Gehoben und verschoben: Der Findling von Ostermunzel

Barsinghausen. Am Ende brachte er nun 27,5 Tonnen auf die Waage – der „Koloss von Ostermunzel“. Der Faszination für den Findlingsfund auf einem Acker des 350-Seelen-Dorfes tat dies keinen Abbruch. Hunderte verfolgten, wie der steinalte Gneis mit schwerem Gerät geborgen und zu seinem neuen Standort an einem nahegelegen Fahrrad- und Wandergerät gebracht wurde, wo Grill- und Infostände für die Schaulustigen aufgebaut waren.

Von Klaus Abelmann

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Auf geht`s: Der steinerne Koloss hebt ab.

Geologen schätzen das Alter des Findlings auf über eine Milliarde Jahre. Mit den Gletschern der Saale-Eiszeit ist er vor etwa 200.000 Jahren in die Region Hannover gelangt. Das unerwartete „Untergewicht“ des dennoch imposanten Stein erklärt Dr. Heinz-Gerd Röhling vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie mit der besonderen Form des Findlings: Er ist unten wie glatt abgeschnitten.

Initiiert hatte die Bergung die Region Hannover, die dem gewaltigen Gneis den Rang eines Naturdenkmals zuerkannte. Im letzten Jahr war ein Landwirt beim Pflügen auf den Gast aus Skandinavien gestoßen. „Es handelt sich um einen bemerkenswerten und für Niedersachsen äußerst seltenen Fund, der viel über die Erdgeschichte erzählen kann“, so Prof. Dr. Axel Priebs, Umweltdezernent der Region Hannover. „Den eindrucksvollen Stein wollten wir daher an einem Ort zugänglich machen, der für die Öffentlichkeit gut erreichbar ist.“

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Sicherheit ist oberstes Gebot: Der Findling wird an die Kette gelegt.

Zur Bergung beauftragte die Region Hannover ein spezialisiertes Unternehmen, das den Stein mit einem Kran zu seinem Ausstellungsplatz bewegte. Die Kosten für die Verlagerung betragen etwa 15.000 Euro und werden von der Region Hannover getragen. Eine Tafel, die über den Stein und seine Geschichte informiert, soll noch aufgestellt werden.

Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie hatte den Findling untersucht und festgestellt, dass er die Anforderungen zur Anerkennung als Naturdenkmal erfüllt. Der Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler und die Deutsche Geologische Gesellschaft haben Gneis zum „Gestein des Jahres 2015“ erklärt. Gneise kann man unter den ältesten Gesteinen der Erde finden. Die Gesteinsformationen Gneise treten weltweit auf, in Deutschland häufig auch als eiszeitliches Geschiebe an norddeutschen Küsten oder im norddeutschen Tiefland. Dorthin wurden sie zusammen mit anderen Gesteinen durch die Gletscher und Schmelzflüsse der letzten Eiszeit aus Skandinavien verfrachtet.

Bei Gneis handelt es sich um ein sogenanntes metamorphes Gestein, also um ein Gestein, das durch erhöhte Druck- und Temperaturbedingungen sowie sehr lange Zeiträume wie sie bei der Gebirgsbildung herrschen, aus verschiedenen Ursprungsgesteinen entstanden ist. Diese Ursprungsgesteine können Sedimente oder Verwandte des durch Schmelzprozesse gebildeten Granits sein. Die Geowissenschaftler, die die schon fast kriminalistische Aufgabe vor sich haben, diesen Ursprung zu identifizieren, müssen sich einzelne Minerale und das Gefüge des Gneises genau anschauen, um die Bildungsbedingungen und die Geschichte des Gneises zu ergründen.

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Schnappschuss mit Gneis: Die Verantwortlichen für das große Steinerücken.

 

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