Bild & Ton von den Stones und andere CD-Veröffentlichungen

Kürzlich beim Googeln: „Sie befinden sich in der Warteschleife – 5107 andere Personen sehen sich Tickets für Rolling Stones an“. Weiter geklickt auf’s Konzert in Hamburg. Okay, wieder Warteschlange, aber nur noch 775 andere Personen und so weiter und so weiter. Die Steine rollen. Oder konkreter gesagt: Das Geschäft mit den Eintrittskarten rennt. Viagogo.de schreibt: „Die Tickets gehen wie warme Brötchen…“

Klar, dass die Stones-Maschinerie auch ein kleines Schmankerl vorab liefert. Vorab soll heißen, vor den drei Deutschlandgastspielen in diesem Jahr. Die finden am 9. September in Hamburg, am 12. September in München und am 9. Oktober in Düsseldorf statt. Das Schmankerl ist eine DVD inklusive Konzertmitschnitte aus 2016, als die Rolling Stones in Lateinamerika tourten. Also schnell mal reingeschaut – und obendrein noch ein paar aktuelle CD-Veröffentlichungen getestet…

Von Erk Bratke

Rolling Stones / „Olé Olé Olé! A Trip Across Latin America“ (Eagle-Rock / Universal Music): Im September 2016 war der Film bereits in einigen wenigen Kinos in Europa zu sehen und wurde im Dezember von Channel 4 in Großbritannien ausgestrahlt. Für uns gibt’s DVD respektive Blu-ray. Das Fazit gleich vorweg: Es ist ein tolles Dokument, das Paul Dugdale als Direktor dort „gebaut“ hat. Das Werk begleitet die Stones auf ihrer Tour des vergangenen Jahres durch zehn lateinamerikanische Städte. Dabei zeigt der Film auch die Vorbereitungen für ihren allerersten Auftritt in Havanna/Kuba – einem gigantischen, einmaligen und kostenlosen Open Air-Event, wie es Kuba noch nie zuvor erlebt hat. Die Bilder zeigen die ganz besondere, grandiose Verbindung zwischen der Band und ihren lateinamerikanischen Fans.

Wer Land & Leute, Technik und Produktion, tolle Locations, einzigartige Stimmungsbilder, aber auch kleine Einblicke ins teilweise Private von Mick, Keith, Charlie und Ron erwartet, der wird nicht enttäuscht. Persönliche Momente mit den Bandmitgliedern: So zeigt uns „Mr. Wonderful“ Richards beispielsweise seine Hotelsuite oder Ron Wood eine kleine Malstunde. Das Ganze ist mit viel Musik der „Rollenden Steine“ unterlegt.

Obendrein gibt’s noch eine Reihe atemberaubender Livemitschnitte von der Lateinamerika-Tour als Bonusmaterial: „Out Of Control“ (Buenos Aires, Argentinien), „Paint It Black“ (Buenos Aires, Argentinien), „Honky Tonk Women“ (Sao Paulo, Brasilien), „Sympathy For The Devil“ (Sao Paulo, Brasilien), „You Got The Silver“ (Lima, Peru), „Midnight Rambler“ (Lima, Peru) und „Miss You“ (Lima, Peru).

Macht eigentlich große Lust auf ein Stones-Konzert – wenn da nicht die blöde Warteschlange beim Run auf die Tickets wäre. Ganz abgesehen von den Kosten – na ja. Der Trailer:

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Michael Patrick Kelly / „iD“ (Columbia / Sony Music): Joa, Superstar-Status hatte der gute „Paddy“ auch schon mal. Als drittjüngstes Mitglied der einst so erfolgreichen und mehrfach musikalisch ausgezeichneten Kelly Family avancierte er zum Teenieschwarm, wurde später Mönch (sechs Jahre lang im Kloster), ehe der Ruf der Musik lauter wurde und ihn eben auf jenes Terrain zurückführte. Nun also wieder Rockmusiker und derzeit in aller Munde: Jede Menge Talk-Shows und vor allem die Teilnahme bei „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ (VOX). Das gerade veröffentlichte Soloalbum wird (natürlich) mit einer umfasssenden Tour promotet (unter anderen in Salzgitter am 5. August und in Hannover am 6. Dezember).

Von mehr als 40 verfassten Songs landeten 14 auf dem neuen Silberling. Aufgenommen in London, in der Welthauptstadt der Popmusik, in den Studios von Bowie, Townsend und Knopfler. Klar, dass da alle möglichen Einflüsse der Musikgeschichte eine Rolle spielen. Auch klar, dass beim Titelsong Freund und Kollege Gentleman sein Feature hinzugab. Apropos Titel: Mit „iD“ (für Identität) dokumentiert Mr. Kelly seine musikalische DNA eindeutig. Ein Popalbum (nicht mehr, aber auch keinesfalls weniger) mit einer Reihe von durchaus starken Songs, die Kellys Einflüsse vom Folk über seine Jugendliebe zum Grunge und Rock, zu seinen ewigen Vorbildern U2, Bob Dylan und Bruce Springsteen bis hin zu aktuellen Indie-Bands wie Bon Iver geltend machen.

Sein aktuelles Video zum Song „Golden Age“ sieht man hier:

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L.A. / „King Of Beasts“ ( Sony Music): Ob frech oder mutig, sei dahin gestellt. Das weltberühmte Gebilde aus Anfangsbuchstaben als Bandname, das der spanische Musiker und Songwriter Luis Albert Segura wählte, ist für ihn jedenfalls extrem Suchmaschinen-Unfreundlich. Scheint ihn aber kaum zu stören und der Erfolg gibt ihm wohl Recht – denn: Bereits seit zehn Jahren produziert und veröffentlicht der aus Mallorca stammenden Bandleader seinen Songwriter-Indiepop, der sich weltweit einer gewissen Popularität erfreut.

„Kings Of Beasts“ ist das mittlerweile fünfte Album (17 Tracks/Spieldauer 51 Minuten). Nach dem Anfangstrio „Heavenly Hell“ (2009), „Slnt Flm” (2012) und „Dualize” (2013) gab’s Mitte 2015 mit „From The City To The Ocean Side“ den ersten Auftritt bei Sony Music, aufgenommen in den Tackyland Studios in Long Beach/Los Angeles. Nach zwei Jahren Veröffentlichungspause nun also das nächste Ding. Erwartungsgemäß stammen alle Songs des Longplayers von Segura, der zudem auch zahlreiche Instrumente selbst einspielte (Gitarre, Schlagzeug, Bass und Backgroundgesang). Zusammen mit dem langjährigen Studiopartner Antonio Noguera übernahm er auch die Produktion. Gemischt wurden die Songs von den US-amerikanischen Grammy-Preisträgern Manny Marroquin und Michael Brauer.

Mutig: Luis Albert Segura firmiert als „L.A.“
Mutig: Luis Albert Segura firmiert als „L.A.“

L.A. pendeln seit einiger Zeit zwischen drei Welten: Die Beschaulichkeit ihrer mediterranen Heimatinsel Mallorca tauschen die Musiker regelmäßig mit der lauten Umtriebigkeit der spanischen Hauptstadt Madrid oder der verrückten US-Metropole Los Angeles – und lieben das Leben an allen drei Orten gleichermaßen, wie es heißt. Was die Songs anbelangt, so ist ein spanischer Charakter eher nicht hörbar. Will man eine Schublade öffnen, so dürften beispielsweise Sounds à la Coldplay oder Rea Garvey herausspringen. Ja, sogar für US-Country-Anleihen ist Platz („Suddenly“). Segura richtet sich eben an ein breites Publikum. „Ich habe keine Vorurteile mehr gegen Mainstream-Radios,“ erklärt der Bandleader. Er will konventionelle Genregrenzen überwinden, ohne dabei an Individualität einzubüßen.

Aktuell läuft eine kurze Tour durch Deutschland mit Stationen in Hamburg, Dresden, Berlin, Köln und München. Hörproben zum Album gibt’s hier:

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Magnus / „Inside“ (Magnu Music / Sony Music): Magnus verblüfft mit neuer Vielfalt und ungewöhnlichem Sound, heißt es. Dieser Künstler ist anders als andere, ein neuer ungewöhnlicher Stil mit großer Qualität. Anders und ungewöhnlich? Ja! Große Qualität? Hm, zumindest fraglich. Als musikalische Einflüsse werden Dance, R&B, Soul neben Rock, Klassik und Elektropop sowie tanzbarer Funk genannt. Böse Zungen könnten den Mischmasch auch als „weder Fisch noch Fleisch“ bewerten.

Für den Mix zeichnet Filip Vidovic (Studio Morris Zagreb) verantwortlich, bekannt durch seine Arbeit mit Elton John, 2Cellos und Pink. Die Arrangements stammen von Bruno Seletkovic, Bandleader und Produzent der Marla Glen Band. 15 der insgesamt 16 Songs wurden komponiert und getextet von Magnus, der auch Gitarre und Bass spielt, sowie Lead- und Backing-Vocals singt. Auch sonst sind auf diesem Album ausschließlich international renommierte Musiker zu hören, die bereits mit Größen wie Elton John, Sting oder Queen zusammengearbeitet haben. Bereits fünf Singles wurden aus dem Album ausgekoppelt. Ganz bewusst soll jeder Song für sich stehen – und das ist letztlich Geschmackssache.

Amanda / „Karussell“ (Marecs/Fourmusic / Sony Music): Mit der ersten Single „Meine Frau“ konnte die 1983 im bürgerlichen Berlin-Steglitz geborene Amanda Murray (Tochter eines Amerikaners und einer deutschen Soulsängerin) schon einen Achtungserfolg verbuchen. Jetzt liegt neben der zweiten Single „Blau“ (feat. Sido) auch ihr komplettes Album vor.

Eine interessante Frau – zweifellos. Rückblickend hat Amanda schon einige Episoden hinter sich gebracht. Durch das Künstlerdasein ihrer Mutter ist sie schon in frühester Kindheit mit der Bühne vertraut. Erste eigene Proben zu den Spice Girls vor dem Kinderzimmerspiegel, dann Schulorchester und Musicalauftritte, wiederum später entwickelt sie sich in der Berliner Rapszene als „She-Raw“ (um den Freund zu zeigen, dass auch Frauen rappen können), dann wird sie als Backgroundsängerin von Kollegen wie Sido und Mark Foster gebucht. Letzterer wollte mit ihr dann eine CD produzieren. Ein Reifeprozess. „Karussell“ ist Rap, Soul, Pop und auch ein bisschen Schlager. Texte? Joa, alles aus dem Leben – emotionale Geschichtchen. Aktuell angesagt – „Blau“, die Single mit Sido:

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Außerdem das Video zum Song „Meine Frau“:

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Pristine / „Ninja“ (Nuclear Blast / Warner Music): Es ist bereits das vierte Album der norwegischen Retro-Rockband um deren großartige Sängerin Heidi Solheim. Aus der ländlichen Idylle der Heimat Tromsö geht’s nun endlich in die weite Welt hinaus, denn: Waren das Debüt „Detoxing“ und der Nachfolger „No Regret“ noch ausschließlich in Norwegen erhältlich, erschien der dritte Streich „Reboots“ in 2016 auch international. Es folgten Tourneen, unter anderen mit den Blues Pills – wie passend!

Chef im Ring: Heidi Solheim – Sängerin, Texterin und Songschreiberin der Band Pristine. Foto: Marius Fiskum
Chef im Ring: Heidi Solheim – Sängerin, Texterin und Songschreiberin der Band Pristine. Foto: Marius Fiskum

Nun also der nächste Schritt. Das neue Werk ist beim ersten Hördurchgang vielleicht noch ein wenig sperrig, verrät aber dennoch schon die große Klasse der Band. Hörer dürfen sich auf einen umfassenden Genre-Mix gefasst machen: Blues, Psychedelic-Rock, R&B, klassischer Hardrock und auch Gospel. Übrigens ist Frau Solheim der absolute Chef im Ring. Sie schreibt alle Texte und Songs.

Zur ersten Single des Albums sagt sie: „Ich schrieb ‚You Are The One‘, nachdem ich mit einem Freund von mir unterwegs war. Wir sprachen darüber, wie die Dinge sich geändert hatten, seitdem wir keine Teenager mehr sind. Die ganzen coolen Typen von damals sind in dem kleinen Dorf, aus dem wir kamen, hängengeblieben, während die seltsamen Außenseiter (wie ich) über ihren Schatten sprangen und um die Welt gereist sind. Der Song handelt davon, wie nicht alles gleich den Bach heruntergeht, wenn man etwas schief läuft – auch wenn es sich mit 16 Jahren vermutlich so anfühlt.“

Zu hören ist der Track hier:

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Im September gehen Pristine übrigens auf Tour durch Deutschland und sind dabei auch in der Nähe zu sehen – und anderem in Bielefeld (Forum) am 14. September und in Isernhagen (Blues Garage) am 29. September.