Barsinghausen. Wirtschaftlicher Not begegnen, helfen und dienen wollen – das waren die Grundgedanken der Sparkassenväter, die Anno 1866 die Gemeindesparkasse Barsinghausen ins Leben hoben. Bereits in der ersten Satzung wurde der Auftrag festgeschrieben: Den Sparsinn wecken und fördern, Gelegenheit zur sicheren und verzinslichen Anlage von Spargeld geben sowie „durch die Hergabe von Darlehen – insbesondere an die wirtschaftlich Schwachen – zu helfen“. An dieses eherne Fundament des Sparkassenwesens wurde anlässlich des Festaktes zum 150-jährigen Bestehens der heutigen Stadtsparkasse Barsinghausen erinnert. Es wurde aber auch gemahnt, dieses Fundament nicht weiter durch immer neue Vorschriften und Regularien ins Wanken zu bringen. Gleichwohl, erste Risse sind bereits erkennbar.
Von Wolf Kasse
Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit: Skrupellose Spekulanten und Banker, die den großen Deal machen wollten, erzeugten in den USA eine Immobilienblase, die sich nach den Gesetzen der Physik korrekt verhielt. Sie platzte, als der Druck zu hoch wurde. Namhafte Bankhäuser schlidderten in die Pleite, die Folgen wurde weltweit spürbar, auch in Europa. Grund genug für die Europäische Zentralbank (EZB), solchen Vorgängen künftig Einhalt zu gebieten. Die Vorschriften wurden entsprechend verschärft, doch das hat Folgen, die vermutlich so nicht beabsichtigt waren. So müssen nämlich nun die Geldinstitute – und damit auch die Stadtsparkasse Barsinghausen – bei den Vergaben von Krediten zur Wohneigentumsfinanzierung prüfen, ob die Kreditnehmer auch ohne den Wert der zu erwerbenden Immobilie solvent genug sind. Mit anderen Worten, wenn ich ein Haus und Grundstück im Wert von 500.000 Euro erwerbe, dann kann ich diesen Wert nicht mehr anteilig als Sicherheit einrechnen. Das macht es künftig vielen unmöglich, ein Haus zu kaufen – auch wenn sie die Finanzierung eigentlich bewältigen könnten. Und genau diese Vorschriften stehen in einem eklatanten Widerspruch zum Grundgedanken des Sparkassenwesens.
Ein Festredner mit Durchblick
Dass die Sparkassenidee aber nach wie vor gut und richtig ist, das unterstrich der Festredner. Günter Distelrath weiß, wovon er spricht. Als Geschäftsführer des Sparkassenverbandes Niedersachsen hat er den aktuellen Überblick über die Lage der Sparkassen im Land. Und als ehemaliges Vorstandsmitglied der Stadtsparkasse Barsinghausen hat er auch eine besondere Beziehung zur „SSK“. Exklusiv für das Deister Journal hat Günter Distelrath ein Grußwort zum Sparkassenjubiläum verfasst:
Es ist mir eine besondere Freude, der Stadtsparkasse Barsinghausen zum 150jährigen Jubiläum zu gratulieren. Denn ich habe ja auch eine persönliche Verbindung zur hiesigen Sparkasse: von 1981 bis 1985 war ich hier Vorstandsmitglied und damit markiert sie meine erste berufliche Station in Niedersachsen.
Das 150jährige Jubiläum der Stadtsparkasse Barsinghausen zeigt, dass die Sparkassenidee nach wie vor aktuell ist. Sie war bei der Gründung gut und richtig und das Geschäftsmodell hat sich bis heute erfolgreich durchgetragen. Dieser Erfolg kommt nicht von ungefähr. Er gründet auf einem Geschäftsmodell, das sich an den Bedürfnissen der Menschen sowie der Unternehmen vor Ort ausrichtet. Sparkassen machen Geschäfte, die sie verstehen, mit Menschen, die sie kennen. Ihr Auftrag hat seine Wurzeln in der kommunalen Daseinsvorsorge und damit stärken sie die Wirtschaft in ihrem Geschäftsgebiet. Daher sind Sparkassen auch eng mit den Kommunen und den Menschen vor Ort verbunden. Sparkassen setzen auf die Kraft der Dezentralität und auf eine geschäftliche Philosophie, die sich seit über 200 Jahren nicht geändert hat: Werte wie Verlässlichkeit, Nachhaltigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Nähe und Menschlichkeit stehen im Mittelpunkt ihres Handelns. Das gilt für uns auch in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung.
Das Geschäftsmodell der Sparkassen hat viele turbulente Zeiten mit gesellschaftlichen Umbrüchen, mit zwei Weltkriegen, mit Währungsumstellungen, Wirtschafts- und Finanzkrisen überstanden. Derzeit stehen sie vor der großen Herausforderung, ihr Geschäftsmodell im Spannungsfeld aus niedrigen Zinsen, Regulierung, zunehmendem Wettbewerb, Digitalisierung und demografischem Wandel erfolgreich in die Zukunft zu überführen. Dabei sind die Kollateralschäden infolge des niedrigen Zinsniveaus immens. Es trifft besonders die Sparer sowie Kreditinstitute, deren Hauptgeschäft die Aufnahme von Einlagen und die Vergabe von Krediten ist. Dieses traditionelle Geschäftsmodell gerät immer mehr unter Druck. Und dieser Druck wird durch die zunehmende Regulierung weiter erhöht. Daher appellieren wir an die EZB, deren Unabhängigkeit wir sehr schätzen, von der derzeitigen Geldpolitik Abstand zu nehmen. Von den Aufsichtsbehörden sowie dem deutschen Gesetzgeber wünschen wir uns, dass die Anforderungen praxis- und verursachergerecht umgesetzt werden. Grundsätzlich sollte Regulierung endlich so ausgestaltet werden, wie sie ursprünglich gedacht war: systemrelevante Banken so zu regulieren, dass sie keine Gefahr mehr für die Stabilität des Finanzsystems darstellen. Gerade kleine und mittlere Kreditinstitute ohne internationale Verzahnung sollten nicht weiterhin überproportional stark belastet werden.
Die Stadtsparkasse Barsinghausen ist seit 150 Jahren eine solide, verlässliche Größe. Das ist etwas Besonderes und Ausdruck außerordentlicher Stabilität. Und Stabilität ist – das haben uns die vergangenen und gegenwärtigen Jahre gelehrt – ein ganz wichtiger Faktor, besonders in der Finanzbranche. Mit einer Bilanzsumme von rund 315 Millionen Euro und über 100 Mitarbeitern gehört sie zwar zu den eher kleinen Sparkassen, aber sie ist wirtschaftlich stark, arbeitet mit großem Einsatz sehr gut am Markt und hat sich hervorragend entwickelt. Ihre lange Geschichte ist der Beweis, dass man mit realem Bankgeschäft, Solidität, nachhaltigem Wirtschaften und guter Beratung zufriedene Kunden hat und letztlich erfolgreich ist. Und das ist eine gute Basis, um die kommenden Aufgaben anzugehen. Ich wünsche der Stadtsparkasse Barsinghausen für die Zukunft alles Gute sowie weiterhin viel Erfolg und zahlreiche zufriedene Kunden.
Herzlichen Glückwunsch zu 150 Jahren!
Ihr Günter Distelrath
Vertrauensvoller Partner für die Stadt
Über die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Rat und Verwaltung sprach der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Roland Zieseniß, der die rund 120 Gäste, die am Festakt im Saal des Restaurants Stillers teilnahmen, begrüßte. Er versprach, dass man alles dafür tun werde, damit die Stadtsparkasse ihren Auftrag auch künftig erfüllen könne. Bürgermeister Marc Lahmann hob hervor, dass sich die Stadtsparkasse als „innovatives und leistungsfähiges Unternehmen“ stets auf die Veränderungen im Finanzmarkt eingestellt habe, um ihren heute rund 17.500 Kunden dauerhaft ein vertrauensvoller Partner zu sein. Immerhin, so Lahmann, habe rund die Hälfte aller Barsinghäuser Bürger ein Konto bei der Stadtsparkasse, das sei eine gute Quote.
Durchaus nicht selbstverständlich sei es, dass eine Stadt wie Barsinghausen heutzutage noch eine „eigene“ Sparkasse habe. Darauf sei man stolz. Die Partnerschaft sei geprägt von einer vertrauensvollen und engen Zusammenarbeit, darüber freue man sich sehr: „Dies schafft die Möglichkeit, in besonderen Situationen schneller handeln und gute Lösungen finden zu können“, so der Verwaltungschef. Die Partnerschaft trage zudem zu einer positiven Wirtschaftsförderung der Stadt Barsinghausen bei. Lahmann zeigte sich zuversichtlich, dass diese „erfolgreiche Zusammenarbeit auch weiterhin Bestand haben wird“.
In Zeiten klammer Haushaltskassen ist ein weiterer Aspekt der „Stadtsparkasse“ sicher nicht ganz unwichtig. Die engagiert sich nämlich für soziale, kulturelle, sportliche und andere gemeinnützige Projekte. Davon profitieren zahlreiche Vereine und Institutionen. Allein im vergangenen Jahr stellte die Stadtsparkasse rund 150.000 Euro aus eignen Mitteln und aus Erlösen der hauseigenen Sparkassenstiftung für solche Zwecke zur Verfügung. Darüber hinaus engagieren sich auch viele Sparkassenmitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unterschiedlichster Form. So ist unter anderem der Vorstandsvorsitzende Reinhard Meyer ehrenamtlich bei der Bürgerstiftung Barsinghausen tätig und seine Vorstandskollegin leitet als Vorsitzende den Förderverein des Besucherbergwerks Barsinghausen.
Der Blick in die Zukunft
Reinhard Meyer und Britta Sander haben einen Blick in die Zukunft der Stadtsparkasse Barsinghausen gewagt, und Meyer sprach zunächst von einer „Fülle an Themen und Aufgaben“, vor die man sich gestellt sehe. Da seien die aufsichtsrechtlichen Herausforderungen zu meistern, und da sei das Ziel, die Kunden noch qualifizierter und professioneller zu beraten und dadurch das Geschäft zu erweitern. Noch mehr Menschen von den „zweifelsohne vorhandenen Vorteilen, Kunde der Stadtsparkasse Barsinghausen zu sein“, zu überzeugen, neue Geschäftsfelder zu erkunden und daraus zusätzliche Erträge zu generieren, auch das stehe auf der Agenda. Meyer sprach aber auch von der Notwendigkeit, die eigene Arbeitsweise tagtäglich neu zu hinterfragen, gewohnte Routinen zugunsten neuer und effizienterer Wege und Arbeitsabläufe aufzugeben sowie die Kolleginnen und Kollegen in ihren Handlungsmaximen im gleichen Maße zu verändern und zu begeistern.
Es sei zudem notwendig, eigene Gewohnheiten im Umgang mit Banking und Finanzen und die Gewohnheiten und Bedürfnisse der Kunden zu analysieren, die Veränderungen in unserer Gesellschaft zu erkennen und zu beobachten und nicht zuletzt das wachsende Angebot an technischen Hilfsmitteln wahrzunehmen. Smartphone, Tablet oder PC seien die Informationstechnologien, die „uns und allen Menschen zur Verfügung stehen“. Aber natürlich ist nicht alles schön, was da mit den modernen Technologien einherkommt. Gerade wenn es um das liebe Geld geht, sind die Institute besonders gefordert in Sachen Datensicherheit.
Nimmt man all diese Aufgaben und die stetig steigenden Anforderungen der Regulatorik zusammen, dann wird schnell klar, dass auf das Sparkassen-Team viel Arbeit zukommt. Meyer und Sander sind sich sicher, dass diese Arbeit zu bewältigen ist, wenn man sich auf die vorhandenen Stärken besinnt. Dazu zählen die Flexibilität und Kreativität, die die SSK aufgrund ihrer Größe ausspielen kann – „auch außerhalb der Öffnungszeiten“, wie Meyer betont. Aber auch flache Entscheidungsstrukturen, detallierte Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten und vor allem die große Nähe zu den Kunden aus allen Bevölkerungsschichten seien in die Waagschale zu werfen. „Wir, Frau Sander und ich, sprechen von zur Zeit 102 Menschen, die hoch motiviert sind, die nächsten Jahrzehnte Stadtsparkasse Barsinghausen in Angriff zu nehmen“, so Meyer. Und weiter: „Mit Blick auf die Zukunft der Stadtsparkasse Barsinghausen sage ich aus tiefster Überzeugung: Wir schaffen das!“
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft boten eine Menge Gesprächsstoff, und Stillers Restaurant bot dafür den richtigen Rahmen im Anschluss an den offiziellen Festakt. Ein Flying Dinner und Musik vom Knut Richter Trio trugen zur Wohlfühl-Atmosphäre bei, und wer mochte, der konnte auch noch einen Abstecher in den Raum für Kunst machen, denn Friedrich Holtiegel, Vorsitzender des Kunstvereins Barsinghausen, hatte eigens für den Festabend eine Sonderöffnung ermöglicht. Eines gab es übrigens nicht an diesem Abend: Geschenke. Der Sparkassenvorstand hatte bereits bei der Einladung darum gebeten, auf die üblichen Blumengrüße und ähnliches zu verzichten und stattdessen eine Spende auf ein Sonderkonto zu Gunsten der Barsinghäuser Bürgerstiftung einzuzahlen. „Danke für die vielen und großzügigen Spenden, die uns erreicht haben oder vielleicht auch noch erreichen“, sagte Reinhard Meyer. Er begrüßte Werner Tölcke, den ehrenamtlichen Vorsitzenden der Bürgerstiftung, und konnte mitteilen, dass bereits mehr als 3.000 Euro auf dem Spendenkonto eingegangen seien. „Herr Tölcke leistet in Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern der Stadt Großartiges“, honorierte Meyer die Arbeit der Bürgerstiftung und ihres Vorsitzenden.