Schiedsrichter und Trainer lernen unterschiedliche Sichtweisen kennen

Kirchdorf. Ohne Schiedsrichter läuft nix. Ohne Trainer wird’s auch schwer. Und weil gerade das Verhältnis zwsichen diesen beiden Protagonisten nicht immer das beste ist, hatte der Fußballbezirk Hannover jetzt abermals zu einem Workshop eingeladen, um das Miteinander vor, während und nach dem Spiel zu verbessern. Wünsche wurden dabei von beiden Seiten vorgetragen, diskutiert und möglicherweise künftig auch erfüllt.

Von Erk Bratke

Das Quartett ist voll. Es war die vierte Veranstaltung dieser Art, zu der der NFV-Bezirk Hannover seine betroffenen Vereine aus der Landesliga und den vier Bezirksligen diesmal ins Clubheim des TSV Kirchdorf eingeladen hatte. Mit nur rund 15 Delegierten von Schiedsrichter- und Trainerzunft war die Resonanz dann aber eher mau, was der Intensität des Workshops allerdings nicht im Wege stand. Gut, dass die Vereine einige Funktionäre aus den Fußballabteilungen entsandt hatten, wodurch auch über das eigentliche Problemfeld „Schiri/Trainer“ hinaus diskutiert werden konnte.

An der Spitze der Zusammenkunft standen NFV-Vizepräsident und Bezirkschef August-Wilhelm Winsmann (Titelfoto oben) und Spielausschussvorsitzender Thorsten Schuschel. Fallbeispiele sorgten neben Erheiterung auch für einen passenden Einstieg. Seit einigen Jahren bemühen sich die Mitarbeiter des NFV-Bezirks Hannover um größtmöglichen, sportlich fairen Umgang aller am Spielbetrieb beteiligten Personen. „Harmonisch und freundlich sollte der Umgang sein, und dies nicht nur was den koordinierenden Bereich für die Schaffung sachgerechter Rahmenbedingungen anbelangt“, Auwi Winsmann zu Beginn.

Schiri-Runde: Unter den Augen von SR-Ansetzer Carsten Fistler (Dritter von links) trugen die aktiven Schiedsrichter ihre Erfahrungen zusammen.
Schiri-Runde: Unter den Augen von SR-Ansetzer Carsten Fistler (Dritter von links) trugen die aktiven Schiedsrichter ihre Erfahrungen zusammen.

Gerade weil in der jüngeren Vergangenheit eine zunehmende Tendenz zu unangebrachten verbalen Auseinandersetzungen zwischen den Trainern und Schiedsrichtern beziehungsweise deren Assistenten festgestellt worden sei, mache die Veranstaltung Sinn. Mit dem Austausch beider Seiten, der Erörterung gegenseitiger Erwartungshaltungen inklusive entsprechender Diskussion solle das Verhaltnis nachhaltig verbessert werden. Das gelang den Anwesenden in Kirchdorf allemal.

Gut strukturiert: Die Referees teilten ihre Erfahrungen gepaart mit Wünschen an die Vereine in die Zeitfolge vor, während und nach dem Spiel ein.
Gut strukturiert: Die Referees teilten ihre Erfahrungen gepaart mit Wünschen an die Vereine in die Zeitfolge vor, während und nach dem Spiel ein.

Vor dem Hintergrund immer wieder aufkeimender Spannungen zwischen Referees und Trainern, darüber hinaus aber auch mit Spielern und Zuschauern, wurden die Erwartungshaltungen erörtert. Zweifellos gebe es unterschiedliche Sichtweisen und oft würden diese höchst emotional vorgetragen. „Es gibt aber bestimmte Grenzen und das Ganze muss im Rahmen bleiben“, schickte Winsmann voraus, ehe die Teilnehmer in die Gruppenarbeit einstiegen. Vereinsvertreter und Trainer hüben sowie Schiedsrichter drüben – in beiden Gruppen sollten sowohl positive wie auch negative Erfahrungen aufgelistet werden.

Fehlende Pünktlichkeit sowie mangelnde Wertschätzung war dann wohl eher ein Problem des Frauen- und Jugendfußballs – Kritik, die aus den Reihen der Vereinsvertreter kam. Begriffe wie Souveränität, Kommunikation, die Lust am Spiel, nicht alles zu hören und Regelkunde waren weitere Beispiele aus diesem Lager. Enorm konstruktiv erarbeitete die Schiri-Runde ihren Diskussionskatalog – aufgeteilt in vor, während und nach dem Spiel. Verständlich, eine gute Organisation mit Benennung der betreffenden Ansprechpartner übertrage sich automatisch auf eine dann eher souveräne Spielleitung, erläuerte SR Ilja Chomjakov. Dass es während des Spiels zu verbalen Kontakten in der Dreigliedrigkeit „Schiedsrichter/Trainer/Spieler“ komme, sei normal. Dabei wurde sogar eine Neuerung angedacht: die Gelbe Karte auch für Trainer. Wichtig sei insgesamt: Entscheidungen nicht befeuern, sondern beruhigend wirken – freilich ein hehres Ziel. Beiden Seiten gelang die Aufklärung diverser Sachverhalte eindrucksvoll – zumindest in diesem Workshop.

Ideenfindung: Trainer Sebastian Gräber trug die Ergebnisse der Gruppenarbeit hinsichtlich der Erfahrungen der Vereinsvertreter vor. Fotos: Bratke
Ideenfindung: Trainer Sebastian Gräber trug die Ergebnisse der Gruppenarbeit hinsichtlich der Erfahrungen der Vereinsvertreter vor. Fotos: Bratke

„Trotz durchaus fehlender Akzeptanz in Vereinen, aber auch in unseren Funktionärskreisen, halten wir im Bezirksvorstand solche und ähnliche Veranstaltungen für sinnvoll und mittlerweile erforderlich. Wie sich rückblickend gezeigt hat, tauchen immer wieder die Themen Respekt und Kommunikation aller am Spiel Beteiligter, die Regelkenntnis und organisatorische Probleme auf“, urteilte Spielausschussvorsitzender Schuschel im Nachklapp. Jeder einzelne Workshop habe darüber hinaus weitere Themen bekannt gemacht, die das gelegentliche Problemfeld zwischen Schiedsrichtern und den Vereinen mit ihren Verantwortlichen auf der anderen Seite schwierig machen. „Klar ist aus meiner persönlichen Sicht, dass ich weitere Veranstaltungen begrüßen würde“, bekräftigte Schuschel. Alle Veranstaltungen hätten sich durch rege Beteiligung am Informationsaustausch aller Teilnehmer und zuletzt eines größeren Interesses der Vereine ausgezeichnet. Schuschel werde die wesentlichen Inhalte auf den anstehenden Staffeltagen des Bezirkes und den Vereins-Info-Veranstaltungen des Fußballkreis Hannover-Land weiterreichen.

Zum Thema

Indes fand zeitgleich zum Kirchdorfer Termin mit der Aktion „Danke Schiri“ in Hannover die zentrale Ehrungsveranstaltung des Niedersächsischen Fußballverbandes (NFV) mit zwölf Siegerinnen und Sieger aus ganz Niedersachsen statt. Sie ist die wichtigste Ehrung, die bundesweit für Fußball-Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter vorgenommen und gemeinsam vom Deutschen Fußball-Bund (DFB), den Fußball-Landesverbänden und der DEKRA getragen wird. Prämiert werden in ganz Deutschland solche Unparteiischen, die sich durch besonderes Engagement auf und neben dem Spielfeld auszeichnen.

Geehrt wurde in drei Kategorien: Schiedsrichterin, Schiedsrichter U50 sowie Schiedsrichter Ü50. Gewürdigt werden Sportlerinnen und Sportler, die sich beispielsweise durch ihre Einsatzbereitschaft, ihre Aktivität bei der Werbung, Ausbildung und Betreuung von Neulingen oder besonderes sportliches und soziales Engagement hervorheben. „Meine Mitstreiter im Verbandsschiedsrichter-Ausschuss und ich begleiten diese außergewöhnliche Aktion seit ihrer Geburt im Jahr 2011 – und wir haben dabei jedes Jahr ganz besondere Menschen kennengelernt, deren ehrenamtlicher und sozialer Einsatz ganz einfach vorbildlich ist. Jede Siegerin, jeder Sieger kommt mit ihrer und seiner einzigartigen Geschichte“, sagte dazu der Verbandsschiedsrichter-Obmann, Bernd Domurat (Wilhelmshaven).

Neben dem Dankeschön soll die Auszeichnung gleichzeitig auch Motivation zum Weitermachen sein. NFV und DEKRA boten den zwölf Siegerinnen und Siegern in Hannover ein abwechslungsreiches Programm; neben der Prämierung mit einer Urkunde und einem Präsent des DFB gehörte beispielsweise auch der Besuch des Bundesligaspiels zwischen Hannover 96 und dem SC Freiburg dazu. Zu den Geehrten gehörte übrigens auch Thomas Grünwald (Kreis Hannover-Land) vom 1. FC Germania Egestorf/Langreder. Weitere Informationen zur DFB-Aktion „Danke Schiri“ und die Ansprechpartner sind zu finden auf der NFV-Homepage unter www.nfv.de.