer positiven Arbeitsschutzkultur an: In mehreren Kreativworkshops wurde die Comicfigur Ferdi entwickelt, die in direkten und witzigen Geschichten Arbeitsunfälle erlebt und bei deren Vermeidung hilft. Dabei wird Ferdi von den Mitarbeitern nicht als belehrend empfunden, sondern mit viel Neugier und Interesse aufgenommen. Inzwischen werden die Comics unternehmensintern international in sechs Sprachen publiziert.
In der Kategorie „Betrieblich“ werden kreative und innovative Lösungen auf Betriebsebene ausgezeichnet, die der gesamten Belegschaft zugutekommen. Es sind nominiert:
DE-VAU-GE Gesundkostwerk Deutschland GmbH
Bei der DE-VAU-GE Gesundkostwerk Deutschland GmbH in Lüneburg haben vier Auszubildende gemeinsam mit einem Team einen Fruchtmassen-Abschneider erfunden, der bei der Produktion von Fruchtriegeln systembedingte Störquellen grundlegend beseitigt. Ein Drahtseil als Schneidewerkzeug samt einem ausgeklügelten System von optischen Abtastern sorgt dafür, dass Verstopfungen der Anlage samt stresserzeugender und gefährlicher Interventionen im laufenden Betrieb zuverlässig verhindert werden.
Felix Röwekämper
Der Mechatroniker Felix Röwekämper aus Ibbenbüren hat mit der Entwicklung eines Bohrmaschinenschraubstocks mit integriertem Aufspannmechanismus das Ziel verfolgt, das Bohren von Werkstücken auf Ständerbohrmaschinen deutlich sicherer zu machen. Im Gegensatz zu bisherigen Verfahren der Fixierung eines Schraubstocks samt Werkstück ist der von ihm gemeinsam mit dem Unternehmen Arnz Flott GmbH Werkzeugmaschinen entwickelte Mechanismus sehr einfach und flexibel. Mittels eines Spannhebels kann der Schraubstock einfach und schnell fest an den Tisch gezogen und so gut justiert werden.
WEC Turmbau GmbH
Der WEC Turmbau GmbH in Emden, Hersteller von Betonfertigteilen, ging es um die Minimierung des Unfallrisikos beim An- und Abschlagen großer Betonfertigteile. Dazu wurde eine Montagehilfe in Form von einfachen Stangenaufsätzen entwickelt, die ein Anschlagen von Kranhaken an Ösen bei großen Betonfertigteilen vom Boden aus ermöglicht. Damit werden die unfallträchtigen Arbeiten von einer Leiter aus unnötig, was zusätzlich zum Sicherheitsgewinn auch eine enorme Zeitersparnis mit sich gebracht hat.
In der Kategorie „Kulturell“ werden verhaltens- und verhältnisändernden Maßnahmen ausgezeichnet. Es sind nominiert:
Covestro Deutschland AG
Die Covestro Deutschland AG, Werkstoffhersteller mit Sitz in Leverkusen, hat ihre Mitarbeiter über die interaktive Präventionsaktion „BEGREIFEN – Bewusster mit Sicherheit“ für einen sicheren Umgang mit den Händen sensibilisiert. Gemeinsam mit der Eingliederungswerkstatt e.V. Krefeld-Uerdingen wurde ein Handschuh konzipiert, bei dem der Daumen mit einer Blindnaht versehen und daher nicht benutzbar ist. Mit diesem speziellen Handschuh konnten sich alle Mitarbeiter spielerisch und am eigenen Leib mit dem Thema Handsicherheit auseinandersetzen.
GE Healthcare GmbH
Das Azubi-/Studenten-Team der GE Healthcare GmbH in Solingen, erarbeitete eine Möglichkeit, die Mitarbeiter der Firma mit dem Konzept eines Escape Rooms auf moderne und spielerische Art für schwer zugänglichen Arbeitsschutzthemen zu sensibilisieren. Bei dem Projekt werden Teams von bis zu acht Mitarbeitern für 45 Minuten im „EHScape Room“ eingeschlossen, um sich über das Lösen verschiedener Rätsel wesentliche Grundlagen des Arbeitsschutzes kognitiv zu erarbeiten.
RWE Power AG
Die Essener RWE Power AG hat mit der „Safety Academy“ ein interaktives Spiel entwickelt, das die jährliche Sicherheitsunterweisung für den Verwaltungsbereich deutlich attraktiver als bisher gestaltet. Statt die Unterweisungspflicht durch ermüdende Frontalmonologe nur formal zu erfüllen, setzt das Spiel darauf, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz mit Spaß und im Dialog mit den Beschäftigten zu vermitteln. Auf diese Weise wird ein signifikanter Nachhaltigkeitseffekt der behandelten Themen erzeugt.
In der Kategorie „Persönlich“ werden Maßnahmen ausgezeichnet, bei denen Schutz, Sicherheit und Gesundheit des Einzelnen im Vordergrund stehen. Es sind nominiert:
Bielkine-Sattlerei
Die Sattlerei Bielkine in Hannover ist ein Fachbetrieb für Verarbeitung von Leder und Stoffen. Hier kam es bei einem Beschäftigten durch den Umgang mit latexhaltigen Stoffen zu allergieauslösenden Symptomen. Da eine Latex-Exposition im Betrieb nicht vermeidbar ist, drohte der Verlust eines erfahrenen Fahrzeugsattlers. Daraufhin wurde die Idee entwickelt, in der Halle einen eigens für die Verarbeitung von latexhaltigen Arbeitsstoffen ausgewiesenen, separaten Raum zu schaffen. Durch die luftdichte Isolation dieses Raums konnte der restliche Arbeitsbereich latexfrei gemacht und der Mitarbeiter weiter beschäftigt werden.
MAN Truck und Bus AG
Die MAN Truck und Bus AG in Salzgitter hat mit der Einrichtung eines Reinraums zwei Mitarbeitern mit akuten und chronischen Atemwegserkrankungen ein Arbeitsumfeld geschaffen, in dem sie arbeiten können und ihr Gesundheitszustand so gut wie möglich erhalten bleibt. Durch den Einbau spezieller Lüftermodule wurde für die Mitarbeiter, die im normalen Umfeld ihres Arbeitsbereiches unter massiven Gesundheitseinschränkungen leiden, ein Raumklima geschaffen, das ihre gesundheitlichen Beschwerden minimiert.
Universitätsklinik Bonn
In der Universitätsklinik Bonn wurde im Rahmen eines interdisziplinären Verbundprojektes empCARE ein empathiebasiertes Entlastungskonzept entwickelt und an über 280 Pflegenden implementiert. Hintergrund ist der Umstand, dass Empathie neben seiner wohltuenden Wirkung für Pflegende auch sehr belastend sein kann. Das Projekt umfasst ein zweitägiges Kompakttraining, in dem die Teilnehmer u.a. lernen, eigene Bedürfnisse mit den Bedürfnissen von Patienten und Angehörigen abzugleichen und in eine Balance zu bringen. Damit wird klassischen Belastungsfolgen wie Berufsunzufriedenheit, Depression, Burnout oder dem Wunsch den Beruf zu verlassen, vorgebeugt.
In der Kategorie „Newcomer“ werden Anbieter von Neuentwicklungen oder von wesentlichen Verbesserungen von Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen ausgezeichnet, die diese in den Markt gebracht haben und die die Arbeit von Menschen sicherer und/oder gesünder machen. Es sind nominiert:
Comnovo GmbH
Die Comnovo GmbH in Dortmund gehört zur Linde Material Handling GmbH, dem weltweit zweitgrößten Hersteller von Gabelstaplern. Dort wurde mit dem Linde-Safety-Guard eine Lösung entwickelt, um via Funktechnologie die Kommunikation zwischen Staplern und Hallenrolltoren zu ermöglichen. Das System beugt gefährlichen und teuren Kollisionen vor und minimiert durch das Verhindern unnötiger Toröffnungen Luftzug sowie Energieverlust in den Hallenbereichen – und damit auch mögliche Gesundheitsbeschwerden der Mitarbeiter.
LIV tec GmbH
Die LIV tec GmbH in Nürnberg entwickelt Positionierungssysteme für Menschen und Gegenstände. Solch ein innovatives, WLAN-basiertes Personen-Notsignal dient beispielsweise dem Schutz von Alleinarbeitern. Sie können im Notfall durch Absetzen eines willensabhängigen oder willensunabhängigen Notrufs schnelle Hilfe anfordern. Zusätzlich zur WLAN-Ortung lässt sich der Hilferufende auch per Bluetooth oder GPS mit hoher Genauigkeit lokalisieren. Die Kommunikation kann per Telefon, GSM, Internet, E-Mail oder SMS erfolgen.
Recalm GmbH
Die recalm GmbH ist ein Hamburger Start-up auf dem Gebiet der aktiven Lärmminderung. Um dem Stress- und Gefahrenfaktor Lärm innerhalb von Fahrzeugkabinen von Bau- und Landmaschinen entgegenzuwirken, entwickelt recalm ein innovatives Akustikgerät, das auf dem Prinzip der aktiven Lärmminderung beruht. Durch Aussenden eines Anti-Schall-Signals werden störende Signale ausgelöscht. Das über eine App gesteuerte System senkt den Lärm innerhalb der Kabine um bis zu 75 Prozent und erhöht so die Sicherheit und die Lebensqualität des Maschinenbedieners.