Barsinghausen. Schon mal etwas von den TT-Pirates aus Langreder gehört? Nein? Okay – schon seit einiger Zeit schmücken sich die Tischtennisspieler des örtlichen TSV mit dem symbolischen Totenschädel samt Augenklappe, Dreispitz und gekreuzten Knochen neben dem obligatorischen Vereinswappen. So weit, so gut. Nun führt allein ein neues Logo nicht zwangsläufig zum Erfolg, aber – ausgerechnet der kleine Dorfverein stellt in vielerlei Hinsicht die Nummer 1 im Tischtennissport im Calenberger Land. Zweifellos ein Grund für einen Hausbesuch.
Von Erk Bratke
Blicken wir kurz zurück: Tischtennis am Deister – der Sport an den Tischen (nicht Platten) findet quasi in jedem Mehrspartenverein statt. Und wenn nicht dort, dann gab und gibt es meist einen eigenständigen TT-Verein im Ort – wie beispielsweise mit dem TTC Groß Munzel im Norden der Stadt Barsinghausen. Allerdings liegt die Hochzeit der „schnellsten Rückschlagsportart der Welt“ (Wikipedia) aus lokaler Sicht schon einige Jährchen zurück. Zumeist ging der Mitgliederbestand in den vergangenen Jahren arg zurück. Das machte sich freilich auch bei den Spielklassen bemerkbar. Waren in früheren Zeiten die TTSG Wennigsen oder der TSV Barsinghausen auf höherer Ebene zu finden, so hat der TSV Langreder seinen Nachbarvereinen im Deistervorland mittlerweile den Rang abgelaufen.
Nach einer Neuausrichtung und der intensiven Nachwuchsarbeit in den vergangenen Jahren bekräftigt Pressewartin Barbara Miska nicht ohne Stolz: „Die TT-Pirates aus Langreder stellen derzeit die größte Tischtennis-Abteilung im Calenberger-Land.“ Insgesamt verfügt die TSV-Sparte über 74 aktive Spielerinnen und Spieler. „Unser jüngster Spieler ist acht Jahre jung und der älteste über 80 Jahre alt“, bilanziert sie. Beim Hausbesuch hat Miska wenig Zeit, denn auch sie muss schleunigst an den Tisch. Als Teammitglied muss sie mit ihrer 2. Damenmannschaft zum Kreisliga-Punktspiel antreten.
Derweil gibt es weitere Gesprächspartner genügend beim TSV Langreder, denn der Hausbesuch findet an einem Freitag statt – und dies nicht etwa wie in früheren Zeiten im eher eng bemessen Dorfgemeinschaftshaus (DGH) an der Halben Straße in Langreder, sondern in den Sporthallen des Schulzentrums Am Spalterhals. Von 18 bis 22 Uhr sind die Hallen I und III pickepackevoll – Training für Jugendliche und Erwachsene sowie Punktspieltermine. Wir treffen auf Hans-Jörg Fiedler, kurz „hjf“ genannt. Seit ungezählten Jahren obliegt Langreders TT-Urgestein die Spartenleitung.
Bei der Größe der Sparte ist der Freitag freilich nicht der einzige Tag für Training und Pflichtspiele. Montags sowie dienstags (jeweils ab 17 Uhr) trainieren weitere Gruppen der Pirates im Schulzentrum. Auch das DGH werde hin und wieder noch genutzt. Insgesamt verfügt Langreders TT-Sparte über sieben Herren- und drei Damenmannschaften. Hinzu kommen noch zwei Jugendteams sowie eine reine Mädchenmannschaft. Aushängeschild – wie sollte es anders sein – ist zweifellos die 1. Herrenmannschaft, die gemeinsam mit der SG Ronnenberg 05 das höchstspielende Männerteam im Calenberger Land (Bezirksliga) stellt.
„Krise im Tischtennissport hin oder her – es ist eine Frage der Sichtweise“, sagt Spartenchef hjf, „wir können jedenfalls von einem kontinuierlichen und aktuell phänomenalen Aufschwug beim TSV Langreder sprechen.“ Rückblickend gibt es für ihn zwei Knackpunkte. Ende der 1970er sei er auf Funktionäresebene angetreten. Seinerzeit lag der TT-Sport in Langreder nahezu brach. Man konnte sich geradeso retten. Rund um die 2000er Jahre war der TSV Langreder nur noch Durchschnitt. Immerhin hatten die TSVer mit Harald Fiedler (der jüngste Bruder des Spartenleiters) einen Aktiven in der Leistungsspitze, der auch von anderen (höherklassigen) Vereinen umworben wurde. „Harald war und ist kein Unbekannter in der TT-Szene. Insider kannten ihn auch überregional“, verdeutlicht der ältere Bruder. Trotz etlicher Angebote entschied sich Harald Fiedler für seinen Heimatverein („mein Platz ist in Langreder“). In der Folge brachte er sich auch ehrenamtlich ein und übernahm das Amt des Sportwarts.
Die Neuausrichtung brachte den Aufschwung sowohl in der Spitze als auch in der Breite. „Klar, das Ganze hat viel mit der Familie Fiedler zu tun“, gibt der Spartenleiter unumwunden zu. Neben seinem Bruder arbeiteten auch dessen Ehefrau Anke sowie die beiden Söhne Phil und Ron tatkräftig am Erfolgsmodell mit. „Wir wollten dem Tischtennissport im Allgemeinen eine Heimat geben. Insgesamt sind wir eine große Familie. Dabei pflegen wir gute Kontakte zu vielen anderen Vereinen. Wir arbeiten miteinander, nicht gegeneinander. Spaß und Freude stehen im Mittelpunkt. Wir sind transparent und glaubwürdig“, betont der Spartenleiter. Oberstes Gebot sei dabei stets der familiäre Charakter der Abteilung.
Mit seinem erstklassigen Netzwerk habe Sportwart Harald Fiedler die Turnierserie „Deister-Cup“ ins Leben gerufen und zu einem lokal durchaus beispiellosen Erfolg gemacht. Bei der vierten Ausrichtung im Dezember 2017 wurde abermals ein Teilnehmerrekord geknackt. Fast 700 Aktive gingen an den drei Turniertagen in allen drei Hallen des Barsinghäuser Schulzentrums an die Tische. „Der Deister-Cup ist mittlerweile eine der größten Turnierveranstaltungen Norddeutschlands mit Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet und sogar internationaler Beteiligung. Ganz klar die Visitenkarte des TSV Langreder“, weiß hjf zu berichten. Alle Achtung!
Apropos TSV Langreder: Wenn es die Tischtennis-Abteilung nicht gäbe, wäre es um den Dorfverein ins seiner Gesamtheit wohl eher mau bestellt. Die zuvor eigenständige Fußballsparte gibt es seit dem Zusammenschluss mit dem TSV Egestorf zum erfolgreichen Fusionsclub 1. FC Germania (2001) nicht mehr. Und der aktuelle TSV-Hauptvorstand mit dem 1. Vorsitzenden Matthias Hanig und seinem Stellvertreter Bernd Norkus an der Spitze ist fast ausnahmslos mit Mitgliedern aus der Tischtennis-Abteilung besetzt.
Bemerkenswert: Damit das Erreichte der TT-Pirates künftig erhalten bleibt, wurde die Beschäftigung eines „Bufdis“ (Anstellung im Bundesfreiwilligendienst / Niclas Brinkmann vom TuS Gümmer) beschlossen. „Niclas ist für das Training der Jugendlichen und des Beginner-Trainings zuständig. Außerdem bietet er Tischtennis-AGs in vier Barsinghäuser Schulen an und betreut die Punktspiele“, verdeutlicht der Spartenleiter.
Indes werfen große Events ihre Schatten voraus. Im Dezember 2018 jährt sich der Deister-Cup zum fünften Mal und im kommenden Jahr 2019 feierte die TT-Sparte des TSV Langreder ihr 60-jähriges Bestehen. Der runde Geburtstag soll natürlich groß gefeiert werden. „Die Planungen finden in unseren Köpfen bereits statt. Mal sehen, was wir so alles zu bieten haben. Sicherlich werden unsere Piratenwerte wie Freiheit, Freundschaft und Fairness dabei eine große Rolle spielen“, bekräftigt Hans-Jörg Fiedler.
Alles Wissenswerte rund um die TT-Abteilung des TSV Langreder ist auf der eigenen, höchst informativen Homepage unter www.tischtennis-langreder.de zu finden.