Tore am Fließband: Note 1 für die Schüler und den „Grundschulcup“

Groß Munzel. Umstrittene Premiere einerseits, gelungenes Debüt andererseits: Bei der jüngsten Zeugnisvergabe durften Niedersachsens Grundschulen auf Erlass des Kultusministeriums erstmals komplett auf die üblichen Noten verzichten. „Mehr Gestaltungsspielräume“ meint die Landesregierung, während die Opposition den Erlass als „leistungsfeindlich“ kritisiert. Auf lokaler Ebene feierte indes der „Barsinghäuser Grundschulcup“ kurz vor Ferienbeginn einen absolut gelungenen Einstand, für den es durchaus Bestnoten hätte geben können.

Von Erk Bratke

Freilich gab es auch auf dem Soccer-Court des TSV Groß Munzel keine Noten, bestenfalls Applaus und aufmunternde Worte. Aber wenn man so will, hätten die teilnehmenden Grundschüler für Gestaltung und Spielraum sowie Leistungsbereitschaft eine glatte Eins verdient gehabt. Für einige Ausnahmetalente wäre gar eine Eins mit Sternchen drin gewesen. Tore am Fließband: Nach rund vierstündigem Hin und Her war es geschafft. Initiator Andreas Dreier, angestellt bei der Grundschule Groß Munzel, war hoch zufrieden: „Eine tolle Premiere, alle hatten mächtig Spaß.“ Mehr als 110 Jungen und Mädchen aller sieben städtischen Grundschulen kickten auf dem DFB-Mini-Spielfeld nach Herzenslust um die Wette.

Bemerkenswert dabei: Über ein Tor wurde auch dann noch gejubelt, wenn das eigene Team zuvor schon ein halbes Dutzend Treffer kassiert hatte. Grund dafür: Allzu unterschiedlich waren die insgesamt 16 Mannschaften besetzt. Logisch, dass beispielsweise die „Blümchenpflücker“ der Adolf-Grimme-Schule (ausnahmslos Erst- und Zweitklässler) gegen die routinierte Formation der Hohenbosteler Wilhelm-Busch-Schule (Dritt- und Viertklässler) absolut chancenlos waren.

Torjubel: Jeder Treffer wurde gefeiert – auch dann, wenn das eigene Team zuvor schon ein halbes Dutzend Tore kassiert hatte. Foto: Bratke
Torjubel: Jeder Treffer wurde gefeiert – auch dann, wenn das eigene Team zuvor schon ein halbes Dutzend Tore kassiert hatte. Foto: Bratke

Neben den beiden genannten Grundschulen stellten auch die Albert-Schweitzer-Schule aus Goltern, die Astrid-Lindgren-Schule aus Kirchdorf, die Ernst-Reuter-Schule aus Egestorf, die Wilhelm-Stedler-Schule aus der Kernstadt sowie die Munzeler Grundschule ihre Vertretungen – ein überaus buntes Bild. Eine Zwei-Plus hatten sich die zahlreichen Eltern, Geschwister und Freunde verdient; von der Bande aus feuerten sie die kickenden Kids auch bei leichten Regenschauern lautstark an. So rollte der Ball auf dem Kunstrasenspielfeld vier Stunden lang quasi ohne Pause.

Zwar wurden die Resultate der vier Spielgruppen à vier Teams von Dreyers Helferinnen (Fußballerinen des TSV GM) fein säuberlich notiert, doch großartiges Interesse daran hatten die wenigsten Teilnehmer. Anders als beispielsweise im Vereinsfußball üblich fragte der Nachwuchs eher selten nach dem Tabellenstand als vielmehr danach, wann denn nun der nächste Einsatz erfolgen würde – „wann sind wir endlich wieder an der Reihe?“ Andreas Dreier dazu: „Genau das wollten wir erreichen, den Spaß für alle. Und wenn wir dann die Kinder für den Fußball gewinnen können, um so besser.“

So erklärte Dreier, der sich in Groß Munzel seit etlichen Jahren vor allem um den Mädchenfußball verdient gemacht hat, auch die Vorgeschichte des „Grundschulcup“. Auf dem Spielfeld zu verlieren, sei logischerweise okay. Aber mehr und mehr Fußballkids zu verlieren – nein, dagegen müsse man etwas tun. Mit seinem Wunsch lief Dreier beim Niedersächsischen Fußball-Verband (NFV) auf, wo die Idee verständlicherweise positiv aufgenommen wurde. Mehr noch: NFV-Mitarbeiter, die gleichwohl im Jugendbereich des 1. FC Germania Egestorf/Langreder beziehungsweise JFV Calenberger Land ehrenamtlich tätig sind, entwickelten das Konzept und schoben das Projekt an. Schlussendlich stieß man auch bei den örtlichen Schulleitern auf offene Ohren.

So bahnbrechend neu ist die Idee des „Grundschulcup“ zweifellos nicht. Ähnlich geartete Turniere gibt es seit Jahren bereits als Kindergarten- und Kindertagesstätten-Wettstreit im Fußball sowie als Grundschulliga im Handball. Gut so! Der Premiere in Groß Munzel – auch als Hinrunde tituliert – soll eine Rückrunde auf dem Soccer-Court in Egestorf folgen. Indes überlegt Andreas Dreier schon in Richtung einer Ausweitung des Schülerturniers. „Wir könnten auch das Mini-Spielfeld in Hohenbostel mit aufnehmen.“

Plakativ: Grundschüler aus Groß Munzel und Organisatoren freuten sich auf die Premiere des „Barsinghäuser Grundschulcup“. Foto: privat
Plakativ: Grundschüler aus Groß Munzel und Organisatoren freuten sich auf die Premiere des „Barsinghäuser Grundschulcup“. Foto: privat

Übrigens – das bunte Bild in Groß Munzel hatte noch einen weiteren Gewinner: Der Schulförderverein hatte die Bewirtung mit Speisen und Getränken vorbereitet. „Der Erlös geht an unseren Verein“, erklärte die Vorsitzende Simone Haller. Unter anderem soll damit eine Erneuerung des Werkbereichs an der Schule finanziert werden.

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Arbeitsgemeinschaften für fußballbegeisterte Kinder an Barsinghäuser Grundschulen – die Einrichtung derartiger AGs nimmt Fahrt auf. Aktuell bieten fünf der insgesamt sieben städtischen Schulen ein solches Programm an. So leitet „Grundschulcup“-Initiator Andreas Dreier bereits seit rund zehn Jahren eine freiwillige Fußball-AG für die Dritt- und Viertklässler an der GS Groß Munzel.

Seit rund fünf Jahren läuft nun auch schon die Kooperation zwischen der Adolf-Grimme-Schule (AGS) in der Kernstadt und dem TSV Barsinghausen. „Schule und Verein“ heißt das Projekt, dass sowohl vom Deutschen Fußball Bund (DFB) mit sogenannten „Anfängerpaketen“ als auch von der Schulbehörde gefördert wird. „Wir sind mächtig stolz und hoch zufrieden, dass wir neben Basketball und Handball auch die Fußball-AG schon so lange im Programm haben“, sagt Tanja Thillmann, die an der AGS unter anderem für den Fachbereich Sport zuständig ist.

Mini-Pokale für Mini-Kicker: Die Adolf-Grimme-Schule hatte vorgesorgt und überraschte die Kids mit kleinen Trophäen. Foto: Bratke
Mini-Pokale für Mini-Kicker: Die Adolf-Grimme-Schule hatte vorgesorgt und überraschte die Kids mit kleinen Trophäen. Foto: Bratke

Die AG der Grimme-Schule ist in die Ganztagsbetreuung integriert. Einmal pro Woche wird in den Nachmittagsstunden trainiert. „Kleine Kinder, kurze Wege“, sagt Thillmann, „insofern sind wir als Kernstadtschule beim TSV Barsinghausen bestens aufgehoben.“ Die TSV-Fußballsparte stellt den Trainer, der die interessierten Kids fernab von Leistungsgedanken kicken lässt – wahlweise in der Turnhalle oder auf dem Outdoor-Spielfeld.

Das Angebot richte sich in erster Linie an die Kinder, die sich nach der täglichen Schulzeit in der Ganztagsbetreuung befinden. Vor jedem Schuljahr werde abgefragt, wer Interesse hat – von Klasse 1 bis 4. „Natürlich können auch Kinder mitmachen, die nicht in der Ganztagsbetreuung sind“, verdeutlicht Tanja Thillmann und betont: „Ein Casting wegen vermeintlicher Leistungsstärke gibt es bei uns nicht. Der Spaß steht im Vordergrund.“

Indes endete beim Soccer-Turnier in Groß Munzel eine Ära: Nach rund dreijähriger Tätigkeit gab AGS-Trainer Marvin Marten zum Abschluss des Schuljahres seinen Ausstand. Der 18-jährige A-Jugendliche von Basche United hat seine eigene Schulzeit beendet und tritt im Juli seinen Freiwilligendienst bei der Bundeswehr an. „Super! Es war toll mit anzusehen, wie Marvin mit den Kids umgegangen ist“, lobte Thillmann. Nicht von ungefähr überreichten die Schüler ihrem Trainer zum Abschied einen großen Pokal zum Dank.

Verabschiedung: Die Kinder der AGS-Fußball-AG überreichten ihrem scheidenden Trainer Marvin Marten einen Pokal als Dankeschön. Foto: Bratke
Verabschiedung: Die Kinder der AGS-Fußball-AG überreichten ihrem scheidenden Trainer Marvin Marten einen Pokal als Dankeschön. Foto: Bratke

Selbstverständlich soll die Fußball-AG an der AGS fortgesetzt werden. Eine Fortsetzung erhofft sich auch der TSV Kirchdorf für seine AG in der Astrid-Lindgren-Schule, wo FSJler Maximilian Merten im Einsatz war. Dass zwischenzeitlich der 1. FC Germania an der Kirchdorfer Grundschule eine zweite AG eingerichtet hat, kann Günter Hoff nicht so ganz nachvollziehen. „Eigentlich war bekannt, dass wir dort ein Angebot installiert haben“, sagte Kirchdorfs kommissarischer Vorstandsvorsitzender.

Weitere Arbeitsgemeinschaften für fußballbegeisterte Kinder bietet der 1. FC Germania seit März an drei weiteren Schulen an. Neben Kirchdorf konnte in Kooperation mit der Ernst-Reuter-Schule in Egestorf, der Wilhelm-Stedler-Schule und Bert-Brecht-Schule in Barsinghausen der allgemeine Sportunterricht für fußballbegeisterte Kinder erweitert werden. „Dabei stellt der 1. FC Germania zusammen mit dem JFV Calenberger Land an insgesamt sieben Schulstunden einen lizenzierten Trainer und Trainingsmaterialien aus dem Verein zur Seite“, erklärte Projektleiter Tilman Zychlinski.

T-Shirts mit eigenem Wappen: Martin Wildhagen (links) von der Stadtsparkasse präsentierte die neuen Shirts gemeinsam mit Tilman Zychlinski. Foto: privat
T-Shirts mit eigenem Wappen: Martin Wildhagen (links) von der Stadtsparkasse präsentierte die neuen Shirts gemeinsam mit Tilman Zychlinski. Foto: privat

Wie Zychlinski mitteilte, werde dieses Unterfangen auch aktiv von der Stadtsparkasse Barsinghausen unterstützt. „Dank der Mithilfe von der SSK und der Firma Concepttec können wir jedem Kind nun auch ein Trainings-T-Shirt aushändigen.“ Das besondere an den Shirts: „Unsere Schulmannschaften laufen mit einem eigenen Logo auf, bei dem das Wappen des jeweiligen Stadtteils integriert wurde“, sagte Zychlinski. Martin Wildhagen von der SSK Barsinghausen begründete die Unterstützung wie folgt: „Wir erachten es als sehr wichtig, die Barsinghäuser Schülerinnen und Schüler über sportliche Aktivitäten zu begeistern.“ Dies gelinge mit den vier Schulfußball-AGs von Germania sonderlich gut.

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