Egestorf (wk). Die Ortsfeuerwehr Egestorf besteht seit 110 Jahren. Mit einem Tag der offenen Tür zeigte sich die Wehr von ihrer besten Seite.
Die Sonne strahlte aus allen Knopflöchern, als Ortsbrandmeister Sven Sörenhagen am Samstag, 31. August 2019, den Tag der offenen Tür anlässlich des 110-jährigen Jubiläums seiner Ortsfeuerwehr Egestorf eröffnete. Mit dabei waren unter anderem Gäste, die eine weite Anreise auf sich genommen hatten, nämlich Kameradinnen und Kameraden der befreundeten Feuerwehr Volkach aus Bayern.
Spezialfahrzeuge ziehen die Blicke auf sich
Um allen Gästen eine eindrucksvolle Fahrzeugshow bieten zu können, hatte sich die Ortsfeuerwehr Schützenhilfe aus der Nachbarschaft geholt. So waren das gigantische Flugfeldlöschfahrzeug der Bundeswehr vom Fliegerhorst Wunstorf ebenso wie der Gerätewagen Mess der Feuerwehr Seelze und der Einsatzleitwagen 1 der Schwerpunktwehr Barsinghausen angerückt. Auch der neue Gerätewagen Küche der Regionsfeuerwehrbereitschaft 2 war im Einsatz – hier gab es Gyros zum Probieren. Die Ortswehr Egestorf präsentierte ihr Löschgruppenfahrzeug und das Tanklöschfahrzeug.
Die Jugend sichert den Nachwuchs
Um den Nachwuchs für die Aktiven sicherzustellen, unterhält die Ortsfeuerwehr Egestorf eine Kinder- und Jugendfeuerwehr. Und die zeigten, was sie bereits gelernt haben. Die Jugendfeuerwehr baute eine Wasserversorgung vom offenen Gewässer auf. Den Löschangriff übernahm die Kinderfeuerwehr mit Unterstützung der Jugendlichen.
Fett und Wasser vertragen sich im Brandfall nicht
Mehrfach wurden eindrucksvoll der sogenannte Behälterzerknall und ein Fettbrand mit Wasserkontakt vorgeführt. Beim Behälterzerknall konnte man sehen und vor allem hören, was bei einer Überhitzung von Sprühdosen passieren kann. Darum sollte man Dosen, die unter Druck stehen, nie unbeaufsichtigt im Auto lassen. Insbesondere im Sommer kann es schnell zu einer Überhitzung mit fatalen Folgen kommen.
Warum es keine gute Idee ist, einen Fettbrand mit Wasser zu löschen, zeigte die Ortswehr Egestorf mit spektakulären Versuchen. Gut geschützt und mit gebührendem Abstand wurde versucht, brennendes Fett mit Wasser als Löschmittel anzugehen. Die Folge war eine explosionsartige Ausbreitung des Feuers. In der heimischen Küche kann das tödlich enden. Die Feuerwehr rät, im Falle eines Fettbrandes einen Deckel auf Topf oder Pfanne zu legen, um dem Feuer den Sauerstoff zu entziehen. Wenn möglich, schaltet man den Herd ab und wählt gegebenenfalls den Notruf. Davor muss niemand Angst haben: Die Feuerwehren kommen lieber einmal umsonst als einmal zu spät.
Typisierungsaktion des NKR
Ihren Tag der offenen Tür mit entsprechend großem Publikum nutzte die Orstwehr Egestorf, um eine Typisierunsgaktion des Norddeutschen Knochenmark- und Stammzellspender-Registers (NKR) zu unterstützen. Insbesondere sollte damit die 19-jährige Michelle aus Laatzen-Rethen unterstützt werden. Die junge Frau ist zum wiederholten Male an Blutkrebs erkrankt. Für sie wird ein genetischer Zwilling gesucht, der ihr mit einer Stammzell-Spende das Laben retten kann. Wer helfen will: www.lebenschenken.de
Viel Spaß hatten nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die jungen Gäste der Ortsfeuerwehr Egestorf. Firetrainer, Hüpfburg, Spielangebote und Kinderschminken waren gefragt rund um das Gerätehaus an der Nienstedter Straße. Es gab auch eine große Tombola mit attraktiven Preisen sowie Gegrilltes, Pommes, Kuchen und Getränke.
Das Gebiet der Stadt Barsinghausen ist in fünf Löschbezirke eingeteilt. Die Ortsfeuerwehr Egestorf ist als Stützpunktwehr zusammen mit den Ortsfeuerwehren Kirchdorf und Langreder im Löschbezirk Egestorf zuständig. Der Löschbezirk Egestorf umfasst etwa 25 Quadratkilometer Fläche, auf der rund 11.000 Einwohner in den drei Ortsteilen leben. Außerdem ist die Ortswehr Egestorf im gesamten Stadtgebiet Barsinghausen für die Bahnerdung auf DB-Anlagen zuständig. Als Mitglied der Kreisfeuerwehrbereitschaft der Region Hannover kann die Feuerwehr Egestorf auch überregional eingesetzt werden, wie zum Beispiel beim Innerste-Hochwasser 2007 im Landkreis Hildesheim. Für Einsätze im Deister verfügt der Löschbezirk Egestorf über geländegängige Allrad-Einsatzfahrzeuge.
Aus der Chronik der Ortswehr Egestorf
Die Freiwillige Feuerwehr Egestorf entstand im Mai 1909 aus der bis dahin bestehenden Pflichtfeuerwehr. Im August 1909 genehmigte der Landrat des damaligen Landkreises Linden die Satzung. An der Spitze des Kommandos stand der 1. Hauptmann August Wente. Eine Handdruckspritze und einige Schläuche konnten von der ehemaligen Pflichtfeuerwehr übernommen werden, 35 neue Uniformen gab es von der Gemeinde Egestorf. Im selben Jahr wurde auch die Schule in Egestorf eingeweiht. Die ersten großen Einsätze folgten schon zwei Jahre nach der Gründung, fünf Großbrände hielten die Freiwilligen im Jahr 1911 in Atem. Am 11. Dezember 1911 wurde ein Egestorfer Bürger wegen Brandstiftung verhaftet.
Der 1. Hauptmann August Wente blieb bis 1924 im Amt. Ihn löst Heinrich Asche ab, in dessen Amtszeit der Anbau eines Steigerturms an das alte Egestorfer Gerätehaus an der Ammerke fällt. Aus dieser Zeit stammt die Werbetafel für das Feuerwehrfest im Jahr 1927.
Es folgten Heinrich Meyer (1935 bis 1947), Heinrich Garbe (1947 bis 1959), Hermann Mensing (1950 bis 1960), Henri Widdel (1960 bis 1996) und Günter Göing (1996-2016). Danach übernahm der aktuelle Amtsträger Sven Sörenhagen das Amt des Ortsbrandmeisters.
Die Weltkriege hinterlassen Lücken
Die beiden Weltkriege hinterließen spürbare Lücken in den Reihen der Aktiven, aufwärts ging es am 26. Mai 1946, als der Betrieb wieder aufgenommen wurde. 1963 wurde das 1. Tanklöschfahrzeug in Egestorf stationiert. Dieses war bis 1993 in Egestorf im Einsatz.
Musikkorps und Jugendwehr
Besondere Ereignisse in der Geschichte der Wehr waren die Gründung des Musikkorps im Jahr 1920 und die Gründung der Jugendfeuerwehr im Jahr 1965. Diese beiden Meilensteine wurden im Jahr 2005 mit einem großen Tag der offenen Tür gefeiert.
Die Feier zum 95-jährigen Bestehen der Ortswehr fiel indes etwas kleiner aus. Da die Egestorfer Schützen von 1904 im Sommer 2004 ihren 100. Geburtstag feierten verzichteten die Feuerwehrleute auf ein mehrtägiges Zeltfest und ließen den 04-Schützen den Vorrang. So gab es für die Kameraden und zahlreiche Gäste eine musikalische Veranstaltung in der Fritz-Ahrberg-Halle in Egestorf.
Gerätehaus 1967 gebaut
Das heutige Feuerwehrhaus an der Nienstedter Straße wurde im Jahr 1967 erbaut. Zwischen der Christuskirche und der Ernst-Reuter-Schule blieb noch Grundfläche übrig für einen Anbau, der 1985 errichtet wurde. Drei Einsatzfahrzeuge und ein Ölschadenanhänger stehen zurzeit in der Fahrzeughalle.
Fester Bestandteil der Ortsgemeinschaft
Ausreichend Platz für gesellschaftliche Veranstaltungen finden die Kameraden auf dem angrenzenden Schulhof der Ernst-Reuter-Schule. Die Förderung der Dorfgemeinschaft, die Öffentlichkeit für die Feuerwehrarbeit zu interessieren oder die Musik und die Jugend in den Mittelpunkt des Geschehens zu rücken – das alles liegt den Egestorfer Feuerwehrleuten am Herzen. So nimmt die Ortswehr regelmäßig am großen Herbstmarkt der örtlichen Vereine teil, veranstaltet gesellige und informative Aktionen wie den Tag der offenen Tür oder Konzerte des Musikzuges und mischt auch sonst im öffentlichen Egestorfer Leben mit.
Patenschaften in Bayern und England
1974 begann eine Patenschaft zwischen den Ortsfeuerwehren Egestorf und Volkach im Frankenland an der Mainschleife. Delegationen aus dem Frankenland sind stets dabei, wenn in Egestorf besondere Jubiläen gefeiert werden – und umgekehrt reisen natürlich auch die Egestorfer zu bestimmten Anlässen ins rund 400 Kilometer entfernte Volkach. Erwähnenswert ist auch die Patenschaft des Musikzuges mit der Edenbridge Town Band aus England, die seit 1978 besteht. Diese Freundschaft wird sicher auch den „Brexit“ überstehen, so er denn je kommt.
Aktive Einsätze haben oberste Priorität
Bei aller Wertschätzung für die Förderung der Dorfgemeinschaft, für die Kameraden steht der aktive Einsatz nach dem Feuerwehrmotto „RETTEN – LÖSCHEN – BERGEN – SCHÜTZEN“ an erster Stelle. Durchschnittlich rücken die Aktiven rund 60 bis 70 mal pro Jahr aus, um bei den verschiedensten Einsätzen Hilfe zu leisten. Um auf dem aktuellen Stand der Technik zu bleiben und das Erlernte zu vertiefen, absolvieren die aktiven Kameraden neben dem Feuerwehrtechnischen Dienst bis zu 80 Übungsstunden im Jahr.
Groß geschrieben wird auch die Brandschutzerziehung in Kindergärten und Schulen. Darüber hinaus nehmen Hilfestellungen beim Rettungsdienst in Anbetracht von Großschadensereignissen einen immer größer werdenden Teil der Feuerwehrarbeit ein.
Zu den vielen Aufgaben, die die Aktiven zu bewältigen haben, kam 2005 das Bahnerden auf den Flächen der Deutschen Bahn im gesamten Stadtgebiet Barsinghausen hinzu. Dabei übernimmt die Feuerwehr Egestorf im Einsatzfall die Erdung von Oberleitungen an den Bahnlinien, das erforderliche „Erdungsbesteck“ wird auf dem Mannschaftstransportwagen (MTW) der Wehr mitgeführt.
Regelmäßig besuchen die Egestorfer Aktiven zudem Lehrgänge an den Niedersächsischen Akademien für Brand- und Katastrophenschutz in Celle und Loy, sowie an der Feuerwehrtechnischen Zentrale in Ronnenberg. Die Ausbildung ist somit auf einem guten Stand. Darauf legt das Kommando unter der Leitung von Ortsbrandmeister Sven Sörenhagen auch großen Wert, schließlich setzen die aktiven Kameraden im Einsatz ihr eigenes Leben aufs Spiel.