Erk Bratke – Ein Lokalredakteur mit Leib und Seele

Das Deister Journal trauert: Erk Bratke (eb) verstirbt völlig unerwartet mit 62 Jahren

Immer für den Leser da: Von links Lokalredakteur Erk Bratke, Redaktionssekretärin Rita Hencke, Bürgermeister Helmut Körber und Redaktionsleiter Wolf Kasse
Immer für den Leser da: Von links Lokalredakteur Erk Bratke, Redaktionssekretärin Rita Hencke, Bürgermeister Helmut Körber und Redaktionsleiter Wolf Kasse

Der Tag fängt gut an. In aller Frühe treffe ich mich mit meinem Unternehmerteam. Zwei Stunden später fahre ich wieder zurück und setze mich an den Schreibtisch. Dann klingelt mein Handy an diesem Dienstag, dem 29. Oktober 2019. Ich schaue auf das Display. Eine unbekannte Nummer aus Frankfurt. „Hallo Herr Kasse. Hier ist Christine Klein von der Bildredaktion der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Ich bin auf der Suche nach Fotos von Güney Artak für einen morgigen Text in der F.A.Z., könnten Sie mir die Fotos, die Sie in Ihrem Deister Journal veröffentlicht haben, zur Verfügung stellen?“ „Kein Problem“, antwortete ich. „Allerdings hat die Fotos mein Kollege Erk Bratke gemacht, ich frage gerne nach, ob er einverstanden ist, und melde mich dann wieder bei Ihnen“.

Ich verabschiede mich von der Kollegin und wähle die Nummer von Erk. Er nimmt nicht ab, also schreibe ich eine kurze Mail und eine WhatsApp hinterher. Sieben Minuten später klingelt mein Telefon erneut. Erk ruft an, sagt mein Display. Doch dann ist auf einmal alles anders. Es ist nicht Erk, der mich zurückruft. Ich muss erfahren, dass mein langjähriger Freund und Kollege am Tag zuvor verstorben ist. Sein Herz hat aufgehört zu schlagen. Einfach so.

Diese Nachricht trifft mich tief, zieht mir den Boden unter den Füßen weg. Das kann doch nicht sein, denke ich. Er hat dir doch eben noch zum Geburtstag gratuliert. Und wir haben doch gerade vereinbart, dass wir uns auf einen Kaffee treffen, sobald er aus dem Urlaub wieder da ist.

„Ich hatte das große Glück, dass ich meine Hobbys wie Sport, Musik und Reisen zum Beruf machen durfte. Dafür bin ich dankbar.“

Erk Bratke, 19. November 2010

So viele gemeinsame Jahre

Dann kommen die Erinnerungen, die Bilder im Kopf. So viele gemeinsame Jahre. Wir kennen uns seit der Jugendzeit, sind uns in so mancher Nacht in den Barsinghäuser Szene-Treffs begegnet. Nach der Lehre zum Verlagskaufmann und der Bundeswehrzeit nimmt Erk ein Studium der Germanistik und Politologie auf. Mitte der 1980er Jahre fängt er als freier Mitarbeiter bei der Deister-Leine-Zeitung an, wo ich seit dem 1. März 1980 als Lokalredakteur arbeite. Das ist genau sein Ding. Er bricht das Studium ab, um 1987 sein Volontariat bei der DLZ zu beginnen. So kommt es, dass ich, mittlerweile Redaktionsleiter, Erk zum Redakteur ausbilde. Es ist der Beginn einer Freundschaft, die weit über das berufliche Umfeld hinausgeht. Wir arbeiten zusammen, wir lachen zusammen, wir trauern zusammen. Woche für Woche. Jahr für Jahr.

Erk Bratke in Aktion. So kennt man ihn auf den Sportplätzen in der Region Hannover und darüber hinaus.
Erk Bratke in Aktion. So kennt man ihn auf den Sportplätzen in der Region Hannover und darüber hinaus.

Immer im direkten Kontakt mit den Menschen

In der Region Hannover und darüber hinaus kennen Erk die meisten Menschen als Sportjournalisten. Unsere gemeinsame Zeit als Journalisten-Kollegen hat aber anders angefangen. Als Mitglied der Lokalredaktion schreibt Erk über alles, was in Barsinghausen und Umgebung los ist. Unabhängig, kritisch und fair wird alles abgearbeitet, was gerade anliegt. Von der Goldenen Hochzeit bis hin zur Kommunalpolitik. Er übernimmt den redaktionellen Aufbau der Außenstelle Wennigsen. Immer in direktem Kontakt mit den Menschen, über die man schreibt. Nicht die schlechteste Schule, um wirklich zu begreifen, was Journalismus bedeutet. Erk hat es schnell verinnerlicht. Er hat das Talent zum Schreiber, ist ein guter Zuhörer und recherchiert, bevor er einen Buchstaben zu Papier bringt. Richtig, zu Papier. Denn in der Zeit, in der wir als Journalisten starten, gibt es Schreibmaschinen in der Redaktion. Und Festnetztelefone. Und Fotoapparate mit Film.

Erk Bratke (vorne, 3. von rechts) hat nicht nur über Sport geschrieben. Er hat ihn geliebt und gelebt. Hier mit den Basche Allstars 2005.
Erk Bratke (vorne, 3. von rechts) hat nicht nur über Sport geschrieben. Er hat ihn geliebt und gelebt. Hier mit den Basche Allstars 2005.

Erk wird erster fest angestellter Sportredakteur der DLZ

Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre steht die DLZ gut da. Die Redaktion wächst, die Leserzahlen bewegen sich stabil auf hohem Niveau. Erk wechselt das Ressort, wird zum ersten fest angestellten Sportredakteur der DLZ. Ich habe seinerzeit das Sportressort der DLZ etabliert, und mit Karsten Seifert kommt der zweite Sportredakteur hinzu. Die beiden legen richtig los, haben neue Ideen, entwickeln einen starken Sportteil. Da kann die Konkurrenz nicht mithalten. Keine andere Zeitung in der Region präsentiert den Jugendsport so stark wie die DLZ. Muss das Sportressort anfangs noch um den Platz in der Zeitung kämpfen, ist die tägliche Seite Heimatsport mit Beginn der 1990er Jahre selbstverständlich.

Redakteur Erk Bratke für die DLZ in Szene im Gespräch mit den Initiatoren des Live Open in Groß Munzel, Mario Leupold, Sandra Stange und Dirk Lahmsen (von links).
Redakteur Erk Bratke für die DLZ in Szene im Gespräch mit den Initiatoren des Live Open in Groß Munzel, Mario Leupold, Sandra Stange und Dirk Lahmsen (von links).

Erk setzt die „DLZ in Szene“

Neben dem Sport ist die Musik die zweite große Leidenschaft von Erk Bratke, verbunden mit der Jugendkultur. Zusammen mit Karsten Seifert und anderen Akteuren setzt er die „DLZ in Szene“. Die gleichnamige Jugendseite füllt eine Lücke, die die bis 1975 von Klaus Danner gestaltete Seite „Schwarz auf Weiß“ hinterlassen hat. Am 14. August 1986 erscheint die erste „DLZ in Szene“, es folgen noch viele weitere, bis der Verlag im März 2004 entscheidet, dass es künftig keine gesonderte Seite für die Jugend- und Kulturszene mehr gibt. Aus meiner heutigen Sicht steht diese Entscheidung symbolisch für den Niedergang der Heimatzeitung. Es folgen noch viele weitere Kosten-Nutzen-Überlegungen „von oben“, die nicht zum Wohle der Leserinnen und Leser, und damit der zahlenden Kunden, ausfallen. Darüber haben Erk und ich oft diskutiert. In der Folge schrumpft nicht nur die Redaktion, sondern auch die Zahl der Abonnenten. Das Ende ist bekannt.

Wir machen weiter. Frei und unabhängig

Seit Jahrzehnten Freunde und Kollegen: Lokalredakteure Erk Bratke und Wolf Kasse
Seit Jahrzehnten Freunde und Kollegen: Lokalredakteure Erk Bratke und Wolf Kasse

Einmal Journalist, immer Journalist. Das habe ich mir nach dem Aus der DLZ gesagt. Zusammen mit Erk habe ich das Deister Journal geplant. So hält er an, der gemeinsame berufliche Werdegang. In den vielen Jahren zuvor ist zwischen uns ein bedingungsloses Vertrauen entstanden. Also kann Erk so arbeiten, wie er es will. Für das Deister Journal geht er im Sportteil auf Hausbesuch, schreibt ausführliche Reportagen, kümmert sich um Kultur und Musik. Die letzten Jahre sind keine leichte Zeit, aber wir dürfen das tun, was wir lieben, und niemand redet uns rein. Erk unterstützt mich, wo immer er kann.

Zwischen Erk und mir gibt es vom ersten Tag an ein Ritual. Immer dann, wenn wir uns treffen und wieder auseinandergehen, endet das mit genau diesen Worten: „Mach gut, Wölfi“. Ich sage ein letztes Mal: „Mach gut, Erki“!