Barsinghausen. Mit der Übergabe der Zertifikate endete jetzt der Vorbereitungskurs „Sterbende Menschen begleiten“ des ambulanten Hospizdienstes Aufgefangen, ein eingetragener Verein im ev.-luth. Kirchenkreis Ronnenberg. Zehn Teilnehmerinnen haben sich damit erfolgreich zur ehrenamtlichen Sterbebegleiterin qualifiziert. Die Leiterin von Aufgefangen, Petra Kirchhoff, überreichte den Teilnehmerinnen die Zertifikate nebst einer Rose und Begleitmaterial für die künftige Arbeit.
Die Kursteilnehmerinnen haben sich intensiv auf ihre neue ehrenamtliche Arbeit vorbereitet. Der Kurs startete Mitte Oktober letzten Jahres, beginnend mit zwei Einführungswochenenden. Bis zum erfolgreichen Abschluss absolvierten sie rund 80 Stunden Ausbildung in verschiedenen Themenbereichen, angefangen von der hospizlichen Haltung über die verschiedenen Sterbeprozesse bis hin zu Besuchen in einem stationären Hospiz und einem Bestattungsunternehmen. All dies mit dem Ziel, künftig Menschen an ihrem Lebensende im häuslichen Bereich, in Pflegeheimen oder im Krankenhaus empathisch begleiten zu können. Künftig werden sie sich auch monatlich in einer Reflexionsgruppe treffen, um Erfahrungen auszutauschen. Betreut wurde die Gruppe von den Koordinatorinnen Bärbel Oppermann und Cornelia Manke. Bei ihnen bedankten sich die Teilnehmerinnen mit Blumen und kleinen Geschenken.
Seit 2003 bietet der ambulante Hospizdienst Aufgefangen solche Ausbildungskurse an, im Laufe der Jahre wurden sie ausgeweitet und stets an aktuelle Erkenntnisse angepasst. Aktuell sind rund 60 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in diesem Bereich für den Verein Aufgefangen tätig. Die Begleitung von Sterbenden ist grundsätzlich kostenlos, ebenso wie die angebotenen Trauergruppen für Hinterbliebene.
Jeder kann den Verein Aufgefangen unterstützen
„Wir freuen uns natürlich über Spenden, ohne die wir unsere Arbeit nicht leisten könnten“, sagt Bärbel Oppermann, eine der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen des ambulanten Hospizdienstes Aufgefangen. Unterstützen kann man den Verein auch durch eine passive Mitgliedschaft.
Das Einzugsgebiet des Vereins Aufgefangen ist weitgehend identisch mit dem Kirchenkreis Ronnenberg. Durchschnittlich begleiten die Helferinnen und Helfer jedes Jahr rund 120 Familien. Mit dem Ehrenamt ist keine zeitliche Festlegung verbunden. Jeder kann frei entscheiden, wieviel Zeit investiert wird. Auch ein Grund, warum der Verein Aufgefangen möglichst viele Helferinnen und Helfer gewinnen möchte. Die Unterstützung geht oft über den Tod eines Betroffenen hinaus, dann wird auf Wunsch die Trauerarbeit mit den Hinterbliebenen in der Familie fortgeführt.
Im Herbst 2025 startet ein neuer Kurs „Sterbende Menschen begleiten“. Interessierte können sich jederzeit beim ambulanten Hospizdienst Aufgefangen für ein erstes Informationsgespräch melden. Da sich überwiegend Frauen in solch einem Ehrenamt engagieren, freut sich der ambulante Hospizdienst Aufgefangen besonders über männliche Interessenten. Männer im Sterbeprozess wünschen sich oft einen männlichen Gesprächspartner. Die Rufnummer lautet 05105/5825114, die Mailadresse ist Hospizdienst@aufgefangen-ev.de
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Eine gute Gelegenheit, den Verein und seine Angebote kennenzulernen, bietet sich in diesem Jahr am Samstag, 12. Oktober 2024. Am Welthospiztag lädt Aufgefangen zu einem Tag der offenen Tür in sein Lebenshaus in der Hinterkampstraße 14 in 30890 Barsinghausen ein. Geplant ist unter anderem eine Ausstellung mit Kunsthandwerk. Bei Kaffee und Kuchen wollen die Organisatorinnen mit vielen Gästen ein lebendiges Fest feiern.
Zum Gedenkkonzert an die im Jahresverlauf Verstorbenen lädt Aufgefangen am Sonntag, 10. November 2024, um 15 Uhr in die Petrusgemeinde Barsinghausen ein. „Mit diesem Konzert wollen wir den Angehörigen Mut machen“, erklärt Bärbel Oppermann.
Die Entstehung des ambulanten Hospizdienstes in Deutschland: Ein Meilenstein der Palliativversorgung
Die Geschichte des ambulanten Hospizdienstes in Deutschland ist eine Geschichte des Mitgefühls, der Menschlichkeit und des Engagements. Sie beginnt in den 1980er Jahren, als die Gesellschaft langsam ein Bewusstsein für die Bedürfnisse sterbender Menschen und ihrer Angehörigen entwickelte. Die Etablierung solcher Dienste markierte einen bedeutenden Wandel in der Gesundheitsversorgung und setzte neue Standards in der Palliativ- und Hospizbetreuung.
Der ambulante Hospizdienst Aufgefangen wurde 1992 im Kirchenkreis Ronnenberg von Ursula Gorgass gegründet. Seit September 2003 ist der Dienst ein eingetragener Verein. Unter der Leitung von Maria Bernarding (2005-2020) entstand das Lebenshaus, ein Ort, der dem Thema „Tod und Trauer“ einen sichtbaren Platz inmitten der Öffentlichkeit gibt. Der Verein Aufgefangen ist politisch und religiös unabhängig und achtet die Weltanschauung jedes Hilfesuchenden. Neben Trauergruppen für Erwachsene bietet Aufgefangen mit dem Fuchsbau auch ein besonderes Angebot für junge Menschen.
Die Anfänge: Ein Blick zurück
Die Wurzeln des ambulanten Hospizdienstes liegen in der Hospizbewegung, die Ende der 1960er Jahre in England begann. Cicely Saunders, eine britische Krankenschwester, Sozialarbeiterin und Ärztin, gilt als Pionierin dieser Bewegung. Sie gründete 1967 das St. Christopher’s Hospice in London, das als Vorbild für ähnliche Einrichtungen weltweit diente.
In Deutschland kam der Gedanke an eine spezialisierte Pflege für Sterbende erst in den 1980er Jahren auf. Erste Initiativen wurden von ehrenamtlichen Gruppen und Einzelpersonen ins Leben gerufen, die die Notwendigkeit erkannten, sterbenden Menschen nicht nur medizinische, sondern auch emotionale und spirituelle Unterstützung zu bieten. Diese Bewegung wurde oft von christlichen und kirchlichen Organisationen unterstützt, die in der Tradition der Nächstenliebe handelten.
Offizielle Gründung und staatliche Anerkennung
Ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung des ambulanten Hospizdienstes war die Gründung des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands (DHPV) im Jahr 1992. Der Verband setzte sich von Anfang an für die Verbesserung der Betreuung von Sterbenden ein und förderte die Verbreitung von Hospizdiensten in ganz Deutschland.
1997 wurde mit der Einführung des § 39a in das Sozialgesetzbuch (SGB V) die gesetzliche Grundlage für die Finanzierung von Hospizdiensten geschaffen. Dieser Paragraf regelte die Zuschüsse der Krankenkassen für stationäre und ambulante Hospizdienste. Damit erkannte der Gesetzgeber die wichtige Rolle an, die diese Dienste in der Gesellschaft spielten.
Der Ausbau des Dienstes
Seit den 1990er Jahren erlebte der ambulante Hospizdienst in Deutschland ein kontinuierliches Wachstum. Immer mehr Hospizdienste wurden gegründet, die eine flächendeckende Versorgung sicherstellten. Diese Dienste bieten nicht nur Unterstützung für die Sterbenden, sondern auch für ihre Familien und Freunde, die in dieser schweren Zeit oft ebenfalls stark belastet sind.
Ein wesentlicher Bestandteil des ambulanten Hospizdienstes ist die ehrenamtliche Arbeit. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind das Herzstück vieler Hospizdienste und bieten eine Vielzahl von Dienstleistungen an, von der einfachen Begleitung und dem Zuhören bis hin zur konkreten Unterstützung im Alltag. Die Ausbildung und Schulung dieser Ehrenamtlichen ist daher von großer Bedeutung, um eine hohe Qualität der Betreuung sicherzustellen.
Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Trotz des bisherigen Erfolges stehen die ambulanten Hospizdienste in Deutschland vor mehreren Herausforderungen. Dazu gehört die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung und die Finanzierung und die Gewinnung neuer ehrenamtlicher Helfer. Zudem muss die Zusammenarbeit zwischen ambulanten Hospizdiensten, Palliativdiensten und anderen Gesundheitseinrichtungen weiter verbessert werden, um eine ganzheitliche Versorgung der Patienten zu gewährleisten.
Die Zukunft des ambulanten Hospizdienstes sieht dennoch vielversprechend aus. Mit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung und einem wachsenden Bewusstsein für die Bedürfnisse Sterbender wird die Nachfrage nach diesen Diensten weiter steigen. Innovative Konzepte und eine stärkere Integration in das Gesundheitssystem können dazu beitragen, die Hospiz- und Palliativversorgung weiter zu verbessern.
Fazit
Die Entstehung und Entwicklung des ambulanten Hospizdienstes in Deutschland ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie aus einer gesellschaftlichen Notwendigkeit heraus ein umfassendes und einfühlsames Versorgungssystem entstehen kann. Es zeigt, dass mit Engagement, Mitgefühl und der richtigen Unterstützung viel erreicht werden kann. Der ambulante Hospizdienst hat sich als unverzichtbarer Bestandteil des deutschen Gesundheitssystems etabliert und setzt Maßstäbe für die Betreuung sterbender Menschen und ihrer Angehörigen.