Zweimal Sir Paul McCartney und andere Neuheiten…

Volles Osternest! Schau an, Sir Paul McCartney macht im April gleich doppelt auf sich aufmerksam. Da steht einerseits mit „Flowers In The Dirt“ die lang erwartete Neuveröffentlichung aus seiner mit mehreren Grammys ausgezeichneten Archiv-Collection in den Regalen, andererseits liegt obendrein eine aktualisierte Biografie des Ex-Beatle vor (siehe „Zum Thema“) vor. Gleichwohl gibt’s einige weitere interessante Ostereier, sprich neue Tonträger…

Von Erk Bratke

Paul McCartney / „Flowers In The Dirt“ (Capitol / Universal Music): Nach kurzer Verschiebung erscheint Pauls ursprünglich 1989 veröffentlichtes, internationales Nummer 1-Album Anfang April als Re-Issue. Es ist das neueste Soloalbum aus einem der berühmtesten und zeitlosesten Gesamtwerke der Welt, das nun in verschiedenen Formaten veröffentlicht wird. Klar, dass Sir Paul bei der Entstehung persönlich ein Auge darauf warf.

„Flowers In The Dirt“ gilt als eines der gefeiertsten Alben der 1980er Jahre und wurde für mehrere Grammys und BRIT Awards nominiert. Ein Drittel des Werks schrieb McCartney gemeinsam mit Elvis Costello („My Brave Face“, „You Want Her Too“, „Don’t Be Careless Love“ und „That Day is Done“). In den Credits befinden sich weitere illustre Namen Und auch der legendäre Pink Floyd-Gitarrist David Gilmour ist bei dem Song „We Got Married“ zu hören.

Insgesamt sind reichlich Beatles-, mehr noch Wings-Anleihen hörbar. Bei der Doppel-CD stellt der erste Lonplayer das remasterte Album dar, während der zweite Silberling „Original Demos“ jener Zeit bringt. Für Beatles-Puristen gibt’s freilich das Deluxe Edition Box-Set. Ein Juwel für jede Sammlung, das neben den umfangreichen Audio- und Videoexponaten weiteres exklusives Material wie beispielsweise ein 32-seitiges Büchlein mit Pauls handgeschriebenen Texten und Notizen, einen Katalog für Linda McCartneys „Flowers In The Dirt“-Fotoausstellung von 1989, ein 64-seitiges Fotobuch mit dem Musikvideo für „This One“ sowie ein speziell angefertigtes 112-seitiges Buch mit der kompletten Entstehungsgeschichte des Albums, die in ausführlichen Interviews mit Paul, Elvis Costello und anderen wichtigen Beteiligten erzählt wird. Wie gesagt: ein Sammlerstück.

Und hier gibt’s die passenden Teaser/Hörproben:

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Nick & June / „My November My“ (AdP Records / Alive/Believe Digital): „Euphorische Melodien, bittersüße Melancholie und verträumter Folk“ heißt die Headline der Labelpresse. Wohl wahr, wenngleich für Schubladendenker damit noch nichts Konkretes gesagt ist. Braucht man ja aber auch nicht unbedingt, um den Lonplayer anzutesten.

Rückblick: Mit einer Hand voll Songs, endlosen Ideen und zwei einschmeichelnden Stimmen ausgestattet, macht das Duo 2012 die ersten Schritte. Unterstützt vom Förderprogramm der Initiative Musik und eine ausverkaufte EP später, wird das Debütalbum „Flavor & Sin“ von Kritikern begeistert aufgenommen. Während die Airplay-Charts geknackt werden und die beiden Filmmusik für den Kinofilm „About A Girl“ komponieren, spielen Nick & June 300 Konzerte in sechs Ländern Europas.

Jetzt, in 2017, geht das Duo den nächsten Schritt: Frisch gesignt vom gelobten Indie-Label AdP Records liegt nun das Zweitwerk vor. „My November My“ ist ein Konzeptalbum, das die Geschichte des „November Boys“ erzählt. Der ist schwer enttäuscht von Welt und Menschheit. Verbittert und selbstgerecht, aber auch reflektiert und selbstanklagend erklärt er seine Gedanken in zwölf Kapiteln, um letztlich Abschied zu nehmen. Intertextuelle Bezüge zu Conor Oberst, The National oder Belle & Sebastian verschmelzen mit epischen Songstrukturen, ausgefeilten Soundspielereien, tiefen Paukenschlägen und Marschrhythmen. Im Zentrum stehen die die filigranen Stimmenkombinationen der beiden Protagonisten.

Album-Release-Tour: Nick & June spielten auch in Hannover auf.

Wie das Wort „November“ im Albumtitel schon sagt, ist das Werk somit völlig untypisch für die aktuelle Jahreszeit. Das gilt auch für die Soundstimmung. Zumeist träumerische, fragile Melancholie, die durch die beiden Multi-Instrumentalisten mit dem kombinationsreichen Einsatz von Gitarre, Mandoline, Ukulele, Banjo, Klavier, Orgel, Melodica und Akkordeon untermalt werden. Bei Konzerten wird das Duo seit neuestem auch von Schlagzeug und Bass unterstützt. Apropos: Nick & June gehen auf Album-Release-Tour und werden dabei auch in Hannover erwartet, und zwar am 6. April im Lindwurm.

Hier die Hörprobe zu Nick & June und ihren Song „Home Is Where The Heart Hurts“:

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Milky Chance / „Blossom“ (Vertigo / Universal Music): Es ist dieser Rhythmus, dass jeder mit muss! Unglaublich, wie Clemens Rehbein (Gesang, Gitarre) und Philipp Dausch Schlagzeug, Percussion, MPC, Hintergrund-Gesang) aus Kassel diese Masse an Ohrwürmern aus dem Ärmel schütteln. 16 Tracks (Spieldauer fast 68 Minuten) und kaum ein Lückenfüller dabei. Einziges Manko, wenn es etwas zu kritisieren gibt, ist die fehlende Abwechslung. Das Ganze hört sich dann doch etwas gleichförmig an. „Aber egal“, werden wieder viele sagen, „klingt doch voll cool.“

So war es auch schon 2012, als das Duo kurz nach Gründung ihrer Folktronica-Popband mit ihrer ersten selbst produzierten Single „Stolen Dance“ auf YouTube durch die Decke ging. Platz 1 der Singlecharts in Polen, Österreich, Frankreich und der Schweiz sowie Top-Platzierungen in Deutschland, Italien, Ungarn, Kanada, Australien und Neuseeland folgten.

Die Hessen kommen: Milky Chance liefern Ohrwürmer aus Kassel.

Die beiden Ex-Abiturienten mit Musik-Leistungskurs gründeten ihre eigene Plattenfirma, auf der sie im Mai 2013 ihr Debüt „Sadnecessary“ veröffentlichten. Ein weltweiter Erfolg, noch dazu rasend schnell. Bis 2016 folgten Auszeichnungen in Hülle und Fülle. Ihre Festivaltour hatte sogar Live-Auftritte beim legendären Lollapalooza und Coachella.

Auch das neue Material wird kaum aufzuhalten sein. Hier eine Hörprobe vom Titeltrack „Blossom“:

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SDP / „Die bunte Seite der Macht“ (Berliner Plattenbau / Universal Music): Seit 20 Jahren beste Freunde, vor 10 Jahren als erste deutsche Band auf YouTube und heute die bekannteste unbekannte Band der Welt. Jetzt melden sich SDP mit ihrem neuen Album zurück und wollen einen weiteren Meilenstein in ihrer ungewöhnlichen Karriere setzen. Ihre Leichtigkeit und Unbekümmertheit haben sich Vincent und Dag auf dem neuen Album erhalten und so verwundert es nicht, dass das Ohrwurmpotenzial wieder mal auf Anschlag gepegelt ist.

Die Geschichte der Band ist ein kleines, wahres Märchen über Freundschaft und den Traum zweier Jungen, von einer eigenen Band mit eigenen Songs. Ein verrückter Traum, der viele Jahre später, auf beeindruckende Art und Weise, wahr werden sollte. Im Alter von zwölf Jahren lernen sich Vincent und Dag an ihrem allerersten Schultag in West-Berlin kennen. Das ist bereits 20 Jahre her und ebenso lange machen die beiden schon gemeinsam Musik. Als offizielles Gründungsdatum der Band gilt heute das Jahr 1999, weil zu dieser Zeit die ersten eigenen Songs geschrieben wurden, doch als Band sehen sich die Zwei noch nicht wirklich, als sie 2001 ihr erstes Schulhof-Album verteilen – bis 2004 ihr Debütalbum „Räuberpistolen“ erscheint. Zwar bei einem Independent-Label, doch schon ab dem zweiten Album „Nur Musik ist schöner…“ im Jahr 2006 sind SDP absolut unabhängig und entscheiden musikalisch, textlich und in jedem anderen Bereich nur noch selber und vollständig frei.

Als eine der ersten deutschen Bands entdeckt SDP die Plattform YouTube, um die eigenen Songs und selbst gedrehten Videos zu veröffentlichen. So besteht ihr Account seit mittlerweile zehn Jahren, hat indessen über 220 Millionen Aufrufe gesammelt und eine ganze Generation von „Digital Natives“ mitgeprägt.

Derbes Duo: SDP haben mittlerweile Headliner-Status. Foto: Serge Mattukat

Richtig voran geht es im Jahr 2010 mit der Single „Ne Leiche (feat. Sido)”, die in der Zwischenzeit über 36 Millionen Klicks zählt. Doch auch wenn es eine stetige Entwicklung gibt, bleibt der große kommerzielle Erfolg zunächst aus. 2012 folgt mit dem mittlerweile fünften Studioalbum der erste Charteinstieg. Selbstbewusst nennen sie ihr Album „Die bekannteste unbekannte Band der Welt“, was einerseits ihre Selbstwahrnehmung beschreibt und andererseits die Marschroute der nächsten Jahre vorweg nimmt. Was als Spaß zweier junger Musiker und Freunde im Jahr 1996 begann, ist inzwischen Festival-Headliner-Material: Rock am Ring, Rock im Park, Hurricane, Southside und so ziemlich jedes andere große Festival bespielen SDP heute auf der Main Stage, wo sie die Massen zum Kochen, Mitsingen und Pogen bringen, wie auf einem astreinen Rockkonzert.

Und musikalisch? Da ist von Punk-, Pop-, Rock- und Dancehall-Anleihen die Rede. Das ist sicher nicht alles. HipHop, bisschen Ärzte-like, eine Spur NDW von früher, viel Party-Mucke mit witzigen (teils grenzwertigen) Texten – eine selbst geschaffene Musikrichtung voller Selbstironie.

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Übrigens: SDP präsentiert „Die bunte Seite der Macht“ mit einer groß angelegten  Tour. Im Herbst ist es soweit. Nach dem Auftakt am 2. November in Würzburg folgen Gastspiele in Wien und Köln, ehe das Duo am 10. November in Hannovers Swiss Life-Hall erwartet wird.

Zum Thema

Mit Sir Paul ging’s los – und mit ihm endet es hier. Genauer gesagt mit der brandneuen, aktualisierten Biografie. „Happy Birthday, Paul“, sagen viele schon jetzt und blicken damit auf McCartneys 75. Geburtstag am 18. Juni voraus. Dazu passend liegt die aktualisierte Neuauflage der beliebten Biografie vor.

Was für ein Leben! – nicht als Frage formuliert, sondern mit einem Ausrufungszeichen versehen. Mit den Beatles hat er sich für alle Zeiten in der Musikgeschichte unsterblich gemacht und begeistert bis heute Millionen Fans. Über 50 Jahre ist es her, dass er erstmals 1960 in Hamburg auf der Bühne stand. Sir James Paul McCartney kann auf ein bewegtes Leben voller Erfolge, aber auch auf Tragödien und Niederlagen zurückblicken. Nach dem Ende der Beatles startete McCartney eine erfolgreiche Solokarriere und gründete mit seiner Ehefrau Linda die Wings. Seit den 1980er Jahren arbeitet er überwiegend als Solokünstler. McCartney gilt heute als der erfolgreichste lebende Pop-Komponist. Sein legendäres „Yesterday“ ist der meistgespielte Popsong aller Zeiten.

Der Reiz von Carlins Biografie liegt in der Darstellung der musikalischen, aber auch privaten Seite des charismatischen Mannes. Dabei präsentiert der Autor akribisch recherchierte Informationen zu den Beatles, dem beeindruckenden Solowerk und dem sozialen Engagement eines außergewöhnlichen Menschen. Die Lebendigkeit der Erzählung und die Schilderung oftmals kaum bekannter Fakten machen die Biografie zu einem spannenden Leseereignis.

Das Buch: „Paul McCartney – Die Biografie“ von Peter Ames Carlin mit einem Update von Alan Tepper/Übersetzung von Kirsten Borchardt; 520 Seiten mit zahlreichen Fotos; Preis 19,99 Euro; ISBN 978-3-85445-630-8 (auch als E-Book erhältlich).

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