
Niedersachsen. Niedersachsens Sozialministerin Dr. Carola Reimann hat namens der Landesregierung auf eine Dringliche Anfrage der Fraktion der FDP geantwortet.
Die Abgeordneten der Fraktion der FDP hatten gefragt: Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie nehmen Gesundheitsämter eine Schlüsselrolle ein. Damit sie ihre Aufgaben erfüllen können, müssen sie technisch und personell angemessen ausgestattet sein.
Zur personellen Unterstützung hatte das Land Ende 2020 Landesbeamte in die kommunalen Gesundheitsämter entsandt, um die Kontaktnachverfolgung bei Corona-Infizierten zu gewährleisten. Einen technischen Beitrag kann die Pandemiebekämpfungssoftware „Sormas“ leisten. Die Bundesregierung hatte die Gesundheitsämter im November 2020 aufgefordert, die Software zu installieren. Durch die Förderung des Bundesgesundheitsministeriums steht die Software den Ämtern kostenlos zur Verfügung. Bundesweit hat bisher weniger als ein Drittel der mehr als 370 Gesundheitsämter „Sormas“ installiert.
Wir fragen die Landesregierung:
Ministerin Dr. Carola Reimann beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
– Es gilt das gesprochene Wort –
- Die Bewältigung der SARS-CoV-2-Pandemie erfordert einen erheblichen Personaleinsatz in den niedersächsischen Landkreisen und kreisfreien Städten bzw. deren Gesundheitsämtern. Sowohl die Fallbearbeitung als auch die Kontaktnachverfolgung im Zuge der im Oktober begonnenen „Zweiten Welle“ konnte nur beherrscht werden, weil das Personal in den Infektionsabteilungen der Gesundheitsämter massiv aufgestockt wurde.
- Zum Einsatz kamen hier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den folgenden Bereichen:
- aus anderen Arbeitsbereichen der Gesundheitsämter,
- aus anderen Abteilungen der Kreisverwaltung (Veterinäramt, Ordnungsamt etc.),
- von Hilfsorganisationen,
- vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MD)
- von anderen Landesinstitutionen, z.B. Finanzämtern,
- Bundeswehrsoldateninnen und -soldaten,
- Containment Scouts des RKI,
- kurzfristig eingestelltes Zusatzpersonal, z.B. Studierende,
- Ehrenamtliche und Freiwillige.
Auf diese Weise haben viele Gesundheitsämter ihren Personalbestand vervielfacht,
teilweise bis zum Vier- oder Fünffachen der Stammbesetzung.
Diese neuen Kolleginnen und Kollegen mussten eingearbeitet und in die Software eingewiesen werden. Dies bedeutete ebenfalls eine erhebliche Herausforderung für die Gesundheitsämter. Im Laufe des Monats November gab es einige Überlastungsanzeigen gegenüber dem NLGA. Nachdem der Personalaufwuchs im November vollzogen und das zusätzliche Personal eingearbeitet war, konnten die Aufgaben wieder geleistet werden.
Die meisten Überlastungsanzeigen wurden zurückgezogen.
Als positiver Effekt kam hinzu, dass durch die Maßnahmen des Lockdown die Anzahl der nachzuverfolgenden Kontakte bei den einzelnen Infizierten deutlich reduziert werden konnte. In Zeiten ohne Lockdown, wie zu Beginn der Pandemie oder im Spätsommer 2020,
haben Menschen, die sich mit dem Coronavirus infiziert hatten, oft durchschnittlich 20-40 relevante Kontakte benannt. Während des Lockdowns reduzierte sich die Anzahl auf 2-6 Kontaktpersonen, überwiegend aus dem eigenen Haushalt.
Das führt selbstverständlich auch zu einer Entlastung auf Seiten der Gesundheitsämter.
Dies vorangeschickt beantworte ich die Fragen wie folgt:
- Wie viele Gesundheitsämter in Niedersachsen zeigen aktuell Engpässe bei der Kontaktnachverfolgung an?
Das Kompetenzzentrum für Großschadenslagen im Niedersächsischen Innenministerium (KomZ) nimmt Bedarfsanforderungen der kommunalen Aufgabenträger entgegen und koordiniert die Entsendung des bereitgestellten Landespersonals. Bislang wurden zum Stand vergangener Woche 65 kommunale Anforderungen bearbeitet, wovon inzwischen 2 Amtshilfeersuchen zurückgezogen wurden. Dabei kamen in 36 Kreisen und Städten Bedienstete aus dem Landesdienst zum Einsatz.
Darüber hinaus hat die Bundeswehr 281 Soldatinnen und Soldaten in 26 Katastrophenschutzbehörden zur Unterstützung der Gesundheitsämter bei der Kontaktnachverfolgung entsandt. Außerdem finanziert das Land die Personalkosten der 17 mobilen Kontaktnachverfolgungsteams, die mit Kräften der Hilfsorganisationen besetzt sind. Diese sind bei den Katastrophenschutzbehörden angesiedelt.
Derzeit hat ein Gesundheitsamt dem NLGA einen Kapazitätsengpass bei der Kontaktnachverfolgung angezeigt. - Aus welchen Bereichen der Landesverwaltung werden Landesbeamte die Gesundheitsämter voraussichtlich wie lange unterstützen?“
Das Landeskabinett hat in der letzten Woche beschlossen, die Unterstützung des ÖGD durch Personal der Landesverwaltung bis zum 30.06.2021 weiterzuführen.
Mit Ausnahme des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (MS), das aufgrund seiner federführenden Verantwortung in der Pandemie
und seiner zentralen Funktion für den ÖGD besonders stark gefordert ist, melden alle anderen Ressorts anteilig Personal für einen möglichen Unterstützungseinsatz in den örtlichen Gesundheitsämtern. Derzeit liegen dem KomZ für die kommenden Wochen bereits 63 Anforderungen der Städte und Kreise vor, mit einem Bedarf von 1 – 80 Vollzeiteinheiten je nach Größe des Gesundheitsamtes. Insgesamt summiert sich der Bedarf bislang auf rund 390 VZE. Aktuell werden die von den Ressorts gemeldeten Landesbediensteten auf die konkreten Bedarfsanforderungen verteilt. - Wie will die Landesregierung den unverzüglichen flächendeckenden Einsatz von „Sormas“ in den niedersächsischen Gesundheitsämtern sicherstellen?
Entscheidend ist das Erreichen des gemeinsamen Ziels, die wichtige und aufwändige Arbeit der Gesundheitsämter vor Ort mit Hilfe digitaler Hilfsmittel bei der Bewältigung der pandemischen Lage zu unterstützen.
Aus diesem Grund haben die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin die flächendeckende Einführung von SORMAS beschlossen.
Lassen Sie mich eins hier ganz deutlich sagen:
auch die Gesundheitsämter, die bisher SORMAS nicht eingeführt haben, verwenden bereits Softwarelösungen zur Kontaktnachverfolgung.
Alle Gesundheitsämter verwenden seit 2001 eine Software für die Verarbeitung der Meldungen.
Entweder wird das vom RKI zur Verfügung gestellte Programm SurvNet verwendet,
oder sogenannte kommerzielle Programme, wie ISGA, Octoware oder Mikropro.
Nahezu alle Meldesoftwareprogramme, die die Gesundheitsämter verwenden, besitzen mittlerweile Komponenten zur Kontaktnachverfolgung.
Bekannt ist beispielsweise das Zusatztool Mikado der Software Mikropro,
aber auch die anderen Hersteller bieten vergleichbares, z.B. Octoware, GUMAX und ISGA.
Auch die vom RKI kostenlos bereitgestellte Software SurvNet@RKI besitzt inzwischen die grundlegenden Funktionalitäten zur Verwaltung der Kontaktpersonen.
Aus diesem Grund sind wir im Gespräch mit den Kommunen und den Kommunalen Spitzenverbänden um insbesondere die folgenden Fragen zu besprechen:
- die Frage der unterschiedlichen Qualitäten der Systeme
- die Schnittstellenproblematik zu den Systemen des RKI
- die Frage der Einführung einer neuen Software in Zeiten der Pandemie durch die ohnehin stark belasteten Gesundheitsämter.
Eine flächendeckende Einführung von SORMA setzt die Lösung dieser Fragestellungen voraus.