
Wennigsen. Rund 150 Mitglieder zählt die Leichtatletiksparte des TSV Wennigsen – jedoch nicht mehr lange, denn zum Jahresende wird die Abteilung Leichtathletik aufgelöst. „Mir kumme mit alle Mann“, würde der Rheinländer sagen, denn die Aktivenszene und auch der Trainerstab wechseln komplett zur benachbarten SG Bredenbeck. Ein letztes Mal wurde jetzt der beliebte und traditonsreiche Jahresabschluss mit den Auszeichnungen verdienter Akteure gefeiert.
Von Erk Bratke

Wie in den Vorjahren stellte sich im vorderen Bereich der Wennigser KGS-Sporthalle an der Argestorfer Straße ein buntes Bild. Amtierende und ehemalige Funktionäre der TSV-Sparte, junge Talente mit ihren Eltern und Geschwistern, Trainer und Übungsleiter sowie natürlich die erfolgreichen Sportlerinnen und Sportler gaben sich letztmalig unter dem Banner „LA TSV Wennigsen“ ein Stelldichein. Ehrensache, dass einmal mehr für ein leckeres Buffet zur Stärkung gesorgt war. Anders als in den Vorjahren war diesmal jedoch die Stimmung. Grund dafür war der Beschluss einer Außerordentlichen Abteilungssitzung, der die Auflösung der Sparte zum 31. Dezember 2017 herbeiführte.
Hintergrund: Die Spartenauflösung war keineswegs ein Schnellschuss, denn die langjährige Vorsitzende Heike Zündorf hatte seit geraumer Zeit auf das Problem im Ehrenamt aufmerksam gemacht und sich immer wieder auf die Suche nach geeigneten Nachfolgern begeben. Das aktuelle Vorstandsquartett – bestehen aus Zündorf selbst, ihrem Stellvertreter Bodo Martin, Kassiererin Marion Machulla-Viole und Schriftführer Jens Boog – hatte neben Kontaktgesprächen sogar Briefe an alle Mitglieder verfasst. Die Unterstützung blieb trotz der angekündigten Amtsaufgabe aus.
Hinzu kam, dass auch der Gesamtverein des TSV Wennigsen keineswegs unterstützend unter die Arme griff. So sieht es jedenfalls Heike Zündorf. „Das Einzige, was mich erreichte, waren Aufforderungen, wie ich mich im Falle einer Spartenauflösung zu verhalten habe“, erklärte die scheidende Vorsitzende nicht ohne Groll. Unterschwellig war von vielen Beteiligten zu vernehmen, dass man beim TSV den Leistungsgedanken der Leichtathleten nicht gerade unterstützenswert befand.
Sei’s drum – nun ist der Beschluss der Auflösung Fakt. Im Jahr des 125-jährigen Jubiläums des Gesamtvereins wird der TSV Wennigsen seine aktive Leichtathletikszene verlieren. Wohlgemerkt: Es war rückblickend die einzige Sparte, die den TSV weit über regionale Grenzen hinaus bekannt gemacht hat – national, ja sogar international.

Jedes Ende hat allerdings auch einen (guten) Anfang – so heißt es. In diesem Fall heißt dieser ganz konkret SG Bredenbeck. Dem Vernehmen nach wechseln alle TSVer zur benachbarten SGB, wo Vereinschef Reinhard Wiens fortan in Doppelfunktion den Vorsitz der Leichtathletiksparte übernimmt. TSV-Trainer Gert Deppe sprach von einer „goldenen Brücke“, die die Bredenbecker gebaut hätten. „Den Begriff will ich gern übernehmen, denn es ist tatsächlich so, dass wir in Gesprächen offene Arme spürten“, bekräftigte Zündorf. Für die Athleten ändere sich nichts, außer vielleicht der Trikotfarbe. Auch die Trainingsmöglichkeiten auf dem Gelände der Wennigser KGS bleiben bestehen. „Somit kommen wir auch unserer sozialen Verantwortung nach, in dem unsere vielen minderjährigen Sportler nicht großartige Anfahrten zum Training vor sich haben“, verdeutlichte Zündorf.
Auch Eckhard Marten, gemeinsam mit Alt-Trainer Ernest Radulian einer der Väter der Wennigser Leichtathletik-Historie, äußerte sich kritisch gegenüber dem TSV: „Ich nehme da kein Blatt vor den Mund. Der Leistungssport ist ein Dorn im Auge. Die wollten uns nicht mehr.“ Marten hatte vor rund 25 Jahren die erfolgreiche Leichtathletik auf die Beine gestellt. Bei mehreren Stationen war er im operativen Geschäft mit am Start – erst beim Aufbau der LG Egestorf/Kirchdorf/Wennigsen, dann bei der LG Wennigsen/Egestorf sowie später bei der LG Wennigsen (inklusive Startrecht für Athleten der SG Bredenbeck). Zuletzt firmierte man eigenständig unter dem Banner des TSV Wennigsen. Ein absoluter Markenname. Die vielen Erfolge sind zweifellos mit dem heute 85-jährigen rumänischen Alt-Trainer verbunden. Marten: „Ohne die Leistungen der anderen Trainer zu schmälern, aber ohne Ernest Radulian hätte das so nicht funktioniert.“

Für den Abschied hatte sich Eckhard Marten noch etwas Besonderes einfallen lassen: Einen Extra-Preis für verdiente Sportler. Damit sollen Akteure geehrt werden, die nicht ganz so im Vordergrund stehen beziehungsweise Super-Titel geholt haben. Zur Premiere überreichte der Alt-Funktionär den Preis an Charlotte Köppe. „Die heute 23-jährige Charlotte kam als Zehnjährige zu uns und war anfangs nicht hochgradig talentiert. Dass sie dann aber die 800 Meter in 2:19 Minuten lief und einen 3. Platz bei den Landesmeisterschaften erreichte, ist schon etwas Besonders“, verdeutlichte Marten bei der Preisübergabe.
Apropos Preise – derer gab es viele. Tradionell wurde dem Trainerstab für sein Engagement in den diversen Trainingsgruppen gedankt. Simone Boog, Paul Zimmermann, Gert Deppe, Luise Kreisel, Samuel Voges, Viktoria Luise Strüber, Lara Petrich, Rosana Wiens und (in Abwesenheit) Julius Schwarting wechseln mit ihren Talenten zu den Bredenbecker Leichtathleten.

Der Wennigser Erfolg hat natürlich auch ein Gesicht beziehungsweise mehrere. Wenn man so will, waren es die „Sportler des Jahres“ der Wennigser Leichtathleten. Lob und Anerkennung für Feio Heß, Johanna Wistokat, Kjell Diersing, Jonas Kayser, Leon Martin, Jörn Kaise, Antonia Schiel, Charlotte Köppe und Caroline Viole – sie alle hatten auf Landes- und Deutschen Meisterschaften sowie gar auf europäischer Ebene herausragende Leistungen erbracht.

Schlussendlich gab’s den verdienten Dank an die scheidende Abteilungsvorsitzende – und Präsente von allen Seiten. „Ich bin geplättet und erst mal sprachlos“, sagte Heike Zündorf gerührt und mit sichtbarer Wehmut. Den Neuanfang bei der SGB stufte sie als mit „Weitsicht vorbereitet“ ein. Auch der rührige Förderverein bleibe bestehen, betonte sie im Gespräch mit dem DEISTER JOURNAL. Somit stehe übrigens auch der abermaligen Teilnahme an den „International Children’s Games“ (ICG) 2018 in Jerusalem ebenso wie der Ausrichtung des traditionellen Wennigser Cruisinglaufes nichts im Wege.
