Seebeck macht Schluss – Germania muss neuen Präsidenten wählen

Egestorf. Eigentlich pfeifen es die Spatzen schon längst von Dächern – „doch eigentlich ist das noch gar nicht spruchreif“, sagte Torsten Seebeck, der Präsident des 1. FC Germania Egestorf/Langreder, um die Jahreswende. Doch das Spatzen-Gepfeife ist Fakt: Der langjährige FC-Chef tritt auf der kommenden Jahreshauptversammlung (JHV) nicht erneut zur Wahl an. Spruchreif sei das nach Seebecks Aussage deshalb erst dann, wenn eine adäquate Lösung gefunden sei. Das Deister Journal war jetzt auf Hausbesuch bei ihm zu Gast.

Von Erk Bratke

Ehe wir nach vorn schauen, blicken wir zurück – beim Treffen mit Torsten Seebeck in seinem Wohnhaus in Egestorf an der Wennigser Straße. Nach Erwin Struß, Frank Hoffmann und Wolfgang Fedderke ist Seebeck der vierte Präsident des Fusionsclubs. Die Historie dokumentiert: In seiner Zeit gelangen den Germanen – rein sportlich gesehen – die größten Erfolge, einhergehend mit dem wohl schnellstmöglichen Wachstum des Vereins. Aktuell ist der 1. FC Egestorf/Langreder auf dem besten Weg die 500er Mitgliedermarke zu knacken.

Wie kommt es, dass ein „Nicht-Egestorfer“ an die Spitze eines derart erfolgreichen Clubs gelangt? Denn Fakt ist: Torsten Seebeck ist ein Zugereister. „Stimmt“, sagt der 51-jährige Familienvater. Warum ihm das gelang, dafür hat er keine konkrete Antwort. Er habe sich eben von Beginn an im Verein engagiert, früh seine beiden Söhne zum Fußball gebracht und durch seine Frau Clementine, die beim Frauenfußball aktiv war, Kontakte erhalten und „genauer hingeschaut“. So habe es sich später dann einfach ergaben.

Fulltime-Job: Torsten Seebeck auf dem Chefsessel – sowohl im eigenen Unternehmen als auch im Sportverein.

Seebeck ist Hannoveraner; ein Kind der Nordstadt. Bei der Arbeit lernt er seine spätere Ehefrau kennen, die als gebürtige Holländerin ebenfalls in Hannover beruflich wirkt. Die frühere Arbeitskollegen bleibt „der Liebe wegen“ (sagt sie) in Deutschland. Anfang der 1990er Jahre zieht die junge Familie an den Deister, quartiert sich zunächst in verschiedene Wohnungen im Barsinghäuser Stadtteil Egestorf ein, ehe sie sich im eigenen Haus an der Wennigser Straße niederlässt. Damit wohnt der FC-Präsident nun dort, wo ein Vereinschef zu wohnen hat: „Unser Garten grenzt direkt an den Gästeeingang zum Stadion an der Ammerke“, schmunzelt Torsten Seebeck.

Ein Grund, warum die Deisterstadt neue Heimat der Seebecks wurde, war die berufliche Veränderung. Unternehmensgründung – die später erfolgte Selbstständigkeit kam auf den Plan. „UniTec Projects & Engineering GmbH“ firmiert das Unternehmen mit Sitz in Barsinghausen, dessen Inhaber Torsten Seebeck ist. Ein Begriff, der bei der Suche im Internet durchaus für Verwirrung sorgen kann. „Im Großen und Ganzen beschäftigen wir uns mit dem Vertrieb von großen Motoren und Steuerungsanlagen“, verdeutlicht der Firmenchef. Ein weltweit agierendes Unternehmen zu leiten und so ganz nebenbei einen Regionalliga-Club als Präsident zu führen, das könnte man im Scherz „ein recht sportliches Programm für den Alltag“ nennen.

Auf dem Feld: Torsten Seebeck (hinten links) als aktiver Fußballer – hier mit seiner Betriebsmannschaft „Unitec“, die seit Jahren beim alljährlichen Barsinghäuser Benefiz-Masters teilnimmt und sich wie hier im Jahre 2010 den Titel des Hobby-Turniers sicherte.

Natürlich begann das Engagement bei Germania des nun scheidenden Präsidenten nicht sogleich auf der Chefposition. Das Ehepaar Seebeck erinnert sich an das Jahr 1999: Clementine spielte aktiv in der Egestorfer Frauenmannschaft, Torsten ging mit an die Ammerke und kickte selbst in der III. Herren beziehungsweise Altherren (Ü32). Erste Kontakte führen auf den Namen Jörg Pläge zurück, den langjährigen Jugendleiter des TSV Egestorf. „Wer dann wen konkret in die Vorstandsarbeit reingeschubst hat – fraglich“, sagt das Paar.

Fakt ist jedenfalls, dass Torsten parallel zur Selbstständigkeit mit der Vorstandsarbeit begann. 2009 sei das gewesen, erinnert er sich. Der Einstieg erfolgte zunächst als Vize-Präsident unter Frank Hoffmann. Auch für Clementine ergaben sich diverse Betätigungsfelder im Ehrenamt – Frauenobfrau, Geschäftsführerin, Schatzmeisterin des Fördervereins und dergleichen mehr. Nachdem die Ehefrau mittlerweile das Funktionärswesen weitgehend aufgegeben hat, will nun auch   der Ehemann diesen Job beenden.

Amtsaufgabe: Clementine Seebeck (rechts) gab den Staffelstab bereits im Jahr 2015 in jüngere Hände.

Warum? „Gerade das letzte Jahr hat sich zu einem Fulltime-Job entwickelt. Es gab Tage, da sitzt man acht Stunden an der Vereinsarbeit. Allerdings gab es auch ruhigere Zeiten“, sagt der 51-Jährige. Klar, der Aufwand sei enorm, aber es habe nicht ein einziges Jahr gegeben, das er bereut habe. Selbstverständlich hätten sich in dieser Zeit auch immer wieder Widerstände aufgetan – für ihn sei es eine Herausforderung gewesen, diese dann auszufechten.

Apropos: Die beruflichen Herausforderungen geben den wohl größten Hinweis darauf, warum Torsten Seebeck nicht erneut bei der Präsidentenkür antritt. Mehr dazu ist aus dem Protagonisten nicht herauszubekommen. Es sei jedenfalls nicht die an diversen Stellen öffentlich gemachte und kritisierte Nähe zum Niedersächsischen Fußballverband (NFV) und das dadurch – sagen wir mal – nicht so prächtige Image der Germanen. „Für mich ist das die Schmälerung der geleisteten Arbeit unseres Vorstands“, betont der FC-Präsident. Oftmals fehle ihm bei der Kritik der respektvolle Umgang.

Auch für ihn habe der Club eine rasante Entwicklung gemacht. Zweifellos sei die Gesamtentwicklung in Sachen erfolgreicher Fußball von langer Hand geplant gewesen. „Viele Leute ziehen bei uns die Fäden. Es sind einfach die richtigen Personen am richtigen Platz“, sagt Seebeck. Dabei sei auch die Gründung des Jugendfördervereins (JFV) Calenberger Land eine richtungsweisende Entscheidung gewesen. „Erfolg macht eben sexy und so erhielten wir Kompetenzen aus dem weiteren Umfeld. Die Schlüsselpositionen sind allesamt positiv besetzt“, bekräftigt der FC-Chef.

In den Jahren seines Vorsitzes sei das vergangene 2016 selbstredend das herausragende Jahr gewesen – nicht nur für ihn als Vorstandsvorsitzenden, sondern ebenso in der Clubgeschichte. Regionalliga-Aufstieg, Vize im Landespokal (Krombacher-Niedersachsenpokal) mit der Qualifikation für den DFB-Pokal (1. Runde gegen das Bundesligateam der TSG 1899 Hoffenheim) sowie damit verbundene Fernsehauftritte – Seebeck benennt einige der beeindruckenden Erfolge. „Das kam alles so schnell, dass wir oft vor Problemen standen und uns gefragt, ob wir das schaffen“, erzählt Seebeck und spricht damit in erster Linie Organisation, Regelauflagen und Logistik an. Vielleicht sei die jeweilige Kurzfristigkeit ein Vorteil gewesen, um machbare Lösungen zu finden, meint er. „Es musste ja klappen und es hat funktioniert.“

Vergangenheit: Dieses Vorstandstrio wird am 24. März Geschichte sein – Präsident Seebeck (Mitte) mit seinen Vorstandskollegen Andreas Nikolai (links) und Martin Surau (rechts).

Gibt es bei all den vielen Höhepunkten in seiner rund sechsjährigen Amtszeit auf dem Chefsessel besondere Highlights? „Ich nenne mal zwei, an die ich mich nur allzu gern erinnere “, sagt er. „Einerseits waren es die zahlreichen Aktionen rund um den Oberliga-Aufstieg. Da war viel Belohnung, aber auch Erleichterung dabei. Andererseits hat mich die Eröffnung unseres Kunstrasenplatzes absolut beeindruckt – immerhin mit Segnung durch die Egestorfer Pastorin. Das hatte ich noch nie erlebt.“

Bis zum 24. März (in den Abendstunden wird ein neuer Germanen-Präses gewählt) nimmt Torsten Seebeck seinen Vorstandsjob wahr – und ernst. „Eigentlich will ich davon noch gar nichts lesen“, sagt er nochmals. Denn: Die internen Gespräche laufen. Wie es ab Ende März weitergehe, soll zeitnah entschieden werden. „Ich will mit dafür sorgen, dass es der richtige Weg sein wird“, betont Torsten Seebeck.

Zum Thema

„Ja, Torsten wird nicht erneut als Präsident kandidieren“, bestätigte Andreas Nikolai in einem Gespräch bereits zum Ende des vergangenen Jahres. Nikolai muss es wissen, immerhin ist er einer von Seebecks Stellvertretern und dabei insbesondere für die Finanzen des 1. FC Germania Egestrof/Langreder zuständig. Genau jenes Schatzmeisteramt würde ihm eine eigene Kandidatur verbieten. „Ich habe in den letzten Jahren so viel Engagement in diesen speziellen Arbeitsbereich investiert und glaube nicht, dass ich das jetzt so einfach in andere Hände übergeben kann“, sagt Nikolai und schließt im DJ-Gespräch sein Aufrücken auf den Präsidentensessel kategorisch aus.

Es seien etliche Gespräche mit Kandidaten gelaufen. Schlussendlich wolle man den Vorstandsvorschlag am Freitag, 24. März, anlässlich der Jahreshauptversammlung im Egestorfer Vereinsheim präsentieren. Beginn des Mitgliedertreffens ist um 19.30 Uhr. Nikolai: „Ich finde es wirklich gut und fair gegenüber unserem Kandidaten, dass wir das bislang geheim halten konnten. Sorry, aber Namen werde ich nicht nennen.“

Herr der Zahlen: Schatzmeister Andreas Nikolai neben Präsident Torsten Seebeck. Fotos: Bratke

Neben den Vorstandswahlen sind die Mitglieder zudem aufgefordert, über eine Beitragserhöhung abzustimmen. Die thematische Erörterung darüber läuft unter Punkt 6 der Tagesordnung, dem Haushaltsplan für 2017. Selbstverständlich wird Schatzmeister Nikolai die Argumente für die Notwendigkeit der Beitragsanpassung parat haben. In erster Linie sei es die leidige Kostenschraube. So hätten sich in den vergangenen vier bis fünf Jahren die Kosten um rund 20 Prozent erhöht, habe er errechnet.

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