Region. Geschafft! Es kommt zusammen, was schon einmal zusammen gehörte. „Hannovers Fußball immer Hand in Hand – niemals getrennt in Stadt und Land.“ Dieser zweifellos etwas pathetisch klingende Titel einer Chronik aus dem Jahre 1976 hat seit dem 1. Juli 2018 wieder Bestand. Nach Auflösung der beiden NFV-Kreise Hannover-Land und Hannover-Stadt erfolgte am Samstag beim Gründungskreistag im Stadthaus Burgdorf nur wenig später die Gründung des neuen NFV-Kreises Region Hannover.
Von Erk Bratke
Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: Bereits Ende der 1940er Jahre hatten sich die Fußballer aus Hannover-Stadt und Hannover-Land zu einem Fußball-Großkreis zusammengeschlossen und damit einen Schritt getätigt, der nun – etliche Jahrzehnte später – erneut bevorstand. Warum eigentlich? Nach der in den 1970er Jahren durchgeführten Gebiets- und Verwaltungsreform hatte der Verbandstag des Niedersächsichen Fußball-Verbandes (NFV) im September 1972 den Beschluss gefasst, wonach grundsätzlich die künftigen NFV-Kreise den kommunalen Grenzen anzugleichen sind. Dieser Beschluss wurde 1975 vom Verbandsportgericht bestätigt und führte trotz heftiger Gegenwehr des hannoverschen Fußballs zur Trennung. So entstand am 1. April 1977 der Fußballkreis Hannover-Land, ehe am 12. Juni desselben Jahres der Fußballkreis Hannover gegründet wurde.
41 Jahre später sind beide Kreise in ihrer Eigenständigkeit Geschichte, denn auch heuer führte ein sportpolitischer Hintergrund zur abermaligen Fusion. Wieder ist es die Angleichung an die kommunalpolitischen Grenzen. Auf dem NFV-Verbandstag 2014 erfolgte eine Satzungsänderung, nach der „nicht mehrere NFV-Kreise in den Grenzen einer Verwaltungsgliederung des Landes bestehen dürfen.“ Da beide Fußball-Kreisverbände der 2001 gebildeten Region Hannover angehören, führte jetzt also eine Bestimmung zur Einheit, die 1977 zur Teilung geführt hatte.
Auflösung der NFV-Kreise Hannover und Hannover-Land
Zeitgleich kamen am vergangenen Samstag die Delegierten der „Stadt- und Land-Fußballer“ im Burgdorfer Veranstaltungszentrum zusammen. Friede, Freude, Ehrungen, Abgesang. Nach seiner Gründung vor 41 Jahren in Barsinghausen wurde der NFV-Kreis Hannover Land, zu dem auch die Vereine aus dem Springer Umland gehören, „zu Grabe getragen“. Die Auflösung erfolgte einstimmig – ebenso wie parallel bei den Vereinskollegen aus der Landeshauptstadt. Nach den Rechenschaftsberichten des Vorstandes und der Ausschüsse gab Werner Guder (TSV Sievershausen) den Bericht der Rechnungsprüfer und empfahl die Entlastung des gesamten Vorstands, die wenig später bei zwei Enthaltungen erfolgte.
Damit war der Weg frei für die Fusion. Gleichwohl galt es, Dank zu sagen. Seit 2010 fungierte Berthold Kuban (TSV Kirchdorf) als stellvertretender Vorsitzender im NFV-Kreis Hannover-Land. Da sein ehrenamtliches Engagement – im Besonderen in seinem Heimatclub – aber schon mehr als 25 Jahre andauert, erhielt Kuban die Silberne Ehrennadel des Kreises überreicht. „Eine Ära geht zu Ende“ bekräftigte Ulf Meldau, frisch gekürter Vorstand des Regionssportbundes (RSB) Hannover und Vorsitzender des SV Lehrte 06, im doppelten Sinn. Neben der Kreisauflösung meinte er auch die Amtsniederlegung von Fritz Redeker, dem er gleichzeitig die Goldene Ehrennadel von RSB und LSB (Landessportbund) überreichte. Redeker ging nach unglaublichen 48 Jahren in die „Fußball-Rente“. Sein Engagment war vielfältig, begann als einfacher Jugendtrainer und lief über Funktionen auf Kreis- und Bezirksebene bin hin zu Verbandsaktivitäten.
Auch Rainer Bölke, stellvertretender Vorsitzender des FC Eldagsen, hatte sich zu Wort gemeldet und Redeker im Namen aller Vereine für seine Verdienste gedankt. Obwohl es auf der Landkarte wohl kaum einen Verein gibt, der weiter von Redekers Heimatclub Mariensee entfernt liegt als der von Bölke, seien die Kontakte stets freundschaftlich und zielführend gewesen. Bölke: „Fritz Redeker ist eben ein Vorsitzender für die gesamte Region gewesen.“ Indes beschloss die Versammlung, den scheidenden Kreisvorsitzenden beim anschließenden Gründungskreistag sogleich als erstes Ehrenmitglied des neuen Fußballkreises zu bestimmen (was die Delegierten am Nachmittag auch einstimmig beschlossen). Redeker zeigte sich sichtlich gerührt ob der zahlreichen Auszeichnungen und schloss seine letzte Versammlung mit den vielsagenden Worten: „Wir schließen die Pforten.“ Dem neu zu wählenden Vorstand wünschte er eine gute Zusammenarbeit mit allen Vereinen, die vor allem durch Respekt und Toleranz geprägt sein sollte.
Fusion: Region Hannover bundesweit größter NFV-Kreis
Alle Vereine, das heißt nunmehr 243 Clubs aus Stadt und Land. Davon waren 197 Vereine durch ihre Delegierten beim Gründungskreistag vertreten. Das, was im Spielbetrieb schon seit der gerade abgelaufenen Saison 2017/2018 vollzogen worden war, wurde nun auch formell bestätigt: der Übergang zum NFV-Kreis Region Hannover. Mit August-Wilhelm Winsmann, stellvertretender NFV-Präsident und Vorsitzender des NFV-Bezirks Hannover, hatte man den passenden Versammlungsleiter schnell gefunden. „Das ,was hier heute geschieht, hat eine Signalwirkung für viele kleinere Kreise. Es ist der richtige Schritt in die Zukunft“, schob „Auwi“ Winsmann den Wahlvorgängen voran. Aktuell sei der Niedersächsische Fußball-Verband dabei, Fusionen voran zu treiben und damit seine Kreis-Quantität von ehemals knapp 50 auf nunmehr 33 zu verringern. Was in Hannover passiere habe etwas Historisches, denn das neue Gebilde stelle sich größer dar als beispielsweise die Landesverbände in Bremen oder des Saarlandes. Gleichwohl wäre es ein wichtiger Schritt zur Erfüllung des DFB-Masterplans für den Amateurfußball. Profi- und Amateursport würden einander bedingen, betonte Winsmann.
Nachdem die anwesenden Delegierten (mit insgesamt 1921 Stimmen, was rund 81 Prozent aller betroffenen Fußballclubs ausmachte) den Zusammenschluss zum Nachfolgeverband offiziell beschlossen hatten, wurden die Ämter besetzt. Die Wahlen verliefen erwartungsgemäß, auch wenn im Vorfeld durch die Kandidatur zweier Köpfe für den Spielausschussvorsitz von einer speziellen Brisanz gesprochen worden war. Neuer Vorsitzender ist Jens Grützmacher. Der 47-jährige Rechtsanwalt für Immobilienrecht fungiert seit drei Jahren als Vorsitzender beim NFV-Kreis Hannover-Stadt. Zuvor war er seit 2010 in der Position des Stellvertreters aktiv gewesen. Als Schiedsrichter und Schiedsrichterobmann wirkte Grützmacher früher für die TSG 93 Hannover und seit der Auflösung der TSG-Fußballabteilung aktuell für die SG 74 Hannover. Sein Führungsteam umfasst insgesamt 80 Personen.
Zum Geschäfstsführenden Vorstand (GeVo) gehören neben Grützmacher Eberhard Wacker (SV Herhta Otze), Dr. Jan-Christoph Weise (SC Boni), Andreas Uherek (VfB Wülfel), Dieter Drape ( TSV Mühlenfeld) und Jürgen Hendler (MTV Rethmar). Ferner wurden die Ausschussämter neu besetzt. Hier und da gab es Gegenstimmen, in der Konsequenz erhielten aber alle Personen weitreichende Mehrheiten.
Lediglich die Wahl zum Spielausschussvorsitzenden lief geheim, was die Satzung bei zwei Kandidaten vorschreibt. Beide hatten vor der Wahl Gelegenheit, sowohl ihr Team als auch ihre Vorhaben vorzustellen. Thorsten Schuschel, der dieses Amt seit dreieinhalb Jahren bereits in der Region ausgeübt hatte, gewann die Wahl gegen den bisherigen Staffelleiter und Gegenkandidaten Murad Cetinkaya aus Embeckhausen (NDZ berichtete) mit rund zwei Dritteln der Stimmen. Konkret: 1218 zu 612 Stimmen. Es verging nur wenig Zeit, da gaben sich die beiden Kontrahenten einander die Hand. Schuschel, der gleichzeitig auch den Spielausschussvorsitz im Bezirk Hannover inne hat, hatte sehr wohl die teilweise bestehende Unzufriedenheit der Vereine – vornehmlich aus der Region – bemerkt und forderte in seinen Dankensworten dazu auf, die Arbeit des Ausschusses weiterhin kritisch zu beoabchten.
Fußball der Zukunft: Mit der Ehrung von zahreichen Juniorinnen und Junioren sowie reichlich Beifall schlossen die Delegierten diesen historischen Tag für Hannovers Fußball ab. Die Nachwuchskicker hatten sich rückblickend in Kreis- und Bereichsauswahlteams für DFB-Stützpunkte hervorgetan. Die Mädchen und Jungen erhielte kleine Präsente und gute Wünsche für die weitere Laufbahn. Gut ausgebildete Jungkicker kann Fußball-Deutschland ja durchaus gebrauchen – denkt man an die miserabel verlaufene WM in Russland…
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Gegen Ende der Gründungsversammlung wurden die neuen Staffeleinteilungen für die anstehende Saison 2018/2019 ausgehängt. Zahlreiche Delegierte meldeten das „Brandneue“ sogleich per Smartphonefoto in die jeweiligen Clubhäuser. Allerdings: Vieles ist bereits wieder Makulatur, denn wie Staffelleiter Henning Wolters zwei Tage später mitteilte, liefen etliche Vereine Sturm gegen die Neueinteilung. Der Spielausschuss zeigte sich flexibel und ließ „machbare Wünsche“ seiner Vereine einfließen.
Wesentliche Veränderungen gegenüber dem ersten Plan betraf auch die Kreisliga 3 mit Beteiligung der Teams aus Barsinghausen, Wennigsen und Gehrden, die nunmehr folgendes Bild respektive teilnehmende Mannschaften zeigt: TSV Kirchdorf, SG 05 Ronnenberg, TuS Wettbergen, Mühlenberger SV, TV Jahn Leveste, SV Weetzen, TSV Goltern, TSV Barsinghausen II, TSV Wennigsen, TSV Ingeln/Oesselse, SV Germania Grasdorf, TSV Pattensen II, BSV Gleidingen, SV Wilkenburg, TSV Gestorf, FC Eldagsen II und FC Springe. Die Staffel 3 scheint nicht nur besonders spielstark zu sein, sondern geht obendrein auch als einzige der insgesamt vier Kreisliga diesmal mit 17 gegenüber zuvor 16 Startern ins Rennen.