…wenn auf dem Wunschzettel noch ein gutes Buch fehlt

Barsinghausen. Während im örtlichen Bücherhaus am Thie bereits der sogenannte Bücherfrühling mit seinem Programm von Januar bis Juni ausgerufen ist, fehlt auf einigen Wunschzetteln vielleicht noch ein passendes Buchgeschenk fürs Fest. Diesmal herausgepickt: Vier lesenswerte Biografien über wirklich legendäre Musikbands, eine kulinarische Reise durch die Sportwelt sowie interessante Neuerscheinungen für Fuß- und Handballfans.

Von Erk Bratke

foto-1-wind-of-change-die-scorpions-storyDas wurde ja dann auch mal Zeit, möchte man meinen. Zeit für die erste umfassende Biografie der Scorpions. Martin Popoff – ein anerkannter Spezialist für dieses Genre – nahm sich der Geschichte von Deutschlands erfolgreichstem Rockexport an. Faszinierend, wie der Weg der Hannoveraner (oder sind sie nicht doch „unsere“ Sarstedter Jungs?) zum Weltruhm nachgezeichnet wird.

Dabei erforschte der Autor die Mythen und Legenden der Bandhistorie auf bestmögliche Art und Weise: Er sprach ausführlich mit den Bandmitgliedern, mit heutigen wie auch früheren. Über weite Strecken lässt er sie selbst erzählen, womit der Leser den unglaublichen Aufstieg der „Scorps“ quasi aus erster Hand erfährt.

Die Scorpions rockten auf anderen Erdteilen schon wie ein Hurrikan, noch bevor das große Abräumen in der Heimat begann. Dann kam 1989 und der Soundtrack für die deutsche Wiedervereinigung. Mittlerweile mehr als ein halbes Jahrhundert sorgt die Band für Superlative. Passend dazu heißt das Buch „Wind Of Change – Die Scorpions Story“ (ISBN 978-3-85445-607-0, Hannibal-Verlag, von Martin Popoff/Übersetzung von Paul Fleischmann, fast 400 Seiten, Preis 24,99 Euro). Zweifellos eine umfassende Würdigung dieser langen Karriere, die bisher noch ausstand.

foto-2-the-doors-die-illustrierte-biografieEdel, sehr edel kommt „The Doors – Die illustrierte Biografie“ (ISBN 978-3-85445-604-9, Hannibal-Verlag, Preis 29,99 Euro) auf den 192 Seiten sowie dem hochwertigen Hardcover mit Glanzfolienlackierung und Cut-Outs daher. Nicht wenige Kritiker meinen, dass das Maßstäbe für die künstlerische Gestaltung und Präsentation von Büchern über legendäre Bands setzt. Dabei werden sowohl Hardcore-Fans als auch „normal“ Musikinteressierte angesprochen, die mehr über die gesamte Ära erfahren wollen.

Als Autorin taucht Gillian G. Gaar (Übersetzung von Alan Tepper) in die Geschichte ein. Kurios: Die Karriere der Doors dauerte nur sechs Jahre und sechs herausragende Studioalben. Dass die Band dennoch zum Mythos wurde, verdankt sie größtenteils Jim Morrison. Der charismatische und unberechenbare Frontmann lebte wie kaum ein anderer Rockstar das Motto „Sex, Drugs & Rock’n’Roll“. Mit der düsteren Romantik seiner Texte wurde der Nerv der Zeit getroffen. Ohne die Musik, diese einzigartige Mischung aus Blues, Folk, Rock und Psychedelic, sowie Morrisons frühes Ableben wären die Doors wohl nicht in den Rockolymp aufgestiegen.

Autorin Gaar versteht es trefflich, auch weniger bekannte Fakten ans Licht zu holen und neue Anekdoten zu erzählen. Sie zeichnet die Geschichte der Band, die 1965 von den beiden Filmstudenten Morrison und Ray Manzarek in Los Angeles gegründet wurde, vor einem farbenprächtigen Hintergrund – den gesellschaftlichen Umbrüchen der späten 1960er Jahre. Das Buch bringt das Gefühl der damaligen Zeit, für Flowerpower, Vietnamproteste und einer Sinn suchenden Jugendbewegung zurück. Hilfreich dabei ist die durchgehend farbige Illustrationen sowie die Gastbeiträge renommierter US-Rockkritiker.

Annähernd in der gleichen Zeit tauchte wohl erstmals auch der Begriff des „Schock-Rock“, auf- und vorgetragen von der Alice Cooper Group. Zu Recht gehören die „Jungs“ in den erlauchten Kreis der R&R Hall of Fame. Wegweisend, wie sie ihren harten Rocksound live mit drastischer Horror-Ästhetik illustrierten. Bahnbrechend – es folgten Kiss, Ozzy Osbounre, Marilyn Manson, ja auch Rammstein.

foto-3-schlangen-guillotinen-und-ein-elektrischer-stuhl-alice-cooperFür den Einblick sorgt Dennis Dunaway. Gemeinsam mit dem Journalisten Chris Hodenfield erzählt der Miterfinder und Songwriter der Band die Bandhistorie. Dunaway nimmt den Leser mit in die Hinterzimmer, die Garderoben, zu den Brainstorming-Sessions und zu den exklusivsten Partys der Siebzigerjahre, aber er verliert dabei nie die Musik aus den Augen. In dem Buch „Schlangen, Guillotinen und ein elektrischer Stuhl“ (ISBN 978-3-85445-602-5, Hannibal-Verlag, Preis 22,99 Euro) schildert er kenntnisreich und packend den Kreativprozess, der den großen Hits wie „I’m 18“, „School’s Out“, „No More Mr Nicy Guy“ oder „Billion Dollar Babies“ vorausging.

„Ich betrachte Dennis Dunaway heute immer noch als einen meiner besten Freunde“, sagt Vince Furnier alias Alice Cooper selbst über den Mann, den er 1964 kennenlernte. Noch als Teenager gründeten die beiden mit Michael Bruce, Glen Buxton und Neal Smith eine knallharte Rocktruppe, die zunächst in Gefängnissen, Cowboy-Bars und Teenieclubs auftrat. Was Alive Cooper selbst in den späteren Jahren des sogenannten „Hair-Metals“ machte, ist dann ein anderes Thema.

foto-4-pink-floyd_die-definitive-biografieZum angesprochenen Quartett unserer legendären Band-Biografien gehört auch das Werk „Pink Floyd – Die Definitive Biografie“ (ISBN 978-3-85445-605-6, Hannibal-Verlag, Hardcover, 576 Seiten mit 16 Seiten farbiger Bilderstrecke, Preis 29,99 Euro). Musikjournalist Mark Blake zeichnet den Weg der Einfluss gebenden Band nach – von der psychedelischen Phase und den Nächte im Londoner UFO-Club über die Wandlung zu einer der größten Stadion-Rockbands der späten Siebziger bis hin zu den bitteren Zerwürfnissen der Achtziger- und Neunziger. Ausgeblendet werden auch nicht die angespannten Verhandlungen vor der Reunion 2005 bei Live8 im Hyde Park.

So sagt die Kritik: „Blake entwirft faszinierende Charakterstudien. Da ist Roger Waters, eines der wohl schwierigsten Rockgenies, und da sind Dave Gilmour und Nick Mason, beide nachgiebig und gelassen. Dabei bleibt er stets objektiv und beschränkt sich darauf, die unglaubliche Fülle an Fakten, die er zusammengetragen hat, ins Zeitgeschehen ebenso sauber einzuordnen wie in die spezielle Geschichte der Band.“ Die definitive Biografie sei genau das, was ihr Titel verspricht: die umfassende Geschichte dieser außergewöhnlichen Band, die nichts auslässt, nichts beschönigt, aber auch nichts verteufelt, sondern facettenreich erzählt, was geschah.

foto-5-chili-fuer-championsDas Autorenduo Katrin Roßnick und Sylvio Montag entführen auf eine kulinarische Reise durch die Welt des Sports. „Chili für Champions“ (ISBN 978-3-7307-0305-2, Verlag Die Werkstatt, Preis 12,90 Euro) heißt das Ergebnis, das sowohl tolle Geschichten erzählt als auch die passenden Rezepte dazu liefert. Soll heißen: Das Buch präsentiert zu jedem Austragungsort von weltweiten Sportevents ein typisches Gericht – insgesamt 27 an der Zahl.

Dabei werden die verschiedensten Sportarten und ihre Top-Ereignisse begleitet: Formel 1 in Monaco, der Iron Man auf Hawaii, der Classico zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona, das Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen, die Schlussetappe der Tour de France, der Ruderklassiker in Oxford und/oder das Abfahrtsrennen in Kitzbühel. Alle Gerichte seien leicht nachzukochen und die Zutaten in jedem gut sortierten Supermarkt erhältlich, meint Autorin Roßnick, die bereits mit den Büchern „Kick And Cook“ und „Vive la France“ die Verbindung von Sport und Küche herstellte.

foto-6-groundhopper-informerUms Reisen geht’s auch in der aktuellen Ausgabe des „Groundhopping Informer 2016/2017“ (ISBN  978-3-7307-0290-1, Die Werkstatt, Preis 19,90 Euro) – auch wenn jene Leser eher Curry-Wurst-Pommes gewöhnt sein dürften und weniger das edle Strawberry Trifle in Wimbledon. Wie in den vorherigen Ausgaben hilft die neue Jahresausgabe den Fußballfans weiter, wenn es über die Grenzen des eigenen Vereins hinausgeht. Das 416 Seiten starke Buch von Oliver Leisner ist DAS Anschriftenverzeichnis des Weltfußballs. Wer sich auf Stadion(be)suche begibt, die genaue Bezeichnung wissen möchte, sich als Talentspäher auszeichnen möchte oder das passende Souvenir benötigt, liegt mit dem Informer richtig.

foto-7-hoert-auf-die-kurveAch herrje, der HSV. Dieser Tage überschlagen sich wieder einmal die Ereignisse beim Bundesliga-Dino. Fans des Hamburger Sport-Vereins haben es im Gespräch mit ihren Konkurrenten zweifellos nicht leicht. „Hört auf die Kurve“ (ISBN 978-3-7307-0288-8, Die Werkstatt, Preis 12,90 Euro) ist das ganz persönliche HSV-Lesebuch von Manfred Ertel, der seine Biografie als HSV-Fan erzählt, dabei aber auch den Finger in die Wunde der Über-Kommerzialisierung legt. Letztgenanntes geht freilich nicht nur den HSV etwas an…

foto-8-50-jahre-handballDer deutsche Handballsport feiert ein großes Jubiläum: Die Bundesliga wird 50! Anlass genug, um eine bildgewaltige Chronik aufzulegen. „50 Jahre Handball-Bundesliga“ (ISBN 978-3-7307-0283-3, herausgegeben von im Verlag Die Werkstatt von der Handball-Bundesliga GmbH, Preis 29,90 Euro) ist ein dicker Wälzer von Arnulf Beckmann und Erik Eggers. Die beiden Autoren sind Experten und erfahrene Journalisten. Mit dem Zugang zu zu den Archiven des Ligaverbandes trugen sie hervorragendes, teilweise unveröffentlichtes Bildmaterial zusammen und resümieren die komplette Historie. Vereine, Spieler, Trainer und Manager, die Wettbewerbe, eine umfangreiche Statistik – alles da.

foto-9-goldene-buch-vom-fussballDen gleichen Stellenwert dürfte das ebenso mächtige Werk „Das goldene Buch des deutschen Fußballs“ (ISBN 978-3-7307-0314-4, Die Werkstatt, Preis 39,90 Euro) einnehmen. Hardy Grüne und Dietrich Schulze-Marmeling legen die zweite aktualisierte und erweiterte Neuauflage vor. Ein Standardwerk, das auch Fußballromantiker ansprechen dürfte. Auf 500 Seiten beschränken sich die Autoren keineswegs auf die Nacherzählung der sportlichen Ereignisse, sondern stellen Deutschlands beliebteste Freizeitbeschäftigung auch in seinen gesellschaftlichen Kontext – eine üppig illustrierte Gesamtschau.

Okay, ohne Bayern geht nicht – weil sie ja so viele sind. Zu guter Letzt also – und quasi um den Kreis zu schließen – noch eine Biografie. „Thomas Müller – Das Phänomen“ (ISBN 978-3-7307-0277-2, Preis 16,90 Euro) stammt aus der Feder des Münchner Journalisten Jörg Heinrich, der den Weg des auch über Vereinsgrenzen hinaus beliebten Weltklassestürmers nachzeichnet. Dabei geht der Autor nicht chronologisch vor, sondern setzt das Gesamtbild vom bodenständigen Oberbayern humorvoll aus Episoden und Glossen mit vielen Facetten zusammen.

Zum Thema

Der Bücherfrühling in Barsinghausen: Jüngst stellten Karin Dörner und Eva Peters das Programm an Literatur- und Unterhaltungsangeboten für die Zeitspanne von Januar bis Juni 2017 im Bücherhaus am Thie vor. Neben Lesungen und Gastvorträgen sind auch sogenannte Stöberabende und Bastelstunden vorgesehen.

Hier ein paar Highlights. Den Auftakt macht Torsten Rode am 19. Januar um 19.30 Uhr. Sein Programm heißt „Wer erbt, muss auch genießen“, bei dem er von der Schauspielerin Anke Siefken begleitet wird. Am 7. Februar gastiert Enrik Schiborr im Bücherhaus. Der Barsinghäuser Weltenbummler berichtet von seinen Reisen unter dem Titel „Auf den Spuren Heinrich Harrers durch Ladakh“. Peter Heine serviert den Gästen sein Buch „Köstlicher Orient“ am 14. Februar. Darin gibt der Professor für Islamwissenschaft und Orientkenner einen mit Anekdoten gespickten Überblick über 1500 Jahre orientalische Küche. Passend dazu steuert der Internationale Frauentreff kulinarische Spezialitäten bei. Am 1. April (15.30 Uhr) stellt NDR-Redakteurin Annemarie Stoltenberg ihre persönliche Auswahl an Neuerscheinungen vor.

Weitere interessante und spannende Lesungen (auch für Kinder) sind von und mit Ulrich Hub, Stephanie Schneider, Mechtild Borrmann und einmal mehr Klaus-Peter Wolf  vorgesehen. Weitere Informationen sowie Termine sind im Internet auf www.buecherhaus-am-thie.de unter Veranstaltungen zu finden.