IG BAU appelliert an Reinigungskräfte: Keine schlechteren Arbeitsverträge unterschreiben

18.600 Beschäftigten in Hannover drohen massive Einbußen

Reinigungskräfte sind auf jeden Euro angewiesen. Jetzt wollen ihnen die Arbeitgeber Zuschläge und Urlaubstage streichen. Die Gebäudereiniger-Gewerkschaft IG BAU spricht von einem „Schlag ins Gesicht“ der Beschäftigten – und ruft zu einem „heißen Sommer“ in der Branche auf. Foto: IG BAU
Reinigungskräfte sind auf jeden Euro angewiesen. Jetzt wollen ihnen die Arbeitgeber Zuschläge und Urlaubstage streichen. Die Gebäudereiniger-Gewerkschaft IG BAU spricht von einem „Schlag ins Gesicht“ der Beschäftigten – und ruft zu einem „heißen Sommer“ in der Branche auf. Foto: IG BAU

Hannover (red). Weniger Urlaubstage, gestrichene Zuschläge, Arbeit auf Abruf: Einem Großteil der rund 18.600 Reinigungskräfte in der Region Hannover drohen ab sofort massive Einbußen. Das berichtet die Gebäudereiniger-Gewerkschaft IG BAU – und ruft die Beschäftigten dazu auf, die Einschnitte nicht hinzunehmen.

„Aktuell legen viele Chefs ihren Mitarbeitern neue Arbeitsverträge zu deutlich schlechteren Konditionen vor. Die sollte keiner unterschreiben“, warnt IG BAU-Bezirksvorsitzende Stephanie Wlodarski. Nach Angaben der Arbeitsagentur arbeiten in Niedersachsen insgesamt knapp 62.000 Menschen in der Gebäudereinigung.

Wenn die Arbeitgeber bei dieser Praxis bleiben und die anstehenden Tarifverhandlungen blockieren, wird die Reinigungsbranche einen „heißen Sommer“ erleben. „Auch in Hannover könnten dann Schulen, Büros und Krankenhäuser schmutzig bleiben“, so Wlodarski. Die Friedenspflicht zwischen IG BAU und Arbeitgebern lief Ende Juli aus.

Zum Hintergrund

Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks hat den Rahmentarifvertrag für die Branche zum 31. Juli gekündigt. Bevor Gewerkschaft und Arbeitgeber am 15. August über einen neuen Vertrag verhandeln, sollen nach Beobachtung der IG BAU in der Zwischenzeit die Standards gedrückt werden. „Statt bisher 28 oder 30 Tagen Urlaub sollen Beschäftigte jetzt das gesetzliche Minimum von 20 Tagen hinnehmen. Zuschläge für Überstunden oder besondere Aufgaben wie etwa die OP-Reinigung werden in den neuen Arbeitsverträgen eingekürzt oder ganz gestrichen“, berichtet Wlodarski. Brisant: Geht es nach dem Willen einiger Firmen, werden Beschäftigte, die bislang feste Arbeitszeiten hatten, künftig auf Abruf arbeiten.

„Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die ohnehin jeden Euro zweimal umdrehen müssen“, kritisiert die IG BAU. Gerade Frauen als Reinigungskräfte seien von den Kürzungen betroffen. Eine Reinigungskraft, die Vollzeit rund 1.300 Euro netto verdiene, habe schon jetzt große Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung zu finden. „Hinzu kommt: Ein Großteil der Beschäftigten hat nur einen Teilzeit- oder Minijob. Da wird es am Monatsende richtig eng.“

Die IG BAU Niedersachsen-Mitte ruft jetzt die Reinigungsfirmen in der Region auf, sich in ihrem Arbeitgeberverband für die Rückkehr zu den tariflichen Standards einzusetzen. Davon profitiere am Ende die Branche selbst: Denn bleibe es bei der aktuellen Praxis, dann dürften sich nach Einschätzung der IG BAU viele Beschäftigte für einen Arbeitgeber entscheiden, der sich an die bisherigen, attraktiveren Bedingungen halte. Das wiederum werde den Wettbewerb zwischen „sauber arbeitenden“ Firmen und „Schmutzkonkurrenten“ verschärfen.

„Aber auch die öffentliche Hand ist gefordert: Städte und Kommunen können die Regeln festlegen, nach denen Schulen, Rathäuser und Ämter gereinigt werden. Klar ist: Zu sauberen Gebäuden gehören auch saubere Arbeitsbedingungen“, so Wlodarski.

Bringt die schon seit April vergangenen Jahres andauernde Tarifrunde am 15. August erneut keinen Durchbruch, müssen Firmen und Kunden mit Arbeitsniederlegungen in Hannover rechnen.