Goltern millionenfach im Fokus – wegen Groundhopper Vortmann

Barsinghausen (ehn/eb). Ein Banner hängt am Zuschauerzaun, Goltern steht darauf geschrieben. Tausende, ja sogar Millionen Menschen fällt der Schriftzug plus 96-Emblem an jedem Wochenende in den Fußballstadien wie auch an den Fernsehbildschirmen immer wieder ins Auge – nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene. Lokale Insider wissen natürlich, wer dahinter steckt: Es ist René Vortmann.

Was steckt aber konkret dahinter? Hannover 96 hat damit nichts zu tun, auch wenn das Banner seinen festen Stammplatz in der Nordkurve der Arena hat. Die Stadt Barsinghausen noch weniger. Und der Ortsteil Goltern? Richtig, zu dem Barsinghäuser Ortsteil fühlt sich René Vortmann nach eigener Aussage hingezogen. Eitel-Heinz Neumann, von Haus aus eigentlich eher Tenniscrack oder Boule-Pate, traf den „Groundhopper“ (so der Fachbegriff derartiger Fußballfans) – logisch: in Goltern, genauer gesagt im TSV-Vereinsheim am Ohweg. Vortmann stand Neumann Rede und Antwort. Hier ist das Interview

René Vortmann: Ein junger Mensch, heute 40 Jahre, steht mit beiden Beinen im Leben, ein Mensch voller Impulse. Unter Pferdezüchtern würde man sagen: „Er ist ein Vollbluthengst“. Wir sagen: „Er ist ganz normal“, hat seine Hobbys, geht einem ordentlichen Beruf nach und liebt seine Familie, die in Hannover heimisch ist. Sein Engagement im sportlichen Leben zeichnet ihn besonders aus. Das Wochenende gehört dem Sport. Wählt man das Gesprächsthema Sport, so muss man aufpassen, dass man nicht überrollt wird. Es ist schwer, ihn zu stoppen. Er weiß viel, kennt fast alle wichtigen Stadien in Deutschland und Europa. Und er kennt auch viele Menschen, Fußballer und ganz allgemein Sportler. Stadt und Ortsteil können sich darüber freuen, diesen Mann zu kennen. Er ist ein Juwel als Werbeträger, ganz umsonst. Uneigennützig und aufgeschlossen, aber mit einer geballten Macht an Willen und Fair Play ausgestattet.

Foto-1---Banner---Vortmann
Bekanntes Banner: René Vortmann (Zweiter von rechts) mit Eitel-Heinz Neumann (rechts) sowie Karl-Wilhelm Friedrich (ganz links) und Georg Olfermann vom Vorstand des TSV Goltern.

Frage: Sind Sie der absolute 96-Fan?
Vortmann: Ich besuche Heimspiele grundsätzlich. In den letzten 15 Jahren habe ich höchstens zwei Heimspiele verpasst. Der Sport hat mich grundsätzlich eingefangen. Es geht nicht nur um Hannover 96. Sport und Sportanlagen sind für mich einfach eine Faszination. Meine Mutter denkt natürlich anders darüber.

Frage: Besuchen Sie die Bundesligaspiele allein?
Vortmann: Nein, in den Heimspielen begleiten mich noch einige Mitstreiter wie Friedel Homann und Klaus Pietsch aus Goltern. Natürlich auch TSVer und 96-Fans.

Frage: Beschreiben Sie doch einmal den ersten Saison-Heimspieltag…
Vortmann: Nun, das ist eigentlich immer der wichtigste Besuch. Das betrifft die Hin- beziehungsweise Rückrunde. Standort für den Banner sichern. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz unter den Gleichgesinnten. Wer zuerst hängt, hat die Sicherheit für die erste Halbsaison. Das mache ich schon zwei Stunden vor Spielbeginn. Bei Auswärtsspielen kooperiere ich mit dem Freund aus Walsrode.

Frage: Wer ist ihr Lieblingsspieler bei Hannover 96?
Vortmann: Die Frage habe ich befürchtet. Heute ist das schwer zu sagen, es gibt keine Spieler mehr, die noch ein wirkliches 96-Herz haben. Die Zeit ist vorbei. Die immer steigenden Gehälter haben aus meiner Sicht vieles verändert. Die Identifikation mit dem Verein gibt es nur noch selten. Das betrifft aber auch andere Vereine.

Frage: Sind Sie ein Heimspielfan?
Vortmann: Ich besuche heute Stadien neben Hannover noch in ganz Deutschland und teilweise darüber hinaus – bis zur 3. Liga.

Frage: Das ist ja ein richtiger Werbefeldzug für Goltern. Warum die Identifikation ausgerechnet mit Goltern?
Vortmann: Na ja, ich habe von 1993 bis 1996 im Schwimmbad Goltern eine Lehre zum Schwimmmeister-Gesellen gemacht und somit die ersten Kontakte zu Goltern geknüpft. Einige Jahre später wurde ich, anlässlich eines Schützenausmarsches in Hannover, von einem Golterner Spieler angesprochen, die noch Verstärkung für die II. Herren suchten. Ab 2003 spielte ich beim TSV Goltern Fußball. Heute allerdings nicht mehr oder nur in Ausnahmefällen. Später wurde eine neue III. Herren gegründet. Mein Bruder ist heute noch Trainer der Dritten. Ich werde allerdings nur noch selten eingesetzt. Mein Hobby vereinnahmt mich sehr. Mein Pass liegt aber noch immer beim TSV Goltern.

Frage: Sind Sie ein Golterner?
Vortmann: Nein und ja. Ich wohne in Empelde und fühle mich nach Goltern hingezogen. Bin auch noch offizielles Mitglied im TSV. Für mein zweites Hobby mache ich noch Bandenwerbung für meine DJ-Auftritte. Übrigens, auf dem ersten Banner stand „Goltersche Jungs“. Das hing mit meiner III. Herren zusammen. Leider zogen sie nicht alle mit, woraus dann zwei Jahre später der Schriftzug Goltern entstand.

Frage: Was geben Sie im Monat für diesen Spaß aus?
Vortmann: Mit Sicherheit zu viel, aber circa 500 Euro kommen schon zusammen.

Frage: Ein teures Hobby. Werden Sie gesponsert?
Vortmann: Nein. Hier bewahre ich mir noch ein Stück Freiheit. Natürlich hätte ich nichts dagegen, wenn die eine oder andere Spende käme.

Frage: Wenn man das richtig sieht, bringt das Hobby auch Stress mit sich, oder?
Vortmann: Ja natürlich. Manchmal merke ich es schon. Ich dosiere meine Einsätze aber sehr genau.

Frage: Geben Sie doch einmal einen Einblick in ihren Wochenendkalender…
Vortmann: Zum Beispiel das vergangene Wochenende von Freitag bis Sonntag. Freitag mit der Bahn zum Spiel Stuttgarter Kickers gegen Magdeburg. Nach dem Spiel zurück mit dem Nachtzug. Samstag um 8 Uhr der Aufbau meiner Musikanlage für eine Abendveranstaltung. Um 13.30 Uhr das Goltern-96-Banner im Stadion aufhängen. 15.30 Uhr beginnt das Spiel gegen Dortmund. Von 18 bis 2 Uhr nachts DJ-Musik. Sonntag dann um 10.30 Uhr zum Spiel Meppen gegen Norderstedt aus der 4. Liga. Danach noch zum Handball, 2. Bundesliga Lingen gegen Dormagen. Gegen 21.30 Uhr wieder zu Hause.

Frage: Was sagt denn ihr Arbeitgeber?
Vortmann: Meine Arbeit darf darunter nicht leiden. Hier finde ich großzügige Unterstützung, auch wenn ich manchmal nerve. Danke, liebe Kollegen.

Frage: Das Banner ist auch bei Auswärtsspielen zu sehen. Wie viele 96-Auswärtsspiele besuchen Sie?
Vortmann: Wenn es mein Beruf und mein Geldbeutel zulassen, versuche ich alle Spiele zu besuchen, wenn es keine Überschneidungen mit meinen Arbeitsterminen gibt. Im vergangenen Jahr habe ich zum Beispiel viermal gefehlt. Da unterstützen mich meine beiden Freunde aus Wennigsen und Walsrode.

Frage: Bekommen Sie von 96 eine Eintrittsvergünstigung?
Vortmann: Leider nein.

Frage: Haben sie noch einen realistischen Wunsch?
Vortmann: Ja, einmal Stadionsprecher bei Hannover 96 zu sein. Vielleicht zunächst mal einen Test.

Frage: Zum Abschluss – gibt es eine Lebensgefährtin?
Vortmann: Nein, ich bin sicherlich nicht einfach, aber in der Hinsicht offen. Ein Zugeständnis für mein Hobby benötige ich aber. Noch besser, sie hätte Sport als Hobby.

Stammplatz im 96-Stadion: Das Goltern-Banner hängt stets in der Nordkurve – daneben die Freunde aus Wennigsen und Walsrode. Fotos: privat
Stammplatz im 96-Stadion: Das Goltern-Banner hängt stets in der Nordkurve – daneben die Freunde aus Wennigsen und Walsrode. Fotos: privat