Prominente Paten für das Projekt „Anpfiff fürs Lesen“

Barsinghausen (bo/eb). Collin Miller ist begeisterter Fußballer und – noch – eine kleine Leseratte. „Er liest die ganze Zeit, am liebsten lustige Taschenbücher“, sagt sein Papa über den jüngeren seiner beiden Söhne. Der Vater heißt Markus Miller und ist bekanntermaßen ehemaliger Bundesligatorhüter von Hannover 96. Jetzt übernahm der Ex-Profi die Schirmherrschaft für das Projekt „Anpfiff fürs Lesen, für das auch andere prominente Paten wie Bibiana Steinhaus und Lennart Thy gewonnen werden konnten.

Im April des nächsten Jahres wird Collin acht Jahre jung und nähert sich damit einer Phase, in der bei vielen seiner Alterskameraden das Interesse an Büchern, sofern es überhaupt jemals vorhanden war, abnimmt. „Studien belegen, dass bei Jungen ab einem Alter von acht Jahren die Lust zum Lesen stetig nachlässt“, sagte NFV-Mitarbeiterin Marion Demann (Holtensen) kürzlich in Barsinghausen, als Markus Miller im kleinen Kreis als Schirmherr des Projektes vorgestellt wurde.

Mit finanzieller Unterstützung des Landes Niedersachsen und des LandesSportBundes Niedersachsen (LSB) kooperiert der Fußballverband landesweit an acht ausgewählten Standorten mit Sportvereinen und Schulen. Der Startschuss für die Initiative, die die Akademie für Leseförderung Niedersachsen beratend unterstützt, erfolgte bereits im September. Alle Standorte wurden mit einer offiziellen Kick-Off-Veranstaltung eröffnet.

Zielgruppe sind Jungen der 3. und 4. Klasse, die einmal wöchentlich erleben, wie einfach und effektiv Fußball- und Lesespiele miteinander verknüpft werden können. Die Fußball-Begeisterung der Teilnehmer soll mit der vermeintlich weniger attraktiven Beschäftigung des Lesens verbunden werden. Denn: Handlungsbedarf sei dringend gegeben. Spielkonsolen oder Smartphones sind für viele Heranwachsende interessanter und verlockender als das Lesen eines Buches. Mit alarmierenden Folgen: Ein Fünftel der 15-jährigen Jugendlichen in Deutschland können laut dem 2010 von Bund und Ländern herausgegebenen Bildungsbericht nicht richtig lesen und schreiben und haben daher große Schwierigkeiten, am kulturellen Leben teilzunehmen und einen Ausbildungs- beziehungsweise Arbeitsplatz zu finden.

„Kinder und Jugendliche, die gut und gern lesen, haben bessere Chance in unserem Bildungssystem und damit verbunden auch zur gesellschaftlichen Teilhabe“, erklärt Projektleiterin Demann. Das Projekt will als besondere Lesemotivation und Anreiz die Fußball-Begeisterung der Jungen aufgreifen. Durch die Verknüpfung von Fußball- und Lesespielen soll sowohl die Freude am Sport als auch am Lesen geweckt und gefördert werden.

Markus Miller, der für den Karlsruher SC und Hannover 96 das Tor hütete und im Sommer aufgrund eines langwierigen Knieleidens seine Profilaufbahn beenden musste, ist nicht der einzige Prominente, der sich dem „Anpfiff fürs Lesen“ verschrieben hat. Für den Standort Oyten übernahm St. Paulis Torjäger Lennart Thy die Patenschaft. „Und das nicht nur auf dem Papier, ich möchte mich auch hin und wieder blicken lassen“, erklärte der 23-Jährige bei seinem Besuch der Kick-Off-Veranstaltung in der Grundschule Sagehorn.

Dabei erfuhr Thy, dass die zwölf Teilnehmer erst dann einen Ball bekommen, wenn sie vorher ein Buch in die Hand genommen haben. Als Literatur stehen an jedem Standort prall gefüllte Bücherkisten sowie Lesespiele zur Verfügung, die von Jennifer Jaschik zusammengestellt wurden. Jaschik ist Mitarbeiterin der Stadtbibliothek Buxtehude und ist für die Stiftung Lesen und die Akademie für Leseförderung als Referentin tätig. Sie sagt: „Für mich stand von vornherein fest, dass ich dieses Projekt sehr gerne begleite und die entsprechenden Fußball-Lesespiele sowie das Konzept für die Standorte entwickle. Die Herausforderung, Fußball und Lesen sinnvoll miteinander zu verbinden, war nicht immer einfach. Umso mehr freue ich mich nun, dass alle Standorte so engagiert und voller Tatendrang das Projekt mit Leben füllen.“

Wie die Umsetzung des Mottos „Erst wird gelesen, dann wird gekickt“ erfolgt, erlebte Bibiana Steinhaus bei der Auftaktveranstaltung am Standort Hildesheim. „Fußball-Haie mit Biss“ heißt das kleine Büchlein, aus dem die aktuell beste Schiedsrichterin der Welt vorlas. Dabei war es in der Pfaffenstieg-Sporthalle mucksmäuschenstill, denn anschließend sollten die 15 Jungs Fragen zu der Geschichte beantworten. Wer die Antwort wusste, musste aber erst mit einem Ball um kleine Hütchen dribbeln, ehe er die Lösung sagen durfte.

Unter den Zuhörern sind viele Kinder, deren Familien ihre Wurzeln nicht in Deutschland haben. Dies ist kein Zufall, denn besonders Jungen mit Migrationshintergrund und/oder Herkunft aus unterschiedlichen sozialen Umfeldern sowie Inklusionsklassen sollen angesprochen werden beziehungsweise an der AG teilnehmen. „Wenn man schon als Kind zum Lesen animiert wird, dann bleibt man dabei“, weiß Steinhaus aus eigener Erfahrung. „Meine Mutter hat mir abends Geschichten vorgelesen. Da war ich noch ganz klein. Ein paar Jahre später musste ich meinem Vater immer aus der Zeitung vorlesen“, berichtete die Vorzeige-Schiedsrichterin. Und natürlich – das Wortspiel lag auf der Hand – hat „Bibi“ Bibi gelesen. „Früher habe ich die Bibi-Blocksberg-Bücher verschlungen“, sagt Steinhaus.

Das Projekt, zu dem auch Ernährungsberatungen, Fußball-Lese-Camps sowie Turniere gehören, wird „Bibi“ weiterhin mit Herzblut begleiten. In ihrem Terminkalender hat sie bereits fest den 2. September 2016 notiert, an dem die Beteiligten anlässlich des „Bergfestes“ in Oyten auf das erste Projektjahr zurückblicken werden.

Auch Markus Miller will dabei sein, vorab aber in Zusammenarbeit mit Hannover 96 die eine oder andere AG zum (Vor-)Lesen in die Hannoveraner HDI-Arena einladen. Diesem Beispiel schließt sich ein weiterer niedersächsischer Profiverein an. Marion Demann: „Eintracht Braunschweig wird Stadionführungen ermöglichen. Wenn ein Spieler zur Verfügung steht, wird er eventuell sogar wie Markus vorlesen.“

Weitere Infos zu „Anpfiff fürs Lesen“ unter www.anpfiff-fuers-lesen.de

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